Herzgrab: Thriller (German Edition)
noch einmal einen Blick auf das Gemälde mit dem Motiv ihrer Mutter werfen wolle.
» Monica Del Vecchio? « , wiederholte Dunek.
Er biss an und sprach die Einladung noch für denselben Abend aus – für sie beide.
Elena parkte vor einem zwei Meter hohen Gartentor aus polierten Metallstreben. Kameras an jeder Ecke. Die beiden Frauen stiegen aus. Es roch nach Harz von den angrenzenden Nadelbäumen und den etwa drei Meter hohen Smaragdthujen, die Duneks Grundstück umgaben. Alle Gewächse hatten exakt die gleiche Form, als hätte der Gärtner sie mit der Nagelschere fassoniert.
Elena legte Tonis ramponierten Blazer auf die Rückbank und schlüpfte in die Reservejacke, die immer in ihrem Auto hing, aber bei Weitem nicht so elegant war. Vom Gartentor aus konnten sie keinen Blick auf die Villa erhaschen. Sie läutete, und mit einem Summton der Gegensprechanlage schnappte das Tor auf.
Elena fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Das einstöckige Gebäude mit Satellitenschüssel und zahlreichen Antennen auf dem Pultdach bestand zum großen Teil aus Glasfronten und hellgrauen Metallschienen. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es sich dabei um die Lamellen einer Außenjalousie handelte. Nüchterne und schnörkellose Formen reinster Funktionalität im kühlen Industriedesign. Auf eine gewisse Weise Art déco. Der geschwungene trapezförmige Pool mit Aluwanne und rauchblauer Unterwasserbeleuchtung wirkte wie ein vor der Villa gestrandeter Rochen. Daneben funkelte ein metallicschwarzer Mercedes Geländewagen mit Wiener Kennzeichen in der Abendsonne. Der Offroader sah fast so robust und wuchtig aus wie ein amerikanischer Hummer.
» Hier landen also die Gemälde Ihres Vaters. Seien Sie nett zu dem Mann « , mahnte Elena. » Er wird Ihnen zu siebzehn Millionen Euro verhelfen. « Sie hatte während ihrer Arbeit als Detektivin schon einige Prunkvillen gesehen, aber die hier übertraf alles. Falls Dunek sein Vermögen nicht geerbt hatte, war er ein brillanter Geschäftsmann. Sie tippte auf Öl, Börsengeschäfte oder die Immobilienbranche.
Die beiden Frauen gingen über die Auffahrt zum Haus.
» Hierher, meine Damen! «
Elena sah hoch. Die Sonne tauchte die Terrasse in einen leuchtenden Orangeton. An der Stahlbrüstung lehnte ein etwa vierzigjähriger schlanker Mann mit blondem Seitenscheitel. Er trug eine weiße Leinenhose, ein weißes Hemd und einen dunkelblauen Pullover mit V-Ausschnitt. Eine Hand steckte in der Hosentasche, in der anderen hielt er lässig ein Whiskyglas. Was für ein Auftritt.
» Wow « , entfuhr es Monica.
Sie gingen auf spiegelglatt polierten Marmorplatten, die symmetrisch im Rasen platziert waren, zur Terrasse. Hier schien nichts zufällig zu sein. Etwas jedoch lockerte die sterile Atmosphäre auf. Es roch nach Pferdemist! Der Geruch erinnerte Elena an ihre Kindheit. Meist hatten ihre Schwester und sie die Sommerferien bei ihrer Tante auf einem Bauernhof mit Reitstall in der Nähe von Lodz bei Warschau verbracht. Elena hatte ihre Tante auch nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs immer wieder auf dem Hof besucht, aber Lisa war dafür beruflich zu beschäftigt gewesen.
Sie reckte den Hals und entdeckte weiter hinten auf dem Grundstück tatsächlich eine moderne Pferdekoppel. Sie hörte sogar die Tiere wiehern.
» Erwähnen Sie mit keinem Wort, dass ich Privatdetektivin bin « , flüsterte sie ihrer Begleiterin zu, während sie sich der Terrasse näherten.
» Und was sind Sie? «
» Deine Freundin. «
Monica lächelte. » Oh, gut. «
Doch ihr Lächeln gefror, als sie plötzlich vor zwei Dobermännern standen. Abrupt hielten sie an. Die muskulösen Tiere trugen schwere silberne Halsbänder, und ihre Ohren ragten wie Pfeilspitzen in die Höhe. Ein Exemplar hatte längere Ohren, sonst glichen sie sich bis aufs Haar. Zum Glück blieben ihre Lefzen geschlossen. Beide Hunde hatten eine kupierte Rute, obwohl das Amputieren der Schwanzwirbel in Österreich schon seit vielen Jahren verboten war. Elena schielte zu Dunek hinüber. Hatte Herrchen seine beiden süßen Killer unter Kontrolle?
Er lächelte amüsiert. » Edgar und Wallace tun Ihnen nichts. Sie können getrost an ihnen vorbeigehen « , sagte er mit sonorer Stimme.
Edgar und Wallace? Der Mann besaß einen seltsamen Humor.
Unwillkürlich musste Elena an Tonis siebzehn Jahre alten Kater denken. Die beiden Hunde hätten Sir Edmund Hillary bestimmt mit einem einzigen Schnapp verspeist.
» Kommen Sie? « , flüsterte Monica.
Elena
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