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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Rändern.
    Noch einmal versuchte er mit aller Macht, den Kopf zu heben, und mit äußerster Willensanstrengung gelang es ihm schließlich auch. Lokan biss die Zähne zusammen. Dann blickte er an sich herab, wobei er erst warten musste, bis seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten.
    An seinen Händen war kein Blut.
    Ausgezeichnet. Das war schon mal ein gutes Zeichen, oder nicht?
    Die Haut spannte sich straff und glatt über dem Brustkorb und dem Bauch. Sie war unversehrt. Auch hier kein Blut. Auch keine Tätowierung. All das sollte ihn hoffnungsvoll stimmen, tat es aber nicht. Er wusste nicht mehr, warum er sich darüber freuen sollte.
    Er sank zurück, und sein Schädel schlug krachend auf. Worauf auch immer er lag, es war anscheinend hart wie Beton. Nachdem er sich auf die Seite gedreht hatte, verharrte er einen Moment lang, um Atem zu schöpfen. Anschließend richtete er sich auf allen vieren auf. Ihm brummte der Schädel, und vor seinen Augen schien sich alles zu drehen. Der Untergrund, auf dem er sich befand, war tatsächlich nichts anderes als Beton.
    Nach einer weiteren Verschnaufpause machte er eine kurze Bestandsaufnahme und stellte fest, dass er noch vollständig war: Arme, Beine, Hände, Füße, Finger, Zehen. Ihm tat nichts weh, aber er hätte auch nicht behaupten können, dass es ihm sonderlich gut ging.
    Schwer atmend hielt er seine Position. Der harte Stein drückte ihm gegen die Hände und Knie. Er konnte den Kopf kaum heben. Mit einer weiteren Anstrengung drehte er sich und setzte sich hin. Vor sich erblickte er ein endlos scheinendes Meer. Das Wasser war klar und spiegelglatt. Bis an den Horizont war keine einzige Welle, nicht einmal ein Kräuseln zu sehen.
    Lokan hatte keine Ahnung, wo er sich befand oder wie er hierhergekommen war. Den Blick auf den Horizont gerichtet, kämpfte er mit der Übelkeit, die er spürte, und mit einer Art Benommenheit, durch die es ihm schwerfiel, sich aufrecht zu halten.
    Er versuchte, sich zu sammeln. Etwas war verkehrt. Seine Wunden waren geheilt, wie sie dank seiner Natur immer heilten. Wie konnte es sein, dass er sich so schwach fühlte? Und was waren das überhaupt für Wunden gewesen? Dunkel erinnerte er sich an ein pechschwarzes Zeichen auf seiner Brust, das bis zum Bauch hinabgereicht hatte, aber jetzt nicht mehr da war. Er sah in seiner dumpfen Erinnerung Messerklingen aufblitzen, Klingen, die ihm tief ins Fleisch schnitten und an seiner Haut zerrten.
    Kalter Schweiß brach ihm aus, während ihm die grauenvollen Bilder wieder vor Augen traten. Jemand hatte gesungen, während sie das mit ihm gemacht hatten. Die Stimme war ihm bekannt vorgekommen, aber er wusste nicht mehr, wem sie gehörte. Allmählich verblasste die Erinnerung wieder.
    Starr blickte Lokan aufs Wasser. Es fiel ihm schwer, seinen Blick zu schärfen, weil es in dieser Öde nichts gab, worauf er ihn hätte richten können. Die Zeit verging. Unterschiedslos floss sie dahin, und es war schwer zu sagen, wie lange es gedauert hatte, bis er endlich etwas erblickte. Etwas regte sich. Anfangs war es kaum mehr als ein dunkler Punkt. Dann löste er sich langsam von der Grenze, an der Himmel und Wasser aneinanderstießen, kam näher, wurde größer und nahm schließlich die Gestalt eines Langboots an. Bug und Heck waren nach oben gebogen und ragten höher aus dem Wasser heraus als der Rest des Boots. Es schien sich von selbst zu bewegen, denn ein Ruder oder Ruderer waren nicht zu erkennen. Eine einsame Gestalt stand mittschiffs an Deck. Sie war in eine lange Kutte gehüllt und hatte das Gesicht unter einer tief herabgezogenen Kapuze verborgen. In der Hand hielt sie einen langen Stab.
    Ein Fluss, ein Boot und ein Fährmann. Der Fährmann durfte natürlich nicht fehlen.
    Lokan stützte sich auf seinen Knien ab und erhob sich mühsam. Schwankend stand er da, während das Boot lautlos näher glitt, bis sich der Bug schließlich knirschend über die Betonböschung schob. Lokan konnte nun Einzelheiten wie die Maserung der Planken erkennen. Er nahm einen schalen Geruch wahr. Es roch nach einem muffigen, feuchten Keller. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Fährmann den Kopf verkehrt herum auf seinen Schultern trug. Er stand mit der Brust zu ihm, aber das Gesicht zeigte nach hinten, sodass er in die Richtung blickte, aus der er gekommen war. Was den Stabhielt, war die Hand eines Skeletts, keine Haut, kein Fleisch, nur Knochen.
    Die Umgebung kam Lokan bekannt vor, und ihm dämmerte nun, wo er sich befand. Aus

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