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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihrem gemeinsamen Leben.
    Habe ich etwa davor Angst?
    Ein Windstoß traf kalt sein Gesicht. Er beschloß, hineinzugehen. Als er die Tür aufstieß und in die verqualmte Luft trat, zwang er sich nicht zu ihr hinzusehen.
    Er suchte sich einen Platz und ließ seine Gedanken laufen. Dieses Wochenende würden sie Ruths Geburtstag feiern. Er hatte immer noch kein Geschenk für sie. Vielleicht konnte er in der Mittagspause losgehen. Auf den Markt in der Pike Street. Es mußte etwas Besonderes sein. Ruth wurde bald vierzig. Machten Frauen auch eine
midlife crisis
durch? Oder waren es bei ihnen die Wechseljahre, die ihnen zu schaffen machten? Eine Frau in den Wechseljahren kann nichts an den Tatsachen ändern, aber ein achtundvierzigjähriger Mann, der auf der Fähre junge Indianerinnen anstarrt, macht sich eindeutig lächerlich.
    Die Deckenplatten schepperten, als das Boot den letzten Bogen vor dem Hafen drehte. Es trompetete einmal lang und zweimal kurz, das Signal der bevorstehenden Ankunft. Die Leute standen auf und streckten sich. Er sah zu ihr hin. Ihre Blicke trafen sich.
    Schnell sahen beide weg.
     
    Ruth saß, nachdem sie ihre letzte Patientin verabschiedet hatte, allein in ihrem Büro. Vor ihr lagen Stapel unerledigter Arbeit. Am vergangenen Abend hatte sie bis in die Nacht über den Briefen an ›Dr. Ruth‹ gesessen {276} und vier herausgesucht, die ihr zur Beantwortung am geeignetsten erschienen. Gelegentlich bekam sie Briefe von Spinnern oder Witzbolden, ab und zu auch einen obszönen Brief oder solche, die nicht in ihre Kolumne gehörten.
    In der Montagskolumne wollte sie die Nachteile und Gefahren gewisser Körperpflegemittel wie Seife, Shampoo und Deodorants herausstellen und ihren Lesern ans Herz legen, beim Einkauf darauf zu achten, aus welchen Substanzen die Mittel hergestellt waren. Sie widmete häufig die ganze Spalte einem einzigen Thema, wenn sie in Zeitdruck war; die Recherchen waren weniger zeitaufwendig und das Schreiben ging wesentlich schneller.
    Wenn sie nicht wenigstens einen Teil der Arbeit heute nachmittag schaffte, würde sie erst morgen wieder dazu kommen, weil am Abend ihre Gesprächsgruppe stattfand. Und morgen war ihr Geburtstag, da würde ihr wahrscheinlich wenig Zeit dafür bleiben. Am Sonntag vielleicht, wenn Arnie ihr die Mädchen ein paar Stunden vom Hals hielt …
    Als das Telefon summte, hob sie ärgerlich ab. Sie hatte die Sprechstundenhilfe extra angewiesen, sie nicht zu stören außer bei einem Notfall.
    »Ja?«
    »Entschuldigen Sie, Doktor, aber Ihre Schwester ist am Apparat.«
    Verblüfft drückte Ruth auf den Knopf. »Judy? Was ist denn?«
    »Es ist Vater. Sein Herz. Vor einer Stunde.«
    Ruths Arme und Beine wurden zu Stein. »Wo ist er? In welchem Krankenhaus? Ist jemand bei Mutter?«
    »Er liegt im Herzzentrum. Mutter ist bei ihm, und Samuel auch. Ruth, er ist immer noch bewußtlos.«
    »Kümmere dich um Mutter. Ich komme sofort.«
     
    Arnie mochte den Markt in der Pike Street. Immer wenn er herkam, was nicht oft der Fall war, ließ er sich viel Zeit, um sich alles anzuschauen, und hinterher ging er meistens ins
Athenian Café,
zwängte sich in eine der kleinen Nischen am Fenster und sah auf die Bucht hinaus, während er Lammbraten und Pitabrot aß. An diesem Tag allerdings würde ihm dafür keine Zeit bleiben; trotzdem ging er ohne Eile durch die Höfe, in denen die Kunstgewerbler Kerzen und Patchworkdecken, Töpfereien und Bilder verkauften.
    Was, zum Teufel, sollte er Ruth zum Geburtstag schenken? Rein dekorative Dinge mochte sie nicht. Jedes Objekt mußte einen Nutzen haben, sonst hatte es in ihrem Haus keinen Platz. Aber das war nicht das Pro {277} blem. Die meisten Dinge, die man hier kaufen konnte, waren praktisch, die Batikröcke ebenso wie die Marcramégürtel. Doch nach einer halben Stunde müßigen Herumwanderns sah für Arnie alles gleich aus. Er wollte etwas Einmaliges. Praktisch, aber einmalig.
    Er wollte gerade aufgeben und ins Büro zurückkehren, als er auf die kleine Galerie stieß. Das Ölgemälde im Fenster war es, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog, das Porträt eines alten Indianerhäuptlings. Praktisch war das nun zwar weiß Gott nicht, aber es war faszinierend. Arnie beugte sich vor und las mit zusammengekniffenen Augen das Preisschild. Zwölfhundert Dollar. Er richtete sich auf und musterte die anderen Gegenstände im Fenster. Noch ein Ölgemälde, ein holzgeschnitzter Adler, Elfenbeinarbeiten, handgewebte indianische Decken. Arnie wußte

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