Herzenstimmen
wollte nicht.
Die anderen Passagiere standen auf, eine kurze Schlange vor dem Schalter, dann ging es zu Fuß zum Flugzeug.
Die Sonne blendete, ich verlangsamte meine Schritte.
Ich wollte nicht.
Noch nie war mir ein Abschied so schwergefallen. Es gab in diesem Moment nichts, was mich zurück nach New York zog. Nicht der Komfort meiner Wohnung, eine warme Dusche am Morgen, ein beheizter Fußboden im Bad. Nicht einmal mehr die Aussicht, mit Amy über alles zu reden. Es gab nichts zu analysieren, nichts abzuwägen. Das Pro-und- Kontra-Spiel interessierte mich nicht mehr. Jedes Wort wäre eines zu viel. Ich musste mich nur entscheiden. U Ba hatte recht: Die Wahrheit lag in mir. Wie frei war ich? Wie lang waren die Schatten? Worin war ich gefangen?
Ich drehte mich um und suchte meinen Bruder. Hinter einem Zaun standen einige Neugierige, zwischen ihnen spielten ein paar Kinder, U Ba konnte ich nicht entdecken.
Neben der Maschine parkte ein Gepäckwagen, beladen mit Taschen, Rucksäcken und Koffern, die zwei Arbeiter Stück für Stück in den vorderen Teil des Flugzeugs luden. Ganz unten entdeckte ich meinen Rucksack.
Ich wollte nicht.
Regungslos stand ich auf dem Rollfeld. Eine Stewardess rief nach mir. Ich war der letzte Passagier, der die kurze, ausgeklappte Treppe mit schweren Schritten hochkletterte. Ihr Lächeln empfing mich.
Ich wollte nicht.
Sie fragte mich nach meiner Bordkarte. Ich schaute die Frau stumm an, sie wiederholte ihre Bitte.
»Ich bleibe hier«, sagte ich.
Ihr Lächeln blieb unverändert. Als hätte ich nichts gesagt.
»Ich fliege nicht mit. Ich bleibe hier«, wiederholte ich.
Ihre Augen verrieten ihre Unsicherheit.
Ich lächelte zurück, drehte mich um, stieg langsam und mit weichen Knien die Treppe wieder hinunter, ging zum Gepäckwagen und zeigte auf meinen Rucksack. Einer der Arbeiter blickte erst mich, dann die Stewardess verwirrt an. Sie rief ihm etwas zu, er zog mein Gepäck heraus und reichte es mir.
In aller Ruhe ging ich zurück zum Terminal.
Vor dem Gebäude stand ein Taxi im Schatten einer Akazie. Daneben der Wagen, mit dem wir gekommen waren. Am Kofferraum lehnte U Ba und wartete. In der Hand hielt er einen Kranz aus frischen Jasminblüten. Er rührte sich nicht, als er mich sah. Nur ein stilles Lächeln verriet seine Freude.
Ich hatte keinen Plan. Aber einen Traum.
Dank
Ich danke meinem Freund Winston in Kalaw, der mich seit Jahren auf meinen Reisen in Burma begleitet und geduldig alle meine Fragen beantwortet. Bei den zuweilen schwierigen Recherchen zu diesem Buch haben mir auch Tommy und Ma Ei große Dienste erwiesen. Einige andere, die mir sehr geholfen haben, möchten lieber ungenannt bleiben. Mein Dank gilt ihnen nicht minder. Bei den medizinischen Recherchen waren mir Dr. Werner Havers, Dr. Christian Jährig und Dr. Joachim Sendker sehr behilflich.
Von meiner Schwester Dorothea und meiner Mutter habe ich sehr viel über große Herzen gelernt.
Ganz besonderen Dank schulde ich, wie immer, meiner Frau Anna. Ohne ihren kritischen Rat, ihre Geduld, ihren unermüdlichen Zuspruch – ohne ihre Liebe gäbe es auch dieses Buch nicht.
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