Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde
irgendeine Art von Leidenschaft geweckt.
Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, bevor er mit Mühe hervorbrachte: „Ich bin gekommen, um …“ Abrupt verstummte er und wandte das Gesicht ab.
Roxy schlug das Herz bis zum Hals. Angstvoll erwartete sie, was er zu sagen hatte.
Nachdem er sich ihr wieder zugewandt hatte, erklärte er mit festerer Stimme: „Ich bin gekommen, weil ich mich vergewissern musste, dass der Anhänger nicht dir gehört.“
Ihr stockte der Atem. Was wollte er damit sagen? Neben der bösen Ahnung wegen seines Anhängers, der dem ihrer Mutter so ähnlich sah, empfand Roxy ein seltsames Flimmern im Bauch. Konnte es sein, dass er sie in all den Jahren in Erinnerung behalten hatte, so wie sie ihn? Das war verrückt, völlig ausgeschlossen.
Langsam schüttelte sie den Kopf und sagte: „Es ist nicht meiner.“ Dann fügte sie vorsichtig hinzu: „Warum wolltest du das unbedingt wissen?“
„Weil du ein anderes Leben führen solltest.“ Er klang unwirsch. „Ein sicheres, ganz normales Leben.“ Weil du nicht mit deinem Leben spielen solltest . Er sprach es nicht aus, aber sie ver stand.
Er spielte mit einer Locke ihres Haars. Ohne Hast strich sie die Strähne weg und schob seine Hand beiseite. Er ließ es geschehen.
„Roxy …“ Wie er das sagte, hörte es sich an, als probierte er zum ersten Mal den Klang dieser beiden Silben aus. Unwillkürlich hielt sie den Atem an und wartete mit klopfendem Herzen. Aber es kam etwas ganz anderes als erwartet. „Warum hast du Frank Marin getötet?“
Der Kerl war tot? Wie war das möglich? Sie hatte ihn lebend zurückgelassen. So viel stand fest. Leicht beschädigt, aber lebend. Gerade wollte sie etwas sagen, hielt sich dann aber im letzten Moment zurück. Beinahe hätte dieser Bastard von einem Reaper es geschafft, sie aufs Glatteis zu führen. Und doch hatte er nicht mehr getan, als ihren Namen auszusprechen.
„Ich kenne keinen Marin“, behauptete sie, als sie sich wieder gefasst hatte. „Nie gehört den Namen.“
„Natürlich nicht.“
Die nun folgende Stille nutzte Roxy, um ihre übersinnlichen, telepathischen Kräfte einzusetzen, über die sie dank ihrer Witterung für Blut verfügte. Sie stellte förmlich ihre Antennen auf, empfing aber kein Signal. Nichts. Wäre Frank Marin noch am Leben, hätte sie ihn sicher orten können. Also stimmte es, und jemand hatte diesem Schwein also doch noch das Licht ausgeblasen. Nur sie selbst konnte das nicht gewesen sein.
Unvermittelt wechselte Dagan die Gangart und fragte direkt: „Wer hat meinen Bruder umgebracht?“
Roxy, die ihr inneres Gleichgewicht einigermaßen wiedergefunden hatte, antwortete gelassen: „Kann ich nicht sagen. Ich kenne deinen Bruder noch nicht einmal.“
„Kannst du es nicht sagen, oder willst du es nicht sagen?“
„Hörst du schwer? Ich weiß es nicht. Woher soll ich wissen, was mit deinem Bruder los ist?“ Die Frage war schon interessant. Wer könnte es gewesen sein? Die Setnakhts? Ihre eigenen Leute? Oder irgendein wild gewordener Gott oder Dämon, der nach der Vorherrschaft in der Unterwelt strebte?
„Du bist nicht besonders mitteilsam“, bemerkte Dagan und sah sie scharf an.
„Was soll ich denn sagen, wenn ich nichts weiß?“
„Hör zu, Roxy.“ Er strich ihr über die Wange und den Hals entlang, wo er die Hand ruhen ließ. Roxy merkte, dass ihr Herz schneller schlug. Viel zu schnell. „Ich glaube dir nicht. Du weißt eine ganze Menge, aber du willst es nicht sagen.“
Mit einem Killerlächeln ließ er den Daumen über ihre Kehle fahren. Die Berührung war sanft wie die einer Feder, trotzdem war Roxy unbehaglich zumute. Mit einem Ruck wich sie zurück und funkelte ihn an. Wenn Blicke töten könnten … Wenn sie es bloß könnten, dachte sie für einen Moment.
„Ich habe Zeit“, fuhr Dagan ruhig fort und senkte die Hand. „Ich werde dich auf Schritt und Tritt verfolgen, bis ich etwas von dir höre. Ich hoffe, du kannst ein bisschen Gesellschaft gebrauchen.“
„Kennst du nicht den Spruch von den Gästen und den Fischen, die nach drei Tagen anfangen zu stinken?“
Dagan ließ sich nicht beirren, sondern machte eine zufriedene Miene. „Wir werden uns ein wenig näher kennenlernen, Roxy Tam.“
Das fehlte ihr noch. Sie beobachtete, wie er den Anhänger unter sein T-Shirt steckte. Es versetzte ihr einen Stich. Von Rechts wegen gehörte der Anhänger ihr. Aber jetzt war kaum der richtige Moment, das zu diskutieren.
„Du hast dich
Weitere Kostenlose Bücher