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Herzenstimmen

Herzenstimmen

Titel: Herzenstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sendker
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nicht nachdenken mochte. Sie hatte schon häufiger gehört, dass manche Frauen während ihrer Schwangerschaft den seltsamsten Stimmungsschwankungen ausgesetzt waren. Sie wollte sich keine Sorgen machen. Es würde von allein wieder vergehen.
    »Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Gedanken. Jetzt lass uns schlafen.«
    »Liegt es an mir?«
    »Nein«, sagte sie so schroff, dass er verstummte.
    Maung Sein lag lange wach in dieser Nacht. Er verstand nicht, was in seiner Frau vorging, und konnte sich ihr Verhalten nur mit der Schwangerschaft erklären. Nach der Geburt würde sich die alte Nähe wieder einstellen.
    Als er seinen Irrtum bemerkte, war es zu spät.

6
    D er Tod wartete in der Tür. Groß und schlank. Sie erkannte deutlich seine dunkle Silhouette gegen das Licht der aufgehenden Sonne. Er hatte den Vorhang beiseitegeschoben und stand kurz davor einzutreten.
    Nu Nu kaute auf einem Tuch, das ihr die Hebamme zwischen die Zähne stopfte, weil sie sich vor Schmerzen die Lippen blutig gebissen hatte. Lange, das wusste sie, würde ihr Körper es nicht mehr aushalten. Seit einem Tag und einer Nacht quälte sie sich. Es hatte im Morgengrauen, während sie die Gaben an die Mönche verteilte, mit einem kräftigen Ziehen begonnen. Maung Sein war bei ihr gewesen und hatte sie in den ersten Stunden beruhigen und ablenken können. Als ein Schwall Wasser aus ihr herausbrach, hatte er besorgt die Hebamme geholt. Zwei ältere Frauen kamen ihr später zu Hilfe. Mit ihren langen, knochigen Fingern waren sie immer wieder in sie eingedrungen, um die Lage und den Kopf des Kindes zu fühlen. Da waren sie noch guter Dinge gewesen, es könne nicht mehr lange dauern, hatten sie gesagt.
    Später hatten sie sich bemüht, es zu drehen und zu wenden, sie mit ihren Händen zu weiten. Nu Nu hatte alles über sich ergehen lassen, ihre Anweisungen befolgt, gestanden, gelegen, gehockt, gekniet und es auf allen vieren versucht. Sie hatten es mit Kräutern, Tinkturen und Umschlägen probiert. Sie hatten sie massiert und ihr geheimnisvolle Dämpfe in die Nase steigen lassen, ohne den gewünschten Erfolg.
    Ihr Kind wollte nicht auf die Welt.
    Nu Nu sah in den Gesichtern der Frauen, dass es ernst um sie bestellt war. Sie verlor Blut. Ihr wurde kälter und kälter. Es gab keinen Arzt, der sie hätte aufschneiden, keine Schmerzmittel, die ihr Leiden hätten lindern können.
    Das Baby bewegte sich nicht.
    Seit Monaten hatte sie es täglich gespürt, waren die Tritte, das Knuffen und Rumoren in ihrem Bauch zu einem Teil von ihr geworden.
    Nun spürte sie es nicht mehr. Hatte das Gefühl, einen schweren Stein in sich zu tragen, der mit jeder Minute, die verstrich, an Gewicht zunahm und sie unweigerlich in einen Abgrund ziehen würde.
    Die Schmerzen ließen nicht nach. Das Kind musste heraus, oder sie würden sterben. Beide.
    Das Flüstern der Frauen. Ihre Ratlosigkeit. Sie ahnten, was in den kommenden Minuten geschehen würde. In diesem Jahr hatten in ihrem Dorf bereits fünf Mütter die Geburten nicht überlebt. Es war das Risiko, das jede Frau mit einer Schwangerschaft einging.
    Der Preis des Lebengebens.
    Nu Nu biss wieder ins Tuch, jemand strich ihr die verschwitzten Haare aus dem Gesicht und hielt ihren Kopf.
    Eine der Frauen eilte hinaus, um Maung Sein zu holen. Er hatte das Elend seiner Frau nicht mehr ertragen und war in der Nacht vor die Hütte gegangen. Seit Stunden hörten sie ihn in der Dunkelheit im Hof Holz hacken und sägen.
    Die nächste Wehe kam, ihr wurde schwindelig.
    Der Tod stand noch immer in ihrer Tür, verströmte seinen üblen Gestank. Warum trat er nicht ein? Worauf wartete er? Weshalb quälte er sie so lange?
    Sie rief nach ihrem Mann. Schrie mit ganzer Kraft seinen Namen. Wieder und wieder. Warum kam er nicht? Sie wollte, dass er bei ihr war, wenn sie sterben musste. Sie wollte von ihm, nur von ihm gehalten werden.
    Die Hebamme stopfte ihr noch einmal den Stoff in den Mund. Sie hörte Maung Seins Schritte.
    Er setzte sich hinter Nu Nu, umschlang sie mit den Armen, sodass ihr Oberkörper in seinem Schoß lag. Als die nächste Wehe kam und drohte, sie endgültig fortzureißen, umklammerte sie seine Knie, spuckte das Tuch aus und biss ihn mit aller Kraft in den Unterarm. Maung Sein schrie auf vor Schmerz und drückte sie mit einer solchen Kraft, dass ihr die Luft wegblieb.
    An die nächsten Minuten hatte sie keine Erinnerung.
    Als sie wieder zu sich kam, hörte sie die aufgeregte Stimme der Hebamme.
    Und das Wimmern eines

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