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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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dann alles auf lautlos. Sollte sie doch schreiben, was sie wollte.
    Doch der Gedanke, dass sie näher an mir dran war als ich wollte, ließ mich nicht mehr los. Ich würde irgendetwas unternehmen müssen, bevor sie bei mir im Hausflur stand. Oder mir dauernd nicht bestellte Päckchen ins Haus schickte.
    Meine Befürchtung bewahrheitete sich noch am selben Nachmittag.

Kapitel 7
     
    Es war der erste einigermaßen lauwarme Tag seit neulich mit Nick, und ich beschloss, vor meinem Treffen mit Leo joggen zu gehen. Der Park lag direkt gegenüber von meinem Wohnhaus, ich brauchte nur die Straße zu überqueren. Die Luft war frisch, aber nicht zu kalt, als ich loslief. Ich stöpselte meine Kopfhörer ein. In meinen Ohren Kings of Leon – Musik, die mich vorwärts trieb. Es duftete ein wenig nach feuchtem Gras und ganz weit weg hörte ich meine eigenen Schritte auf den Kieswegen knirschen. Eine Runde durch den Park dauerte bei meinem Tempo genau 40 Minuten. Nach 35 Minuten – gerade dröhnte „Sex on fire“ in meinen Kopfhörern – sah ich sie.
     
    Sie drehte mir den Rücken zu und schaute in Richtung meines Wohnhauses. Ich erkannte sie an ihrer blonden, verwuschelten Kurzhaarfrisur und ihren Bewegungen wieder. Mit klopfendem Herz duckte mich hinter einen Baum. Die Musik stellte ich aus. Ich wollte hören, ob sie etwas sagte. Doch sie stand nur da. Ihre Arme hingen herunter, ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Reglos starrte sie dorthin, wo sie mich vermutete. Minutenlang. Sie machte sich nicht die Mühe, sich zu verstecken.
    Im Gegensatz zu mir. Ich kauerte in der Deckung einer dicken Eiche. Die kahlen Büsche boten noch keine Versteckmöglichkeit, vor allem nicht, wenn man wie ich eine knallorange Fleecejacke trug. Wenn Leute vorbeikamen, tat ich so, als binde ich meinen Schuh zu. Der kühle Duft feuchter Erde stieg mir in die Nase. Trotz der frischen Luft brach mir der Schweiß aus. Was würde sie tun, wenn sie mich hier sah?
    Ich machte kehrt und lief geduckt zurück in den Park. Da ich sie nicht rufen und auch nicht laufen hörte, schien sie mich nicht zu verfolgen. Ich bog in einen Nebenweg ab, wo ich verschnaufte. Fieberhaft kramte ich nach meinem Handy. Sollte ich Nick oder Lucas anrufen? Beide wohnten in der Nähe, und ich könnte zu ihnen laufen und warten, bis die Luft rein war. Oder sollte ich Leo um Hilfe bitten?
    Auf keinen Fall. Was würde er zu einer Frau sagen, die vor einer anderen Frau davonläuft, weil sie mit der mal eine besoffene Nacht verbracht hatte? Wenn er wüsste, dass ich ein Feigling bin? Ich knirschte mit den Zähnen vor Ärger über mich selbst.
    Während ich noch überlegte, konnte ich durch die blattlosen Büsche eine Bewegung wahrnehmen. War das sie? Ich kniff die Augen zusammen. Dort bewegte sich etwas – eine Person – im Gebüsch. Doch die Person sah nicht mich an. Und es war auch nicht Heimke. Denn diese Person hatte im Gegensatz zu Heimke einen tarnfarbenen Parka an – und die Kapuze war hochgeschlagen.
    Wahrscheinlich wieder nur so ein Typ, der zu faul war, zum Pinkeln die Toilette zu benutzen. Oder zu besoffen. Ich setzte meinen Weg fort, wieder hinein in den Park. Nach fünf Minuten näherte ich mich der Stelle, wo Heimke eben noch gestanden hatte, von der anderen Seite. Meine Fleecejacke hatte ich ausgezogen und mit der schwarzen Innenseite nach außen um die Taille geschlungen. Ich beobachtete, wie Heimke sich zeitlupenartig umdrehte und mit langsamen Schritten den Rückweg antrat. Sie kam direkt auf mich zu.
    Mist. Der Baum, hinter dem ich jetzt stand, war nicht gerade dick. Zum Glück stand er neben einer Parkbank, auf die sich niemand setzen würde. Der Lack war weitgehend abgeblättert, und Reste von Blättern und anderer Schmutz klebten darauf. Langsam ging ich dahinter in die Hocke. Sie lief direkt an mir vorbei, ohne mich zu sehen. Ihr Gesicht war tränennass. Sie hatte die Schultern hochgezogen und starrte blicklos geradeaus. Ihre Wimperntusche war verlaufen, und um ihren Mund konnte ich einen gramvollen Zug wahrnehmen. Fast wäre ich aufgesprungen, um sie zu trösten.
    Doch meine Angst und meine Schuldgefühle hielten mich davon ab. Zum Glück.
    Unter der Dusche gelang es mir, die Bilder des Nachmittags zu verdrängen. Gleich würde Leo kommen, und der Gedanke an ihn ließ alle Sorgen unbedeutend werden.
     
     
    Um kurz vor Sechs brummte mein Handy.
    „Würdest du einem ermüdeten Polizisten ein wenig Freude zum Feierabend bereiten?“ fragte er.
    „Nichts,

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