Herzflimmern
gehabt. Als er abgehauen ist, ist die ganze Gruppe auseinandergeflogen.«
»Und wo wohnen Sie jetzt?«
»Ach, mal da, mal dort.«
»Und wo sind Ihre Eltern?«
»An der Ostküste. Ich bin letztes Jahr quer durch die Staaten getrampt. Das war echt toll. Und dann hab ich Frank getroffen, und wir haben uns zusammengetan. Jetzt treibt er sich wohl rum.«
»Schade. Das tut mir leid«, murmelte Ruth. »Aber wenigstens haben Sie jetzt Ihr Kind.«
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»Hm, ja …«
Der Klang von Männerstimmen unterbrach sie. Ruth drehte sich um und sah zwei Männer in grünen Anzügen hereinkommen. Der eine war der Arzt, der kurz zuvor die Zangengeburt gemacht hatte.
»Okay«, sagte er, während sie sich beide Lenores Bett näherten, »hier haben wir einen Fürsorgefall. Primipara, fünf Zentimeter. Kam über die Notaufnahme. Bei solchen Fällen muß man unbedingt immer auf Geschlechtskrankheit untersuchen.«
Ruth ging zur Seite, als die beiden zum Bett kamen. Der Arzt überflog schweigend die Karte und reichte sie dann seinem Assistenten. Dann zog er ein Paar Gummihandschuhe aus dem Karton auf dem Nachttisch und streifte sie über. Als er die Decke herunterzog, drückte Lenore automatisch die Schenkel zusammen.
»Bißchen spät, um die Beine zusammenzuklemmen, meinen Sie nicht?« sagte er. »Nun kommen Sie schon, Mädchen, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
Während der Untersuchung sprachen die beiden Ärzte über das Mädchen hinweg, ohne sie auch nur ein einzigesmal anzusehen. »Acht Zentimeter«, stellte der eine am Schluß fest, »der Kopf noch ziemlich hoch im Becken. Kommen Sie, trinken wir erstmal eine Tasse Kaffee.«
Als sie sich aufrichteten und ihre Handschuhe auszogen, sagte Lenore unerwartet mutig: »Das Baby ist schon ganz weit unten. Ich spür’s.«
»Nein, da täuschen Sie sich, Mädchen. Das dauert schon noch eine Weile.«
»Können Sie mir bitte was gegen die Schmerzen geben?«
Der Stationsarzt klopfte ihr auf die Schulter. »Das geht nicht. Das würde die Wehen beeinflussen. Sie würden langsamer werden oder ganz aufhören. Nun stellen Sie sich mal nicht so an. Das, was Sie da erleben, ist doch was ganz Natürliches.«
Gerade als sie gehen wollten, eilte Mrs. Caputo ins Zimmer. »Dr. Turner, die Notaufnahme hat gerade angerufen. Auf dem Highway war ein schwerer Unfall. Eine der Verletzten ist eine Schwangere, bei der durch den Schock die Wehen eingesetzt haben. Möglicherweise ist das Kind in Gefahr. Sie bringen sie jetzt herauf.«
»Ach, du lieber Gott. Das hat gerade noch gefehlt. Kommen Sie, Jack, da können Sie gleich mit zupacken.«
Als Ruth wieder ans Bett trat, sah sie, daß Lenore weinte. Doch ehe sie etwas sagen konnte, verzog sich das Gesicht des Mädchens zu einer Grimasse des Schmerzes, und sie warf den Kopf stöhnend nach rückwärts. Dann schrie sie laut auf und sank atemlos wieder in die Kissen.
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»Das tut so weh!« jammerte sie. »Es bringt mich um. Ich sterbe.«
»Nein, nein, Sie sterben nicht«, entgegnete Ruth und nahm Lenores Hand. »Der Doktor hatt schon recht, es ist etwas ganz Natürliches.«
»Ja, aber getäuscht hat er sich trotzdem. Der Kopf ist nicht mehr oben. Er ist hier unten. Ich hab gespürt, wie das Kind runtergerutscht ist.«
Ruth starrte sie einen Moment erschrocken an. »Sind Sie sicher?« fragte sie und bedauerte augenblicklich ihre Worte, die gegen den ersten Grundsatz der Medizinerphilosophie verstießen: Der Arzt weiß es immer besser; den Patienten ignoriert man.
Lenore blieb keine Zeit zu einer Erwiderung. Wieder verzerrte sich ihr Gesicht, die Adern am Hals und an den Schläfen schwollen an, sie schrie laut und fiel keuchend wieder zurück. Ruth war höchst beunruhigt. Die Wehen kamen jetzt sehr rasch hintereinander.
»O Gott«, wimmerte Lenore. »Ich blute.«
»Das kann nicht sein«, widersprach Ruth so ruhig wie möglich. Sie warf einen Blick über ihre Schulter zur Tür – wo waren sie nur alle? –, dann zog sie vorsichtig die Decke über den Beinen des Mädchens weg. Das Laken zwischen ihren Schenkeln war mit einer klaren Flüssigkeit getränkt. »Es ist schon in Ordnung«, erklärte Ruth, obwohl sie keine Ahnung hatte, ob es in Ordnung war. »Es ist kein Blut. Es ist Fruchtwasser.«
»Jetzt kommt wieder eine –« Lenore verkrampfte sich unter dem Schmerz einer neuen Wehe und umklammerte Ruths Hand so fest, daß Ruth beinahe mit ihr geschrien hätte.
»Bitte helfen Sie mir! Es kommt! Oh Gott, ich hab solche Angst.«
Ruth löste
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