Herzgrab: Thriller (German Edition)
Wahrheitsgehalt der Geschichte, denn Zenobias Wachmänner nickten, deuteten zu Elena und dann auf die Stelle, wo Cristina lag.
Gerink schielte zu Elena. Instinktiv griff er nach ihrer Hand. Ihre Finger waren eiskalt. Doch äußerlich blieb sie gefasst. Sie reagierte kaum auf Scatozzas Worte.
Der Maresciallo kam mit bitterem Gesichtsausdruck auf Gerink zu. » Sie haben Ihre Chance gehabt, glimpflich davonzukommen und in Ihre Land zurückzufahren. Nun werden wir dafür sorgen, dass Sie alle länger hierbleiben, als Ihnen lieb ist. «
Er löste die Handschellen von seinem Gürtel. » Andiamo! « , sagte er zu Elena.
Er und seine Begleiter nahmen ihnen Waffen, Handy und Schlüsselbund ab. Zuerst legten sie Elena, dann Scatozza und zuletzt Gerink die Handschellen an. Gerink kannte das Gefühl bereits, in Eisen abgeführt zu werden, doch diesmal machte der Maresciallo es offiziell und spulte einen Spruch auf Italienisch ab. Zwischen den Zeilen meinte er aber ganz bestimmt: Alles, was du sagst, kann und wird vor Gericht zu deinem Nachteil umformuliert werden!
» Die Geschichte von Einbruch und Totschlag glauben Sie doch selbst nicht « , zischte Gerink, während ihm die Arme auf den Rücken gedreht wurden und die Handschellen einrasteten.
» Das werden die Haftrichter und die Staatsanwalt beurteilen « , lautete der Kommentar des Maresciallo.
Vielleicht stieg Zenobia auch mit dem Haftrichter ins Bett – dann hatten sie glänzende Aussichten, Österreich für eine Weile nicht wiederzusehen.
Dass Scatozzas Hände hinter dem Rücken gefesselt waren, genügte Massimo wohl nicht. Er löste seinen Polizeieinsatzstock vom Gürtel und schlug Scatozza damit in die Kniekehle. Dino sackte zusammen, biss auf die Zähne und gab keinen Ton von sich.
Im Moment waren sie für die Carabinieri keine Kollegen aus dem Ausland mehr, sondern Privatpersonen – Querulanten, Einbrecher und mutmaßliche Mörder. Genauso wurden sie behandelt. Zudem konnten die Italiener nun die Lorbeeren für die Lösung des Falls ernten.
Der Maresciallo wollte sie bereits aus dem Salon scheuchen, als er einen Anruf auf dem Handy erhielt. Er redete eine Weile, fragte ein paarmal nach, und Gerink merkte, wie sein Gesicht immer blasser wurde.
Schließlich steckte der Maresciallo das Handy weg. Statt sie aus dem Salon zu treiben, bellte er neue Befehle, die offensichtlich seinen ursprünglichen Plan umwarfen. Die Carabinieri transportierten Cristinas Leiche ab, und alle verließen den Raum – bis auf Elena, Scatozza und Gerink.
Das verstanden die Italiener also unter Spurensicherung! Für die Carabinieri stand der Tathergang eindeutig fest.
Zuletzt warf der Maresciallo einen Blick auf das Scherengitter vor den Fenstern und der Terrassentür und überprüfte mit zufriedener Miene die massive Salontür. » Sie bleiben vorerst hier. «
Er schloss die Tür und sperrte von außen zu. Im nächsten Moment waren sie allein.
Elena zerrte an den Fesseln. » Seit ich in Italien angekommen bin, gibt es nur Hindernisse und Probleme. Ich könnte an die Decke gehen! «
» Probleme « war etwas untertrieben. Elena drohte noch viel mehr.
» Bis der Mordprozess anläuft, sitzen wir mindestens zwei Wochen in Untersuchungshaft « , sagte Gerink.
» Mir wird übel. « Elena verdrehte die Augen. » In der Zwischenzeit wird Teresa völlig den Verstand verlieren. Und wer weiß, was Zenobia mit Monica anstellt. « Sie blickte zu Scatozza. » Hast du mitbekommen, warum der Anruf den Maresciallo so in Rage gebracht hat? «
» Habe ich. « Scatozza schien etwas verwirrt zu sein. » Anscheinend ist Viktor Königs Leiche aus der Gerichtsmedizin verschwunden. «
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» Verschwunden? « , wiederholte Gerink. » Aus dem Kühlfach? «
» Der Kühlraum stand offen, ein Medizinstudent wurde bewusstlos geschlagen … Mehr habe ich nicht gehört. « Scatozza ging zur Terrassentür und blickte durch die Gitter in den Garten. Der Wind drückte den Regen an die Scheibe. » Königs Leiche ist weg, und anscheinend macht das alle ziemlich nervös. «
» Wer sollte schon eine Leiche klauen? « , rief Elena und lief mit auf den Rücken gefesselten Armen wie ein gefangenes Raubtier durchs Zimmer. » Die lassen uns jetzt allen Ernstes hier schmoren? «
Für diese Situation gab es in ihrer Chamäleonstrategie wohl keinen Plan B.
» Lasst uns doch mal zusammenfassen, was wir eben gehört haben « , schlug Gerink vor, der sich im Schneidersitz auf die Couch setzte. Instinktiv spürte er, dass
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