Herzgrab: Thriller (German Edition)
Wickelrock, der im Schlitz ein langes gebräuntes Bein bis zum Oberschenkel preisgab.
Der Carabiniere unterhielt sich auf Italienisch mit der etwa dreißigjährigen Frau. Gerink verstand nur die Wörter Polizia, Vienna und Honeymoon-Suite. Tassini grinste breit. Beim nächsten Satz, den der Carabiniere spöttisch von sich gab, spürte Gerink, wie Scatozza sich einen Augenblick lang versteifte.
» Was hat der Witzbold gesagt? « , raunte Gerink.
» Offensichtlich heißt sie Cristina und ist Teresas Schwägerin. Sie soll die beiden Homos aus Wien ein wenig auf dem Grundstück herumführen und anschließend wieder hinauswerfen. «
» Homos? « , wiederholte Gerink.
Scatozza ließ sich nichts anmerken, sondern warf der Frau seinen charmantesten Flirtblick zu. Sie waren etwa gleich groß. Cristina hatte einen breiten, schön geschwungenen Mund und dunkle Augen, die auffällig weit auseinanderstanden, was ihr ein schlangenähnliches Aussehen verlieh. Die langen weizenblonden Haare fielen ihr tief ins Gesicht. Lasziv, aber ziemlich attraktiv, dachte Gerink, wären da nicht die beginnenden Augenringe und der verlebte Ausdruck gewesen.
» Ciao, Cristina. « Der Carabiniere tippte sich zum Abschied an die Stirn, zwinkerte Gerink und Scatozza zu und ging pfeifend zu seinem Fiat.
Schweigend standen sie der Frau gegenüber.
» Sag ihr, wir haben einen guten Draht zu Staatsanwalt Francesco Fochetti, und die gute Cristina soll uns Teresas Zimmer zeigen. «
Scatozza nickte nur. Er wartete, bis der Carabiniere die Tür zugeschlagen hatte, dann sprach er Cristina auf Italienisch an – in einem Ton, der sämtliche Missverständnisse aus dem Weg räumte.
Cristina zog einen Schmollmund. Schließlich warf sie das Haar zurück und lächelte. Im Moment blieb ihr keine andere Wahl, als die beiden » Homos aus Wien « auf dem Grundstück herumzuführen und ihre Fragen zu beantworten.
Und je mehr Gerink verarscht wurde, umso mehr Fragen hatte er.
Das Grundstück war riesig. Abwechselnd umgeben von Natursteinmauern, einem schmiedeeisernen Zaun oder einer teilweise blickdichten Wand aus Zypressen gehörte es zu den schönsten Landsitzen, die Gerink je zu Gesicht bekommen hatte. Die Sonne war inzwischen hinter den Bergen verschwunden, und einige Springbrunnen mit römischen Motiven spendeten angenehme Kühle.
Neben einem länglichen, aus Natursteinen errichteten Schwimmbecken mit Quellwasser standen Sonnenschirme, Liegestühle und Tische aus Teakholz. Ein Gärtner stutzte die Hecken, und zwei Arbeiter fischten mit Netzen die abgebrochenen Zweige aus dem Wasser. Alle schielten argwöhnisch zu ihnen herüber.
Sie gingen an einer Scheune und einem Orchideenglashaus vorbei auf eine einstöckige Villa zu. In einem Halbkreis errichtet umrahmte das Gebäude einen ovalen Vorplatz aus T err akottasteinen. Neben dem breiten Treppenaufgang lag eine großzügige Terrasse. Das Haus war mit mehreren Balkonen in hellem etruskischem Stil erbaut, der Gerink an seinen letzten Urlaub auf Korsika erinnerte. In diesem September vergangenen Jahres war alles noch in Ordnung gewesen. Doch kurz vor Weihnachten hatte Elena das Baby verloren. Sie schlitterte in eine tiefe Krise, und je mehr er versuchte, mit ihr ein normales Leben zu führen, desto schlimmer wurden ihre Depressionen, weil sie nicht akzeptieren wollte, dass das Leben genauso weiterging wie vorher. Irgendwann war auch sie über die Fehlgeburt hinweggekommen, und kaum hatten sie ihre Beziehung wieder im Griff – zumindest hatte Gerink das gedacht –, war auf Dinos Party der Seitensprung passiert.
Scatozzas Pfiff riss ihn aus den Gedanken.
» Nicht übel. «
Cristina, die mit wiegenden Hüften vor ihnen ging, wandte sich kurz um, doch der Pfiff hatte nicht ihr gegolten – vor dem Torbogen des Eingangs parkten ein Maserati und ein Lamborghini. In einem der Sportwagen steckte der Schlüssel. Die Blumentöpfe und meterhohen Weinreben verstärkten den Eindruck, man befände sich in einem Paradies. Doch Gerink ahnte, dass der Schein wie so oft trog.
Cristina führte sie ins obere Stockwerk zu Teresa Del Vecchios Zimmer. Nach den Zeugenaussagen von Zenobia und zahlreichen anderen Gästen, die Scatozza während der Autofahrt übersetzt hatte, war sie höchstwahrscheinlich aus diesem Zimmer entführt worden. Ihr Cousin Roberto hatte vor der Tür gestanden. Dem Obduktionsbericht zufolge war er zunächst bewusstlos geschlagen und kurz darauf ermordet worden.
Der Hieb gegen die Schläfe wurde mit
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