Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
Bier und schaute zum Fenster hinaus. Ein Sonnenuntergang wie auf einem Touristikplakat – goldener Himmel, davor Palmen und weiße Hoteltüren. Waikiki war gleich auf der anderen Seite des Kanals. Während Gregg zum funkelnden Wasser hinuntersah, versuchte er, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Das Leben war einfach gewesen, ehe Mickey Long aufgetaucht war. Warum gerade ich? dachte er jetzt. Und warum gerade sie, fragte er weiter, während er ihr Spiegelbild im Glas der Schiebetür betrachtete.
    Sie stand leicht seitlich, still und gerade wie das Standbild einer Wintergöttin inmitten von Farn und Bambus; die schönste Frau, der er je begegnet war, und die herausforderndste. Konnte sie denn nicht verstehen, in was für einer Klemme er saß? Ihr Geliebter und ihr Chef, zwei unvereinbare Positionen.
    Sicher, Mickey hatte recht. Mason war tatsächlich unfähig. Gregg selber hatte genug Operationen mit dem Mann mitgemacht, um das beurteilen zu können. Aber er hatte den Mund gehalten. In ein paar Monaten würde er das ganze Theater hinter sich haben und seine eigene chirurgische Praxis aufmachen.
    »Ich kann nicht, Gregg.«
    »Mickey.« Er bemühte sich, nicht wieder in Zorn zu geraten. »Du hast gegen ein ehernes Gesetz verstoßen – du hast dich als Stationsärztin geweigert, die Anweisungen des behandelnden Arztes zu befolgen. Erinnere dich doch mal an dein Einstellungsgespräch! Die erste Frage, die sie einem da stellen, lautet: Können Sie Anweisungen befolgen? Du hast den Leuten versichert, du könntest gehorchen wie ein pflichttreuer Soldat. Und jetzt sagst du, du kannst nicht – oder willst nicht.«
    Gregg zerdrückte die leere Bierdose in seiner Hand.
    »Und als wäre das noch nicht genug, hast du dir gleich noch den nächsten Verstoß geleistet und hast dich beim Chefarzt über Mason beschwert.«
    »Doch nur, weil er in dem Moment als einziger da war. Außerdem war er in der Garderobe.«
    »Mickey! Du kennst die Hierarchie und du kennst das Protokoll. Es gibt nun mal Formen, die eingehalten werden müssen. Du hättest mit deiner Beschwerde zu mir kommen sollen. Ich hätte mich darum gekümmert. {149} Statt dessen hast du dich höllisch in die Nesseln gesetzt. Mickey, du
mußt
dich bei Mason entschuldigen.«
    »Nein.«
    »Dann kann’s dir passieren, daß man dich an die Luft setzt.«
    Sie begann wieder hin und her zu laufen. »Nicht, wenn du mir Rückendeckung gibst.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Du meinst, du willst nicht.«
    »Gut, ich will nicht. Ich hab’ nur noch acht Monate. Ich setz doch jetzt nicht alles aufs Spiel.«
    Sie wußte, warum Mason die Sache forcierte. Seit dem Morgen ihrer ersten peinlichen Begegnung hatte er nur auf eine Gelegenheit gewartet, ihr die Hölle heiß zu machen. Mickey war damals gerade einen Monat am Great Victoria gewesen. Sie stand in der Schwesterngarderobe der Chirurgie und zog sich um, als Dr. Mason die Tür aufstieß, einen Kasten Instrumente auf die Bank stellte und nur sagte: »Sterilisieren Sie mir die bitte«, und verschwand. Halb bekleidet lief Mickey ihm nach und gab ihm den Kasten zurück. »Da müssen Sie eine der Schwestern bitten, Doktor.« Verwirrt musterte er sie von Kopf bis Fuß und fragte gereizt: »Und was sind Sie? Röntgenassistentin?« – »Nein, ich bin Ärztin«, antwortete Mickey. Erst war Mason verblüfft, dann färbte sich sein aufgedunsenes Gesicht blutrot, er drehte sich abrupt um und ging ohne ein Wort davon. Wenig später hörte Mickey, daß Dr. Mason es nicht ertragen konnte, bei einem Irrtum oder Fehler ertappt zu werden.
    »Es wird dich schon nicht umbringen, wenn du dich entschuldigst.«
    Eine Weile schwiegen sie sich unfreundlich an. Der Himmel draußen verdunkelte sich rasch.
    »Man muß diesem Menschen das Handwerk legen«, murmelte Mickey schließlich.
    »Hm, ja …« Gregg stand und streckte sich. Dann machte er sich auf den Weg in die Küche. »Aber deine Aufgabe ist das bestimmt nicht.«
    Sie hörte ihn in der Küche rumoren. Einen Moment blieb sie unschlüssig stehen, dann ging sie auf den Balkon hinaus.
    Der Oktoberabend war warm und mild. Das Getöse der Preßluftbohrer und Sägen von der Baustelle in der Nähe, wo schon wieder ein Hotel hochgezogen wurde, war verstummt. Der dumpfe Schlag einheimischer Trommeln pulste in der Dunkelheit, schmalzige Musik von einer der Hotelbands wehte herauf. Sechs Stockwerke unter ihr, am Ala Wai Canal hockten Fischer im Gras und sahen braungebrannten jungen Männern zu, die an ihren

Weitere Kostenlose Bücher