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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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beteten eine ganze Nacht und einen ganzen Tag. Aber nicht alle machen es einem so leicht. Sie brauchen nur an Ndschangu zu denken, unseren Koch. Er bekannte sich vor zehn Jahren zum Herrn, als Pastor Sanders ihn im Gefängnis besuchte, aber haben Sie gesehen, was er um den Hals trägt? Neben dem Kreuz, das er von der Mission bekommen hat, baumelt so ein heidnischer {141} Talismann, der ihn vor der Schlafkrankheit schützen soll. Die Kikuyu sind die abergläubischsten Menschen der Welt.«
    Er blieb unter einem blühenden Jacarandabaum stehen und wandte sich Sondra zu.
    »Was haben Sie denn nach diesem ersten Tag für einen Eindruck?«
    »Ich möchte mehr lernen.«
    »Da haben Sie in Derry den besten Lehrer, den Sie sich vorstellen können. Als ich vor vier Wochen hier ankam, was wußte ich da schon von der Tropenmedizin? Inzwischen war ich zweimal mit ihm unterwegs. Wir haben mitten in der Wildnis kampiert, und er hat im Nu einen Dornbusch in eine provisorische Klinik umfunktioniert. Es ist phantastisch, wie er mit den Eingeborenen umgeht.«
    »Wie kommt es, daß er das Land so gut kennt?«
    »Er ist hier geboren, nicht weit von Nairobi. Ich habe gehört, daß sein Vater mit zu den ersten Siedlern gehörte. Er hatte eine große Plantage, glaube ich. Derry kam natürlich nach England in ein Internat, wie das bei den Kolonialherren so Usus war, und hat dann auch in England Medizin studiert. Während er drüben war, brach der Krieg aus und er ging zur Luftwaffe. Er bekam hohe Auszeichnungen, unter anderem das Victoria Kreuz. 1953 kam er, wie Pastor Sanders mir erzählte, nach Kenia zurück. Damals begannen gerade die Mau-Mau-Kämpfe, und er meldete sich freiwillig.«
    Alec setzte sich wieder in Bewegung.
    »Ja, Derry hat ein aufregendes Leben geführt. Die Aufständischen hielten sich in den Aberdare-Wäldern verborgen. Sie taten sowohl den Leuten ihres eigenen Volks als auch den weißen Farmern Grauenhaftes an. Derry war zwar, wie mir erzählt wurde, für die afrikanische Autonomie, aber er war gegen die Taktik der Mau-Mau. Darum meldete er sich, als die Polizei einen Freiwilligen suchte, der die Wälder überfliegen sollte, um die Lager der Aufständischen ausfindig zu machen.
    Seine Maschine wurde von den Aufständischen abgeschossen, und er wurde gefangen genommen. Sie folterten ihn – daher hat er die Beinverletzung, seither hinkt er. Aber er erwarb sich ihren Respekt und wurde schließlich zum Vermittler zwischen der Mau-Mau und den Briten. Derry war einer der wenigen, dem die Aufständischen freien Zugang zu ihren geheimen Lagern gestatteten. In dieser Zeit lernte er Ndschangu kennen.«
    »Und wie kam er dann hierher, auf die Mission?«
    »Als er seine Frau kennenlernte, arbeitete sie hier als Krankenschwester. Sie wollte nicht von hier weg, also kam er hierher. Das war, glaube ich, vor zwölf Jahren, kurz vor der Unabhängigkeit.«
    {142}
    Fremdartige Geräusche erfüllten die Stille der Nacht, als Alec zu sprechen aufhörte. Sondra hörte den Schrei eines einsamen Vogels und die unbestimmbaren Laute der Wildnis, die in eine so tiefe, lastende Stille fielen, daß ihr einen Moment ganz angst wurde.
    Leise sagte sie: »Welche von den Schwestern ist denn seine Frau?«
    »Bitte? Ach so, Derrys Frau. Sie ist vor einigen Jahren gestorben. Im Kindbett, glaube ich. Hier auf der Mission. Ich nehme an, er blieb wegen des Krankenhauses, das er aufgebaut hatte.«
    Sie blieben stehen, als plötzlich Derry Farrar vor ihnen auftauchte. Mit grimmiger Miene, die Hände in die Hüften gestemmt, stand er da. »Genau der richtige Aufzug für einen Abendspaziergang«, sagte er ironisch.
    »Wie meinen Sie das?« fragte Sondra.
    Er deutete auf ihre bloßen Arme. »Gefundenes Fressen für die Mücken. Da wird es nicht lang dauern, bis sie sich eine Malaria holen. Und ziehen Sie statt der Sandalen lieber feste Schuhe an. Hier wimmelt’s von Zecken, die Spirillosen übertragen.« Er wandte sich Alec zu. »Ich hab’ mir eben mal unseren Amokläufer angesehen. Sein Zustand ist unverändert. Wenn seine Familie kommt und ihn holen will, geben wir ihn ihnen mit.«
    »Aber das geht doch nicht!« rief Sondra.
    »Wir brauchen das Bett, und unsere Medikamente helfen ihm nicht. Also dann – gute Nacht.«
    Wenig später kehrte Sondra mit Alec zu ihrer Hütte zurück. Sie war ihr so willkommen wie der prunkvollste Palast. Jetzt nur noch ins Bett!
    »Derry hatte schon recht mit seinen Ermahnungen«, sagte Alec. »Die Malariamücken fangen kurz

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