Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
Kein …«
Ein paar deutsche Touristen posieren vor einer Ladenfassade mit abblätternden goldenen Buchstaben. Wir gehen schnell um sie herum, um ihnen das Foto nicht zu verderben. »Und es wird noch besser«, fährt St. Clair fort. »Als sie seinen Leichnam verbrannten, setzte er sich auf. Wirklich! Wahrscheinlich weil der Typ, der ihn präparierte, vergessen hat, die Sehnen durchzuschneiden, deshalb schrumpften sie zusammen, als er verbrannte …«
Ich nicke beeindruckt. »Eklig, aber cool. Erzähl weiter.«
»… sodass sich seine Beine und sein Rumpf krümmten. Aber trotzdem.« St. Clair grinst triumphierend. »Alle sind durchgedreht, als sie es gesehen haben.«
»Da soll noch einer sagen, Geschichte wäre langweilig!« Ich grinse zurück und alles ist perfekt. Fast. Denn in diesem Moment gehen wir am Eingang der SOAP vorbei und jetzt bin ich weiter von der Schule weg als je zuvor. Mein Grinsen droht zu erlöschen, als ich in meinen üblichen Daseinszustand zurückfalle: nervös und sonderbar.
»Weißt du, ich danke dir dafür. Die anderen sagen immer schon, ich soll den Mund halten, bevor ich überhaupt …« Er bemerkt meinen Verhaltenswandel und bleibt stehen. »Alles in Ordnung?«
»Klar.«
»Ja, und hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine furchtbare Lügnerin bist? Grauenvoll. Die schlechteste.«
»Es ist bloß …« Ich zögere, weil es mir peinlich ist.
»Jaaaa?«
»Paris ist so … fremd.« Ich suche nach dem richtigen Wort. »Einschüchternd.«
»Quatsch.« Er winkt ab.
»Klar, dass du das sagst.« Wir machen einen Bogen um einen würdevollen Herrn, der sich gerade bückt, um hinter seinem Hund sauber zu machen, einem Basset mit hängendem Bauch. Mein Opa hat mich gewarnt, dass die Bürgersteige in Paris voller Hundehaufen seien, aber bis jetzt konnte ich das nicht feststellen. »Du kennst Paris schon dein ganzes Leben«, fahre ich fort. »Du sprichst fließend Französisch, du kleidest dich europäisch …«
»Pardon?«
»Du weißt schon. Gute Kleider, gute Schuhe.«
Er hält seinen linken Fuß hoch, der in einem abgelaufenen, unförmigen Stiefel steckt. »Solche?«
»Na ja, nein. Aber du trägst keine Turnschuhe. Ich falle total auf. Und ich kann kein Französisch, ich habe Angst vor der Metro, und ich sollte wahrscheinlich hochhackige Schuhe tragen, aber ich hasse hohe Absätze …«
»Ich bin froh, dass du keine trägst«, unterbricht mich St. Clair. »Dann wärst du größer als ich.«
»Ich bin größer als du.«
»Kaum.«
»Bitte. Ich bin fast acht Zentimeter größer als du. Und du hast Stiefel an.«
Er stupst mich mit der Schulter an und ich lächle. »Entspann dich«, sagt er. »Du bist mit mir zusammen. Ich bin praktisch Franzose.«
»Du bist Engländer.«
Er grinst. »Amerikaner.«
»Amerikaner mit britischem Akzent. Haben die Franzosen da nicht doppelt was zu hassen?«
St. Clair verdreht die Augen. »Du solltest nicht so viel auf Klischees geben und dir lieber deine eigenen Meinungen bilden.«
»Ich gebe nichts auf Klischees.«
»Ach nein? Na gut, dann klär mich auf.« Er zeigt auf die Füße eines Mädchens, das vor uns geht. Sie schnattert auf Französisch in ein Handy hinein. »Was genau hat sie da an?«
»Turnschuhe«, murmle ich.
»Interessant. Und dann die Männer da drüben, auf der anderen Seite des Bürgersteigs. Würdest du mir bitte erklären, was der linke trägt? Diese merkwürdigen Apparate, die er sich an die Füße geschnallt hat?«
Natürlich sind es auch Turnschuhe. »Aber hey. Siehst du den Typen da drüben?« Ich nicke in Richtung eines Mannes in kurzer Jeanshose und Budweiser-T-Shirt. »Bin ich nicht auch so eindeutig?«
St. Clair sieht mit zusammengekniffenen Augen zu ihm hinüber. »Eindeutig, was? Unter Haarausfall leidend? Übergewichtig? Geschmacklos?«
»Amerikanisch.«
Er seufzt theatralisch. »Ganz ehrlich, Anna. Du musst darüber wegkommen.«
»Was ist mit der da?« Ich zeige auf eine Frau in mittlerem Alter, die khakifarbene Shorts und ein Stricktop mit Stars und Stripes darauf trägt. Sie hat eine Kamera an den Gürtel geschnallt und streitet mit einem Mann im Anglerhut. Vermutlich ihr Ehemann.
»Absolut furchtbar.«
»Ich meine, bin ich so eindeutig wie sie?«
»In Anbetracht der Tatsache, dass sie die amerikanische Flagge trägt, würde ich mir erlauben, diese Frage mit Nein zu beantworten.« Er knabbert an seinem Daumennagel. »Hör mal. Ich glaube, ich weiß eine Lösung für dein Problem, aber du musst ein
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