Herzflimmern
angehetzt. »Sie hat Zeb erwischt!« schrie er mit wild fuchtelnden Armen. »Sie hat Zeb erwischt.«
Derry blieb nicht stehen. Er rannte weiter in die Richtung, die Roddy ihm anzeigte. Sondra ging in die Knie und faßte Roddy bei den schmalen Schultern.
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»Was ist denn passiert, Roddy? Was ist denn?«
Das Gesicht des kleinen Jungen war kreidebleich.
»Ein Ungeheuer! Es hat Zeb erwischt. Es hat ihn getötet!«
Kamante, durch die Schreie aufgeschreckt, rannte jetzt hinter Derry her, während seine junge Frau wie benommen an der Tür ihrer Hütte stehenblieb.
Im Hof hatte sich eine kleine Menge angesammelt, als Derry mit dem schluchzenden Zebediah in den Armen hinter der Kirche hervorkam.
Sondra lief ihm entgegen. »Was ist passiert?«
»Eine Ratte hat ihn gebissen.«
Sie umfaßte das runde schwarze Gesicht mit beiden Händen und sah die kleinen roten Wunden, die die Zähne der Ratte geschlagen hatte. »Jetzt ist ja alles gut, Zeb«, tröstete sie, während sie neben Derry herlief, der den Jungen zum Krankenhaus trug. »Es ist ja nichts passiert. Du hast dich nur fürchterlich erschreckt.«
Sobald Derry den Jungen auf dem Untersuchungstisch niedergelegt hatte, ging sie daran, die Wunden zu säubern. Ihre Hände zitterten. Keiner hatte es ausgesprochen, aber sie wußte, was Derry fürchtete: Tollwut.
Kamante war an der Seite seines Sohnes, als Derry mit der Spritze kam. Er hielt ihn an den kleinen Händen und sprach beruhigend auf ihn ein.
Derry spritzte den Jungen erst rund um die Bisse, dann gab er ihm die routinemäßige erste Dosis des Serums gegen Tollwut. Möglichst rasche Gegenmaßnahmen waren gerade bei Kindern von entscheidender Wichtigkeit.
Als Derry fertig war, und eine Schwester Zebediahs Kopf verband, nahm er Sondra beim Arm und zog sie mit sich hinaus. »Wir haben nicht genug Serum«, sagte er leise. »Ich rufe gleich mal in Voi an. Vielleicht können die uns aushelfen.«
Sondra sah ihm einen Moment nach, als er davonging, dann kehrte sie zu Zebediah zurück. Der Junge war jetzt ruhiger. Er hatte keine Schmerzen, sondern hatte nur einen Riesenschrecken bekommen. Die Jungen hatten die Ratte offenbar in die Enge getrieben, da war sie ihm an den Kopf gesprungen. Da die Möglichkeit bestand, daß das Tier tollwütig war, würde Zebediah nun eine Serie von dreiundzwanzig Injektionen über sich ergehen lassen müssen.
Als Sondra aus dem Krankenhaus trat, fand sie Roddy halb verlegen, halb ängstlich unter dem Feigenbaum. Ein Blick in sein Gesicht genügte Sondra, um zu erraten, daß die Rattenjagd seine Idee gewesen war. Sie kniete vor ihm nieder und wischte ihm die Tränen von den Wangen.
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»Zeb ist nichts Schlimmes passiert, Roddy. Er ist bald wieder gesund. Mach dir keine Vorwürfe. Aber laß es dir eine Lehre sein, ja?«
»Ja, Mama.«
»Keine Jagd mehr auf wilde Tiere. Wir haben hier einen sehr lieben kleinen Hund, der sich über ein bißchen Gesellschaft bestimmt freuen würde.«
»Ja, Mama.«
»So.« Sie drückte ihn einmal fest an sich und stand dann auf. »Jetzt besuchen wir erst mal Zeb und sagen ihm, daß wir ihm etwas von der Marmelade aufheben, und dann überlegen wir uns, was für ein Geschenk wir ihm von den Seychellen mitbringen wollen.«
Roddys Gesicht hellte sich auf. Er faßte seine Mutter bei der Hand und versprach ihr mit Inbrunst, von jetzt an immer brav zu sein.
Als Sondra etwas später in den Gemeinschaftsraum kam, stand Derry, der bis jetzt am Funkgerät gesessen hatte, gerade auf.
»Nichts zu machen«, sagte er müde. »Sie haben kein Serum.«
»Ruf in Nairobi an. Sie sollen uns welches schicken.«
»Das hole ich lieber gleich selber.«
»Aber sie können es doch schicken.«
»Wer weiß, ob es dann rechtzeitig kommt.«
Sondra nickte widerstrebend. Sie hatten häufig Schwierigkeiten mit Medikamentensendungen; entweder schickte man ihnen das falsche Mittel, oder es war stundenlang der heißen Sonne ausgesetzt gewesen, oder aber es kam Tage zu spät. Sie konnte Derrys Sorge verstehen.
»Wir müssen morgen mit den Spritzen anfangen, Sondra. Ich muß sofort los.«
»Laß dich von einem der Fahrer hinbringen.«
»Dann ist in Nairobi kein Mensch mehr wach. Ich nehme das Flugzeug.«
»Derry! Du mutest dir viel zuviel zu.«
Er tätschelte lächelnd ihren Arm. »Ist ja nicht weit. Bis zum Abendessen bin ich wieder da.«
Obwohl Derry es eilig hatte, überprüfte er die Maschine mit aller Sorgfalt und tankte sie auf. Als er startklar war, kam Sondra zur
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