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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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selten. Wunder dich nicht über falsche Töne.“ Ein schiefes Lächeln.
    „Du bist musikalisch. Das höre ich morgens unter der Dusche. Wird schon nicht so schlimm werden“, ermunterte ich ihn. „Bitte. Ich höre dir gern zu.“
    „Na gut. Aber nur, weil du es bist.“
    Er nahm eine Gitarre von der Wand. Er brauchte sie kaum zu stimmen. Also spielte er sie öfter, als er zugab. Er schob mich auf den einzigen Sessel im Raum und warf mir einen skeptischen Blick zu, so als zweifelte er daran, dass ich es wert sei. Ich probierte ein ermutigendes Lächeln, und er zog einen Hocker unter dem Schreibtisch hervor und setzte sich in Position.
    „Haben Madame einen besonderen Musikwunsch?“, erkundigte er sich mit einem ironischen Unterton. Ich schüttelte den Kopf.
    „Spiel einfach, was dir gerade einfällt.“
    Er schlug probeweise ein paar Akkorde an. Die Gitarre klang weich und voll. Er war kein Anfänger. Zögernd begann er zu singen.
    „Die Welt schaut rauf zu meinem Fenster
    mit müden Augen, ganz staubig und scheu
    Ich bin hier oben auf meiner Wolke
    Ich seh´ dich kommen, aber du gehst vorbei.
    Doch jetzt tut´s nicht mehr weh,
    nee, jetzt tut´s nicht mehr weh,
    und alles bleibt stumm und kein Sturm kommt auf, wenn ich dich seh.
    Es ist vorbei, bye, bye, Junimond,
    Es ist vorbei, es ist vorbei, bye, bye …“
    Dann die Gitarre. Ein langes Riff. Konzentriert griff er in die Saiten, und eine Gänsehaut überlief mich . Rio Reisers „Junimond“. Leo traf genau diesen etwas schnoddrigen Ton, dieses trotzige Aufbegehren gegen einen Schmerz, der kaum erträglich scheint, wenn er frisch ist. Er gab ein Stück seiner Seele preis, von dem ich keine Ahnung hatte. Den Refrain sang ich mit, und es entlockte ihm ein Lächeln. Als er geendet hatte, musste ich ein paar Tränen wegblinzeln, und hoffte inständig, dass er es nicht sah.
    „Leo, das war wunderschön. Aber warum spielst du so etwas Trauriges?“
    Er stellte die Gitarre behutsam auf seinen Arbeitsstuhl und streckte die Hände nach mir aus. Ich setzte mich auf seinen Schoß und küsste ihn auf die Wange. Er seufzte, und es klang ein wenig gequält.
    „ Tesoro , ein trauriges Lied lässt dich den eigenen Schmerz leichter ertragen. Und dieses Lied passt nun mal zu meiner Stimme. Außerdem kann ich es besonders gut.“
    „Aber das ist kein Schmerz, den ich dir zugefügt habe?“
    Leos Hände streichelten meine Oberschenkel. „Überhaupt nicht. Abgesehen von den paar Schrammen auf meinem Rücken. Von heute Nacht.“ Er schmunzelte. „Ansonsten hast du dich als ausgesprochen heilsam erwiesen.“
    „Im Gegensatz zu dir. Hier.“ Ich deutete auf meine Unterlippe. „Und hier, und hier … überall hast du kleine Wunden hinterlassen.“
    Er legte eine Hand auf mein Herz. „Aber nicht hier drinnen. Und darauf kommt es an.“ Er vergrub seine Nase in meinem Haar und hauchte: „So ein paar kleine Liebes-Blessuren geben dem Ganzen doch erst die richtige Würze …“
    Gegen meinen Willen überlief mich ein leiser Schauer. Als er es merkte, zog er mich an sich. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und drückte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Mit einem Glitzern in den Augen ließ er mich los und fragte scheinheilig: „Bist du jetzt schockiert?“
    „Leo König, bei dir schockt mich nichts mehr. Du kannst mir jetzt ruhig dein finsteres Kellerverlies zeigen, wo du deine Instrumente aufbewahrst.“
    Er lachte schallend.
    „Oh ja, das hatte ich ja ganz vergessen. Aber das einzige Instrument, mit dem ich dich zu traktieren gedenke, befindet sich zwischen meinen Beinen.“
    Ich kicherte. „Na los, Leo König, zeig es mir. Wenn du mich kriegst …“ Ich sprang auf und tat so, als wolle ich weglaufen. Ich schlüpfte durch die Tür und rannte durch den Flur. Er stellte mich an der Schlafzimmertür. Fixierte meine Handgelenke mit seinen Händen neben meinem Kopf. Und legte seine Lippen auf meine. Sein Kuss war voller Leidenschaft, heftig und fordernd. Als er von mir abließ, raunte er: „Eigentlich sollte ich dich übers Knie legen, du freches Stück. Aber ich lasse noch einmal Gnade vor Recht ergehen …“ Damit öffnete er den Gürtel seiner Hose und schob mich gebieterisch aufs Bett.
    RÄNNGG. Ein Klingeln an der Haustür, und Leo fuhr zusammen, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. Wir rappelten uns auf, und ich versuchte, mein ramponiertes Äußeres ein wenig in Ordnung zu bringen. Ein zweites Läuten. Es klang ungeduldig. Leo fuhr sich durchs Haar und

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