Herzgespinst - Thriller

Truppe gehören mussten.
    »Ich«, antwortete Shiva.
    »Aber – bist du denn schon 18 ?«, er sah sie ungläubig an.
    »Nein, ich bin gerade erst 17 geworden. Ich habe eine Sondererlaubnis, damit ich den Kasten fahren darf.«
    »Sehr geil«, sagte Oliver sehnsüchtig. »So durch die Gegend ziehen würde ich auch mal gerne.«
    Shiva lächelte. »Mach doch. Wir können immer Leute gebrauchen. Der Bruder von eurem Gitarristen hat bei meinem Vater ein Praktikum gemacht und ist ein halbes Jahr mitgereist. Ich kann mich aber nicht mehr an ihn erinnern. Da war ich wahrscheinlich noch im Internat.«
    Lotte sah Shiva empört an. »Finde ich gar nicht toll«, sagte sie ehrlich. »Wir sind erst seit einer Woche zusammen und Olli spielt in der angesagtesten Band überhaupt.«
    Shiva guckte spöttisch. »Kein Stress. Überleg es dir trotzdem.« Sie warf Oliver einen herausfordernden Blick zu.
    Bevor er antworten konnte, hupte ein Auto.
    »Das ist Tom. Wir haben Probe«, rief Oliver und wollte Shiva das Coldpack zurückgeben. »Vielen Dank. Du hast mich gerettet. Wäre super, wenn du zum nächsten Konzert kommst. Ich hinterlege dir eine Karte.«
    Shiva schüttelte ihre Zöpfe. »Behalte die Sachen und bringe sie mir irgendwann zurück. Wenn wir keine Vorstellung haben, komme ich auf jeden Fall.«
    »Wen hast du denn jetzt schon wieder aufgerissen?«, fragte Tom belustigt, als sie ins Auto einstiegen. »Pocahontas? Wenn du in dem Tempo weitermachst, läufst du mir echt noch den Rang ab«, witzelte er.
    »Schwachsinn«, antwortete Oliver gereizt. »Lotte musste nur mal schnell und ich hab in der Hitze fast ’nen Sonnenstich gekriegt. End of Story.«
    Aber auf der Rückfahrt blieb Oliver auffallend schweigsam und nicht einmal Lotte konnte ihn mit ihren Küssen aus der Reserve locken.

21
    A uch in den nächsten Tagen besserte sich Julias Gesundheitszustand nicht.
    Zu dem wiederkehrenden Rauschen in ihrem Kopf gesellten sich Albträume. Die wenigen Traumfetzen, an die sie sich erinnerte, waren so schrecklich, dass sie sie auf der Stelle wieder vergaß.
    Trotzdem verpasste sich keine einzige Probe.
    »Ich glaube, das war keine so gute Idee, dass ich dich hierhergeschleift habe«, sagte Luis geknickt. »Du siehst echt krank aus. Vielleicht solltest du wenigstens einen Joint durchziehen.«
    Er hatte recht. So ging es wirklich nicht mehr weiter. Julia nahm allen Mut zusammen und wartete, bis Oliver endlich mal im Probenraum allein war.
    »Hey, Olli«, sagte sie und bekam im selben Moment weiche Knie. »Ich glaube, wir sollten mal miteinander reden.«
    Oliver sah Julia erleichtert an. »Das finde ich allerdings auch.«
    »Nach den Proben in der Scheune?«
    Oliver nickte. »In der Scheune. Kann aber dauern.« Er streckte die Hand aus, und strich ihr diese widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn.
    Julia lächelte glücklich. »Ich warte auf dich.«
    Der Himmel war so blau.
    Fast wie an dem Morgen, als ihr Oliver das Piercing gestochen hatte. Obwohl Julia seit Tagen kaum etwas gegessen hatte, flog sie auf ihrem Fahrrad mühelos über die holprigen Feldwege zur Scheune. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Oliver noch nicht da war, legte sie sich einfach mit ausgebreiteten Armen ins Stroh und wartete.
    Es war schon spät, als Oliver endlich auftauchte.
    »Sorry«, sagte er. »Ich habe Lotte noch in den Stall zu ihrem Pferd gebracht. Es lahmt wohl und muss noch heute erschossen werden. Ziemliches Drama. Sie heult die ganze Zeit. Ich habe ihr versprochen, dass ich rechtzeitig zurück bin und Händchen halte, wenn es passiert.«
    Julia antwortete nicht. Lotte war eigentlich die letzte Person, über die sie jetzt Geschichten hören wollte. Selbst wenn das, was sie zu sagen hatte, auch Lotte anging.
    »Sorry«, wiederholte Oliver. »Das interessiert dich wahrscheinlich gar nicht. Ich bin einfach gewohnt, dir alles zu erzählen.« Er sah sie beinahe ängstlich an. »Das bleibt doch immer so, oder?«
    Julia stiegen die Tränen in die Augen. Genau das war es, was ihre Beziehung so besonders machte und weshalb sie füreinander bestimmt waren.
    »Natürlich bleibt das so«, sagte sie sanft und nahm seine Hand. Plötzlich hatte sie gar keine Angst mehr. »Red einfach weiter.«
    Oliver schluckte: »Ich wollte dir schon lange sagen, dass ich dich total gernhabe und dass du immer ein ganz besonderer und wichtiger Mensch für mich sein wirst. Ich werde dich einfach nie vergessen, egal ob ich mit der Band auf Europatour gehe oder Lotte mit mir nach