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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Armbanduhr und füge panisch hinzu: »Dreizehn!«
    Zu meinem großen Erstaunen setzt Georg sich auf seine Seite der Glasscheibe. Und legt die Hände vor sich auf die Holzablage. Ausdruckslos blickt er vor sich hin.
    »Jetzt hör mir mal zu«, beginne ich und muss mich räuspern, weil ich so geschrien habe eben und meine normale Stimme gar nicht wiederfinde.
    »Ich war im Urlaub. Mit Fanny. Zwei Wochen. Es war …« – ich mache eine hilflose Handbewegung – »… toll, ich meine, wir hatten Zeit füreinander, haben uns zugehört und wieder zueinandergefunden …« Warum schießen mir denn jetzt schon wieder die Tränen in die Augen? Georg sitzt da und tut so, als sei ich Luft.
    »Und auf dem Rückflug habe ich blöderweise Zeitung gelesen …« Mir versagt die Stimme. Ich wische mir mit dem Handrücken über die Augen. Jetzt mache ich schon einen genauso weinerlichen und hilflosen Eindruck wie die anderen hier.
    Joachim Tacke, der bis jetzt an der Tür gestanden hat, tritt einen Schritt vor. »Geht’s?«
    »Ja klar«, schnaufe ich und krame nach einem Taschentuch. »Georg. Du musst mir sagen, dass du nichts mit dieser … Anschuldigung …« Ich senke die Stimme und beuge mich ganz nah an die Glasscheibe heran. »… mit diesem … Mädchen …«
    Georg hebt zum ersten Mal den Blick. Ich verstumme. Der Blick sagt alles.
    Nach einer Ewigkeit sagt Georg schließlich: »Weißt du, wie sie vermeintliche Kinderschänder hier drin behandeln?«
    O Gott. O Gott ! Mir gefriert das Blut in den Adern. »Georg, bitte sag, dass sie dir hier noch nichts angetan haben.«
    »Es hilft mir, wenn ich dabei an dich denke.« Georg verstummt und schaut Hilfe suchend zur Decke, wobei ich sehe, dass seine Augen plötzlich ganz feucht geworden sind. »Ich bin der letzte Abschaum. Mit meiner Zahnbürste lassen sie mich die Toilette putzen. Und nachts …«
    Nein! Ich möchte schreien, aber ich kann es nicht.
    »Aber ich weiß , dass du unschuldig bist!« Ohne zu merken, was ich da tue, lege ich die Hand auf die Glasscheibe, und er legt seine daran.
    Wir starren uns an. Sein Gesicht ist dem meinen so nah wie damals in Kitzbühel. Nur dass eine schusssichere Scheibe dazwischen ist. Schließlich lasse ich meinen Kopf an die Scheibe sinken, und er legt seine Stirn an meine.
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagt er rau. »Du bist der einzige Mensch, der noch an mich glaubt. Ich denke jede Sekunde an dich. Jede Sekunde. Aber hier glaubt mir keiner«, sagt er tonlos. »Ich hatte ja den Geldkoffer im Gepäck! Der belastet mich zusätzlich. Ich bin für sie ein Lügner, Dieb und Kinderschänder.«
    »Georg, ich wollte dir mit dem Geldkoffer nicht schaden! Wenn ich auch nur geahnt hätte, wie fatal das endet, hätte ich doch nie …« Ich schluchze fast, sodass Joachim Tacke schon wieder einen besorgten Blick auf mich wirft. »Ich wollte, dass du ein neues Leben anfängst!« Flehentlich blicke ich ihn an und spüre, dass mir die Tränen über die Wangen laufen. »Ich wollte, dass du aus unserem Leben verschwindest! Das habe ich dir alles erklärt!«
    »Du wolltest, dass ich aus deinem Leben gehe.«
    »Aber, Georg, so war das nicht gemeint! Ich wollte dich zurück ins Leben holen, aber nicht in meines … Ein Mann, der nichts aus seinem Leben macht, der die Chancen des Lebens nicht mehr nutzt, der …«, ich blinzele die Tränen weg, die mir nun heftig aus den Augen kullern, »der kommt für mich nicht infrage.«
    Ich wende mich kurz ab, weil ich mich schnäuzen muss, und krame ungeschickt nach einem Tempo.
    »Und deshalb habe ich dir eine Starthilfe geben wollen, damit du dich beruflich wieder neu orientieren kannst! Was weiß denn ich!« Ich wedele hilflos mit dem Taschentuch. »Erst mal eine Wohnung mieten, irgendeine Umschulung, Ausbildung, mein Gott , ich weiß doch auch nicht, was!«
    »Du wolltest mich loswerden. Dich freikaufen. Damit du ein gutes Gewissen hast.«
    »Georg, hör auf damit! So kommen wir doch nicht weiter! Wenn du dich so hängen lässt …«
    Meine Güte, das war gemein. Wie soll er Hoffnung schöpfen, wenn ich ihm hier wie eine keifende Mutter die Leviten lese?
    »Du hast mich in den Knast gebracht!«, gibt er völlig verwirrt zurück. »Wie soll ich mich da nicht hängen lassen?«
    » Du hast dich in den Knast gebracht! Wenn du einen festen Wohnsitz hättest, einen Arbeitsplatz und einen Nachnamen …« O Gott. So wollte ich nicht reden. Ich höre mich an wie Christiane.
    »Obdachlose sind also automatisch Verbrecher

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