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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Oder sie fragten, ob es nicht eine Hintertür gebe, durch die man doch noch Aufnahme ins Totenreich finden könne.
    Jeder hielt seine besondere Geschichte parat, und jeder erwartete die besondere Gunst, um ihretwillen bei Sutekh Gehör zu finden. Die meisten wurden abgewiesen.
    Manchmal fragte sich Gahiji, ob nicht gerade das die besondere Gunst war: in den leeren Gefilden der Feuerseen umherwandern zu dürfen, anstatt Sutekhs düstere Anwesenheit auf sich nehmen zu müssen. Nicht dass Gahiji Grund gehabt hätte, sich zu beklagen. Er hatte nie bereut, sich seinem Meister demütig unterworfen zu haben. Denn die Position, die er dadurch im Totenreich errungen hatte, war nicht gerade unwichtig.
    Gahiji wandte sich zu einer Dienerin, die sich ihm näherte. Sie trug eine Schriftrolle mit einer Namensliste bei sich. Mit einer tiefen Verbeugung übergab sie ihm das Schriftstück und zog sich wieder zurück, indem sie zum Zeichen ihres Respekts vor ihm rückwärts schritt, um ihm nicht den Rücken zuzuwenden. Der kurze Auftritt genügte, um die Aufmerksamkeit der Wartenden unten zu erregen.
    Köpfe reckten sich nach der Galerie, man blickte nach oben und entdeckte dort Gahiji. Einige öffneten schon die Münder, als wollten sie ihm etwas zurufen, verstummten aber sofort, als sie seiner ansichtig wurden.
    Gahiji wusste, was sie sahen. Einen Mann mittlerer Größe mit untersetztem Körperbau, dessen Gesicht wie eine verzerrte, zornige Fratze wirkte, was mehr einer unglücklichen Gesichtsbildung als seiner Mimik zuzuschreiben war. Gahiji hatte dünne, blasse Lippen und kleine, böse wirkende dunkle Augen. Dazu kamen eine Habichtsnase und eine unförmig breite Stirn. Auf seinem Schädel thronte ein sorgfältig geschorener stahlgrauer Haarkranz. Er war schon zu Lebzeitenkeine Schönheit gewesen, und daran hatte auch seine posthume Karriere als Seelensammler in Sutekhs Diensten nichts geändert.
    Gahiji wandte sich von den Wartenden ab und kehrte in Sutekhs Empfangshalle zurück. Es war ein riesiger Raum, dessen Wände und Boden aus hellem Sandstein bestanden. Mächtige, in leuchtenden Farben bemalte Säulen trugen die hohe Decke. Es waren die klassischen ägyptischen Motive, die sie schmückten: der Strom, das Delta, die fruchtbaren Äcker, Sklaven bei der Arbeit. Vom hinteren Teil der Halle gelangte man in einen abgeschiedenen Garten mit Palmen und Lotusblüten. Ein idyllischer Teich schmückte die Anlage, bevölkert von den Fischen des Nils.
    Die weitläufige Halle war größtenteils leer. Nur hinten befand sich eine Sitzecke. Die Sessel waren aus dem Holz des Libanon gefertigt, mit glatt gegerbtem Leder bezogen und mit Einlegearbeiten aus Silber und Elfenbein verziert. Erhöht auf einem Podest prangte der goldgeschmückte Platz von Gahijis Meister: Sutekhs Thron.
    An diesem Tag hatte sich Sutekh für eine Erscheinung in menschlicher Gestalt entschieden und in die schönen Farben von dreien seiner vier Söhne gehüllt. Natürlich war diese Maske eine Lüge. Sutekh war alles andere als ein Jüngling mit goldgelocktem Haar und glatter Bronzehaut, so wie er jetzt majestätisch auf seinem Thron saß. Sutekh wechselte seine Erscheinungen wie andere ihre Kleider. Niemand kannte das wahre Gesicht und die wahre Gestalt des Gottes – nicht einmal Gahiji, der ihm nach menschlicher Zeitrechnung schon fast zweitausend Jahre diente.
    Obwohl die Sterblichen ihn mit menschlichem Leib, einem gegabelten Schwanz und einem Hundekopf mit eckigen Augen und der Schnauze eines Erdferkels darstellten, hatte Gahiji Sutekh in dieser Gestalt kein einziges Mal gesehen. Gahiji vermutete, dass das äußere Wesen seines Meisters inWirklichkeit noch viel schrecklicher und Furcht einflößender war.
    „Irgendwelche Besucher von Interesse heute?“, erkundigte sich Sutekh und schob sich einen mit Honig getränkten Bissen von dem Gebäck in den Mund, das in einer Schale auf einem Tischchen zu seiner Rechten lag.
    „Das Übliche. Abgesandte aus den Fremdgebieten, die um Unterstützung bitten. Ein paar lokale Gottheiten, die dir den Hof machen wollen, um ihre Position in der Unterwelt auszubauen, schicken dir ihre mit Geschenken beladenen Untertanen.“ Gahiji warf einen Blick auf die Schriftrolle, die die Dienerin ihm gebracht hatte, und las einige Namen daraus vor.
    Sutekh hörte aufmerksam zu. Jeden der genannten Namen quittierte er mit einem „Nein“. Ein Name ließ ihn jedoch aufhorchen, und er sagte zu Gahiji: „Den kannst du vormerken. Ich weiß, dass

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