Herzgrab: Thriller (German Edition)
zu zucken.
Gerink schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. König öffnete die Augen. Sein Blick wurde für einen Moment klar.
» Lebt sie noch? « , brüllte Gerink. » Falls ja, wo haben Sie sie versteckt? «
König antwortete nicht.
» Wo haben Sie ihre Leiche verscharrt? «
» Verscharrt? « , presste König hervor. Sein Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an.
Gerink sah das Aufblitzen von Taschenlampen und hörte, wie jemand über den Kies auf den Turm zulief.
» Wo ist sie? «
» Teresa ist vor Wochen … « , presste König zwischen zwei Atemzügen hervor. » Sie ist … «
Dann brachen seine Augen.
58
Elena hätte niemals gedacht, dass sie zu solchen Gräueltaten imstande gewesen wäre. König mit dem Wagenheber ins Gesicht zu schlagen, ihm ein Messer durch die Handfläche zu treiben und danach zuzusehen, wie Peter ihm die Finger der anderen Hand brach.
Aber sie hatte es getan, nichts davon verhindert, dem Mann anschließend beim Sterben zugesehen und nicht mal versucht, sein Leben zu retten, während Peter immerhin probiert hatte, ihm die Giftpille aus dem Mund zu reißen.
Vergebens.
Viktor König war unter Krämpfen gestorben. Und mit dieser weiteren Leiche in ihrem Repertoire hatten sie der Polizei gegenüber einen noch größeren Erklärungsbedarf. Zuerst Giuseppe Vadini, dann Pirolis niedergebranntes Haus, Felix Lyashenko, Salvatore Del Vecchio und jetzt auch noch Viktor König.
Der Maresciallo vernahm sie vor Ort und brachte sie anschließend nach Florenz, wo er ihre Aussage gelassen zu Protokoll nahm. Ein Kripobeamter aus Siena war ebenfalls anwesend sowie ein Dolmetscher und Staatsanwalt Fochetti. Dieser war zunächst aufgebracht, weil sie ohne Durchsuchungsbeschluss das Museum betreten und König ohne richterlichen Haftbefehl festgehalten hatten. Aber nach einer Weile verloren die Italiener ihre übliche Arroganz. Sie hörten aufmerksam zu und stellten nur wenige Fragen. Doch genau diese Zwischenfragen bewiesen Elena, dass sich Peters, Dinos, Monicas und ihre Aussagen deckten.
Die Beamten nahmen Elenas Fingerabdrücke, machten einen Abdruck ihrer Schusshand und konfiszierten Ausweis, Handy und Waffe.
Um zwei Uhr morgens waren sie fertig. Die Nacht war verdammt schwül, und es nieselte immer noch. Elena stand vor der Carabinieri-Wachstube und blickte in den Nachthimmel. Eine einsame Laterne flackerte an der Straßenecke. Elena brauchte eine Dusche, frische Kleider und ein weiches Bett mit duftenden Laken. Um nichts davon kümmerten sich die Carabinieri.
Dino, Peter und Monica traten nach dem Verhörmarathon ebenfalls ins Freie.
» Das war’s fürs Erste « , stellte Scatozza fest. » Ich bringe Monica zu ihrer Tante. Die erwartet sie schon. Sie hat mir übrigens ein Gästezimmer angeboten, und ich werde dort übernachten. «
Während sich die beiden Männer verabschiedeten, trat Monica zu Elena unters Vordach. » Hat mein Vater noch irgendetwas gesagt, bevor er gestorben ist? « , wollte sie wissen.
Elena schüttelte den Kopf. » Nein, es tut mir leid. Er war sofort tot. «
» Bestimmt? «
Elena nickte.
» Okay, danke. «
Elena wollte noch etwas sagen, aber Monica wandte sich bereits wortlos ab und ging zu Scatozza, der sie zum Wagen brachte.
Elena wunderte sich über diese knappe Reaktion. Ein Jahr lang hatte Monica nach ihrem Vater gesucht, und nun war die ganze Sache mit einem » Okay, danke « abgehandelt worden.
Peter und Elena standen allein in der Gasse. Für einen Moment lief ihr ein Schauer über den Rücken.
» Ist dir kalt? « , fragte er.
» Nein, ich bin nur hundemüde. « Sie betrachtete sein Gesicht im flackernden Schein der Straßenlaterne. Eine Schläfe schimmerte blau.
» Hat sich ein Arzt deine Verletzung angesehen? «
Er lächelte erschöpft. » Das glaubst du doch nicht im Ernst? So weit geht die Gastfreundschaft der Italiener nun auch wieder nicht. «
» Königs Faustschlag hätte dich töten können. «
» Ich weiß « , antwortete er.
» Auch dein Sprung durchs Fenster. «
» Ich habe mir nur die Schulter geprellt. «
» Du hättest dir alle Knochen brechen können! « , entfuhr es ihr, und plötzlich spürte sie die ersten Tränen. » Du Idiot! Du hättest vor meinen Augen sterben können. «
» Tut mir leid. « Er nahm sie in die Arme und strich ihr mit der Hand übers Haar. » Du zitterst am ganzen Leib. «
Ihr war auf einmal eiskalt. Ein Schüttelfrost kroch ihr durch die Knochen. Schließlich begann sie, hemmungslos zu weinen.
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