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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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die sie sich niemals zugetraut hätte, Rückenmarkspunktierungen, Leberbiopsien, chirurgische Eingriffe. Unzähligemale hatte sie sekundenschnell Entscheidungen fällen müssen, weil niemand zur Stelle gewesen war, der ihr hätte sagen können, was sie tun sollte. »Bringen Sie sie in den OP . Wir müssen das Kind opfern.« So viele Fehlschläge und so viele Erfolge. Hatte es sich gelohnt?
    Sondra spürte die Entspannung des nahenden Schlafs und überließ sich den Bildern, die an ihrem inneren Auge vorüberzogen. Aus der Ferne hörte sie MacReady sagen, »Gott sei Dank, daß Sie den Irrtum bemerkt haben, Mallone. Diese Gans von einer Schwester hätte der hypertonischen Patientin beinahe ein blutdrucksteigerndes Mittel gespritzt.« Sondra lächelte schläfrig. Eine andere Stimme meldete sich. »Ich danke Ihnen, Frau Doktor, daß Sie unser Kind gerettet haben.«
    Sie war zwischen Wachen und Schlaf. Immer noch lächelte sie. Ja, die Mühen und Entbehrungen hatten sich gelohnt. Denn nun war sie endlich hier, in dem Land, in das es sie seit ihrer frühen Jugend unwiderstehlich gezogen hatte. Nun konnte sie helfen.
    Als sie eingeschlafen war, träumte ihr, sie wäre wieder in Phoenix. Eben hatte man Mrs. Minelli mit ihrem rätselhaften Ausschlag hereingebracht, und Sondra gab Anweisung, eine Serie Blutuntersuchungen zu machen, da stand plötzlich Derry Farrar da und sagte mit grimmiger Miene, die Hände in die Hüften gestemmt: »Was glauben Sie denn, wo Sie hier sind? Im Städtischen Krankenhaus London?«
    Im Schlaf lachte Sondra leise.

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    »Das Blut ist ein bißchen dunkel, finden Sie nicht, Doktor?«
    Mason warf eine Klammer weg und streckte seine Hand aus. Die Operationsschwester klatschte ihm die gebogene Schere darauf.
    Mickey hob ein wenig den Kopf und sah ihn über den Operationstisch hinweg an. »Dr. Mason?« sagte sie. »Sollten wir nicht etwas tun?«
    »Mehr Sauerstoff«, blaffte er den Anästhesisten an.
    Mickey tauschte einen Blick mit dem Mann hinter dem Schirm.
    »Tupfer, Herrgott nochmal«, fuhr Mason sie an. »Passen Sie doch auf!«
    Schweißflecken breiteten sich auf Masons Haube aus, die Augen über dem Mundtuch waren unruhig. Die fahle Blässe seines Gesichts, das Zittern seiner Hände verrieten Mickey, daß Dr. Mason wieder einmal unter den Nachwirkungen übermäßigen Alkoholkonsums litt.
    »Dr. Mason«, sagte sie leise und ruhig. »Ich glaube, der Blutdruck fällt. Wir sollten es überprüfen.«
    »Das ist mein Fall, Dr. Long«, knurrte er sie an. »Überlassen Sie das gefälligst mir. Und tupfen Sie, verdammt nochmal.«
    Mickey unterdrückte ihren Zorn und wandte sich dem Narkotiseur zu. »Wie ist der Blutdruck, Gordon?«
    Mit einem Ruck hob Mason den Kopf. Seine Augen funkelten wütend.
    »Wofür halten Sie sich eigentlich? Sie sind hier, um mir zu assistieren, Doktor. Das könnte ja eine Hilfsschwester besser als Sie!«
    »Dr. Mason, ich glaube, die Patientin –«
    Mason warf seine Instrumente nieder und beugte sich drohend über den Operationstisch. In einem Ton, bei dem seine Stationsärzte im allgemeinen ganz klein wurden, sagte er: »Mir gefällt Ihre Einstellung nicht, Doktor. Und mir gefällt Ihre Arbeitsweise nicht. Wenn es nach mir ginge, würde ich Sie rauswerfen.«
    »Scheiße!« rief der Anästhesist. »Herzstillstand.«
    Alle Blicke flogen zum Herzmonitor, verharrten dort einen entsetzten Moment lang, dann brach das Chaos aus.
    »O Gott«, flüsterte Mason und zerrte mit zitternden Händen an den Tüchern.
    Mickey nahm die Schere, machte einen Schnitt in das Papiertuch, faßte es fest mit beiden Händen und riß es bis zum Hals der Patientin auf. Sie handelte, ohne nachzudenken, völlig automatisch, Mason mit ihren klaren Anweisungen immer einen Schritt voraus. Augenblicklich war der Raum voller Menschen, und über das allgemeine Getöse hinweg war die {146} monotone Stimme aus dem Lautsprecher zu hören: »Notfall, Chirurgie. Notfall, Chirurgie …«
     
    »Mein Gott, Mickey!« rief Gregg und knallte die Tür hinter sich zu. »Was, zum Teufel, ist mit dir los?«
    Sie richtete sich müde auf und schwang die Beine von der Couch.
    »Bitte schrei mich nicht an, Gregg. Ich bin kurz vor dem Abkratzen.«
    Er blieb in der Mitte des Wohnzimmers stehen. Sein Gesicht war rot bis zu den sandblonden Haarwurzeln.
    »Es wundert mich, daß du überhaupt noch unter den Lebenden weilst. Mason tobt.«
    »Tut mir leid«, sagte sie leise. »Der Mann ist unfähig. Ich tat, was ich tun

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