Herzgrab: Thriller (German Edition)
Wohl deshalb hatte sie Elena engagiert, ihren Vater zu finden.
Während Cristina immer noch ihr Gewissen erleichterte, hörte Zenobia auf, Silenzio! zu rufen. Sie warf das Handy auf die Kommode, drehte sich zu einem ihrer Leibwächter um, riss ihm die kurzläufige halbautomatische SIG Sauer aus der Hand, trat vor Cristina und schrie sie an, endlich ruhig zu sein.
» No! «
Zenobia schlug ihr den Griff ins Gesicht. Cristina verstummte und taumelte zurück. Augenblicklich floss ihr Blut vom Haaransatz übers Gesicht. Sie bekam weiche Knie, verharrte einige Sekunden in dieser Position, blickte völlig geistesabwesend durch Zenobia hindurch und fiel dann seitlich mit dem Kopf an die Kommode. Das hässlich knackende Geräusch fuhr Gerink in die Glieder.
Reglos und mit unnatürlich verdrehtem Nacken blieb Cristina auf dem Teppich liegen. Eine vollkommene Stille breitete sich im Raum aus. Niemand bewegte sich. Alle hielten den Atem an.
Gerink stürzte als Einziger zu Cristina hin. Die Wunde an der Stirn blutete noch, doch unter ihrer Bluse spürte er, wie ihr Herz zu schlagen aufhörte. Von ihrem Körper ging eine merkwürdige Wärme aus, die jedoch rasch versiegen würde. Ihre Augen waren leblos. Er schloss ihre Lider.
Langsam erhob er sich, wütend, verbittert und mit einem dicken Kloß im Hals. Das Schicksal hatte sich wiederholt, auch Zenobias zweite Schwiegertochter war an den Folgen eines Unfalls gestorben.
Zenobia starrte einen Moment lang entsetzt auf Cristina, während eine Spur des Bedauerns in ihrem Blick aufflackerte. Kurz darauf reichte sie ihrem Leibwächter die SIG Sauer, der damit abwechselnd auf Gerink, Scatozza und Elena zielte. An seinem Gesichtsausdruck erkannte Gerink, dass er von der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, die vor aller Augen stattgefunden hatte, genauso überrascht war wie Gerink.
Im nächsten Moment reckte Zenobia den Kopf nach oben, kalt, ohne Reue, und war wieder dieselbe gefasste Matriarchin wie zuvor. » Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand den Namen dieser Familie besudelt « , sagte sie mit fester Stimme.
Sie war nicht nur impulsiv, sondern auch verrückt. Dass sie durch ihre Beziehung mit Fochetti den Familienruf selbst in den Dreck gezogen hatte, schien ihr in diesem Moment nicht bewusst zu sein. Das musste nun jedem in diesem Raum klar geworden sein.
Neben Gerink schnappte Elena nach Luft, wagte aber nicht, sich zu bewegen. Monica stand ebenso versteinert an der Wand und stützte sich mit den Händen an der Kommode ab. Sie würgte und schluckte zugleich.
Draußen prasselte der Regen an die Scheibe. Die Stille wurde von einer Sirene unterbrochen. Zwei Polizeiwagen hielten vor dem Eingang der Villa. Der Maresciallo stieg aus, gefolgt von dem schmächtigen Vito Tassini und Massimo, dem Kerl mit der Statur eines Schranks, dem Scatozza die Nase gebrochen hatte. Geduckt liefen sie durch den Regen zum Haus.
Von Cristinas Stirn tropfte Blut auf den Teppich. Zenobia machte keine Anstalten, die Spuren zu beseitigen. Stattdessen wandte sie sich seelenruhig an Monica. » Für welche Seite entscheidest du dich? «
Monica starrte entsetzt auf die Leiche ihrer Tante, dann zog sie die Schultern hoch und schielte mit einem kurzen beschämten Blick zu Elena. » Famiglia « , sagte sie und stürzte aus dem Raum.
Im nächsten Moment stand der Maresciallo im Türrahmen, hingter ihm seine Begleiter. Als diese die Leiche auf dem Teppich sahen, zogen sie sofort ihre Waffen. Der Maresciallo beugte sich zu Cristina hinunter und fühlte ihren Puls. Als er ihren Kopf zur Seite drehte und die gebrochenen Nackenwirbel bemerkte, ließ er von ihr ab und richtete sich auf.
Zenobia redet auf Italienisch auf ihn ein, und der Maresciallo spitzte die Ohren. Ebenso Scatozza.
» Wir sind widerrechtlich in das Haus eingedrungen « , übersetzte Scatozza. » Wir haben den Alarm ausgelöst. Cristina hat uns überrascht, es kam zum Handgemenge, Elena hat mit Cristina gerangelt und sie gegen die Kommode gestoßen. Zenobias Angestellte sowie ihre Leibwächter können das bezeugen. «
Gerink spürte, wie seine Halsschlagadern anschwollen. Im Moment war es jedoch besser, nichts zu sagen. Falls Zenobia Del Vecchio, der Maresciallo und Staatsanwalt Fochetti allen Ernstes ein Komplott gegen sie schmiedeten, um ihnen einen Totschlag oder sogar mehrere Morde in die Schuhe zu schieben, konnte das in Italien fatale Folgen für sie haben.
Offensichtlich erkundigte sich der Maresciallo nach dem
Weitere Kostenlose Bücher