Herzgrab: Thriller (German Edition)
beiden angeketteten Pitbull Terrier vor dem Nebengebäude nicht mehr kläfften. Sie lagen in einer Pfütze aus Blut, das vom Regen in einem breiten Rinnsal über die weißen Marmorplatten gespült wurde.
Scatozza stieg über die Tierkadaver und erreichte den Eingang. Er warf das Funkgerät weg, zog die Pistole aus dem Hosenbund und wollte die Treppe zu Teresas Zimmer hinauflaufen – doch der Maresciallo versperrte ihm den Weg. Er lag auf der Treppe und lehnte mit dem Kopf an der Wand. Sein Kehlkopf war zertrümmert. Speichel floss ihm aus dem Mundwinkel, aber er atmete.
Scatozza trat zu ihm und schlug ihm mit der flachen Hand leicht auf die Wange. » Hören Sie mich? «
Die Augenlider des Maresciallo flatterten. » Hinten « , röchelte er, als er Scatozza erkannte. Er wollte den Arm heben, doch ihm fehlte die Kraft dazu.
In diesem Moment hörte Scatozza das Schlagen einer Tür in derselben Etage.
» Ich bringe Sie hier weg « , flüsterte Scatozza.
» Nein. « Der Maresciallo verzog schmerzvoll das Gesicht. » Der Scheißkerl hat mir das Bein gebrochen. «
Scatozza berührte die blutgetränkte Hose des Maresciallo. Dieser zuckte zusammen. Der Auswölbung zufolge war das rechte Schienbein ein offener Knochenbruch.
» Wer war das? «
» Ich konnte ihn nicht erkennen. Es ging so schnell. «
» Wo ist Ihre Waffe? «
» Hat er mir abgenommen. «
Das darf doch nicht wahr sein! Zuerst hatte er sich um Nicola kümmern müssen, jetzt auch noch um den Maresciallo. Scatozza zögerte nicht und gab dem Kollegen die Pistole. » Massimo ist tot, Vito bewusstlos « , flüsterte er. » Sollte mir was passieren, Nicola ist im Keller des Haupthauses in Sicherheit. « Er drückte dem Maresciallo auch den Kellerschlüssel und das Reservemagazin in die Hand. » Schießen Sie den Mistkerl nieder, wenn er vorbeikommt. Ich muss oben etwas erledigen. «
Er kletterte über den Polizisten und eilte die Treppe hinauf. Zuerst stürzte er in Teresas Zimmer. Das Bett war zerwühlt, der Raum menschenleer. Nur der Vorhang flatterte im Wind.
» Merda! « , fluchte er.
Hastig riss er die Türen zu den anderen Räumen auf. Niemand war zu sehen. Blieb nur noch eine Tür mit der Aufschrift Bagno. Es handelte sich um einen schmalen Raum mit Badezimmerhängeschrank, Wasserklosett, Bidet und Handwaschbecken. Niemand versteckte sich darin. Allerdings stand das kleine quadratische Fenster offen. Scatozza stieg auf die Klobrille und schob den Oberkörper ins Freie.
Regen peitschte ihm ins Gesicht. Teresa stand mit nackten Füßen eine Armlänge von ihm entfernt auf dem Gebäudesims. Sie krallte sich mit den Fingern in die Mauerrisse. Der Wind zerzauste ihr Haar und zerrte an ihrem Kleid.
» Was zum Teufel tun Sie da? « , rief er. » Kommen Sie rein, verflucht. «
» Hilfe! « , kreischte sie, so laut sie konnte.
War die Frau verrückt? » Ich will Ihnen helfen! « Scatozza streckte den Arm aus und versuchte, Teresa zu erreichen, bekam aber nur den Stoff ihres Kleides zu fassen. » Kommen Sie wieder rein, bevor Sie abstürzen. «
Ihr Blick war seltsam klar. » Niemals! «
» Ich helfe Ihnen. «
Sie schüttelte den Kopf. » Ich kann mich wieder erinnern. An Viktor und Lyashenko, die versucht haben, mich zu töten, und mich in dem Kellerloch fast verdursten ließen. «
» Ich bin vom Wiener Bundeskriminalamt. Ich bringe Sie heim. «
» Sie werden genauso sterben, wie all die anderen auf diesem Anwesen. « Sie wandte den Kopf ab und entfernte sich einen weiteren Schritt von ihm.
In diesem Moment krachte ein Schuss im Haus. Scatozza zog den Kopf für einen Moment in den Toilettenraum zurück und lauschte. Er hörte einen Schrei. Danach polterten Schritte die Treppe hoch.
Rasch reckte er den Oberkörper wieder ins Freie. » Schnell verdammt, kommen Sie her! «
» Nein! « , kreischte Teresa. » Er ist hergekommen, um mich zu töten. Ich kann mir nur selbst helfen! «
» Wer? «
» Viktor! «
» Was? Der ist tot! «
» Nein, er ist immer noch hinter mir her. «
Die Frau musste von den Sedativa immer noch benebelt sein und fantasieren.
Scatozza kletterte wieder in den Raum und stieg von der Klobrille herunter. Nachdem er sich umgedreht und das Regenwasser aus dem Gesicht gewischt hatte, sah er in der engen Toilette plötzlich einen glatzköpfigen Hünen vor sich, der eine Waffe auf ihn richtete.
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Elena hatte in ihrem Reiseführer gelesen, dass es in San Michele drei Friedhöfe gab, obwohl der Ort so klein war. Die Suche danach
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