Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
bisschen warten. Versprich mir nur, dass du mich nicht mehr bittest, dich mit fünfzigjährigen Frauen zu vergleichen, dann kümmere ich mich um alles.«
»Wie denn? Womit? Mit einem französischen Pass?«
Er schnaubt verächtlich. »Ich habe nicht gesagt, dass ich eine Französin aus dir mache.« Ich öffne den Mund, um zu protestieren, aber er kommt mir zuvor. »Abgemacht?«
»Abgemacht«, sage ich und fühle mich nicht wohl dabei. Ich mag keine Überraschungen. »Aber ich hoffe, es ist was Gutes.«
»Oh, das ist es.« Und St. Clair macht ein so selbstgefälliges Gesicht, dass ich ihn gerade darauf festnageln will, als ich plötzlich merke, dass ich unsere Schule nicht mehr sehen kann.
Ich glaube es einfach nicht. Er hat mich völlig davon abgelenkt.
Ich erkenne die Symptome nicht sofort, aber meine Fersen federn und mein Magen kribbelt. Endlich freue ich mich, dass wir ausgehen! »Wo wollen wir eigentlich hin?« Ich schaffe es nicht, meine Stimme unaufgeregt klingen zu lassen. »An die Seine? Ich weiß, sie muss da irgendwo sein. Setzen wir uns ans Ufer?«
»Verrate ich dir nicht. Geh einfach weiter.«
Ich lasse das so gelten. Was stimmt nur nicht mit mir? Zum zweiten Mal in einer Minute lasse ich zu, dass er mich im Ungewissen lässt. »Oh! Du musst dir das hier zuerst ansehen.« Er packt mich am Arm und zieht mich über die Straße. Ein wütender Rollerfahrer drückt auf seine mickrige Hupe und ich lache.
»Warte, was …« Und dann verschlägt es mir den Atem.
Wir stehen vor einer riesigen Kathedrale. Vier dicke Säulen stützen eine gotische Fassade mit beeindruckenden Statuen, Rosetten und kunstvollen, eingemeißelten Bildern. Ein schmaler Glockenturm erstreckt sich bis hoch oben in den pechschwarzen Nachthimmel. »Wie heißt sie?«, flüstere ich. »Ist sie berühmt? Sollte ich sie kennen?«
»Das ist meine Kirche.«
»Du gehst dahin?« Ich bin überrascht. Er kommt mir gar nicht wie jemand vor, der in die Kirche geht.
»Nein.« Er weist mit dem Kinn auf eine Steintafel, die ich lesen soll.
»Saint-Étienne-du-Mont. Hey! Saint Étienne.«
Er lächelt. »Ich war immer schon ein wenig besitzergreifend, was die Kirche betrifft. Meine Mutter hat mich als Kind häufig hierher mitgenommen. Wir haben uns ein Picknick mitgebracht und es gleich hier auf der Treppe gegessen. Manchmal hat sie auch ihr Skizzenbuch mitgebracht und die Tauben und Taxis gezeichnet.«
»Deine Mutter ist Künstlerin?«
»Malerin. Ihre Arbeiten sind im Museum of Modern Art in New York ausgestellt.« Er klingt stolz und mir fällt wieder ein, was Meredith gesagt hat – dass St. Clair Josh bewundert, weil er so toll zeichnen kann. Und dass St. Clairs Vater zwei Kunstgalerien besitzt. Und dass St. Clair dieses Semester praktische Kunst belegt hat. Ich frage mich laut, ob er auch ein Künstler ist.
Er zuckt mit den Schultern. »Eigentlich nicht. Ich wünschte, ich wäre es. Dieses besondere Talent hat meine Mutter mir nicht vererbt, nur den Sinn dafür. Josh ist viel besser. Oder auch Rashmi, wenn wir schon dabei sind.«
»Du verstehst dich gut mit ihr, oder? Mit deiner Mom, meine ich?«
»Ich liebe meine Mum.« Er sagt das ganz nüchtern, ohne eine Spur von Scham, die für einen Teenager vielleicht typisch wäre.
Wir bleiben vor der Flügeltür der Kathedrale stehen und blicken an der Fassade hinauf. Ich stelle mir meine eigene Mom vor, wie sie Schnappschildkrötendaten in unseren heimischen Computer eingibt, was sie normalerweise abends macht. Nur dass es in Atlanta gerade nicht Abend ist. Vielleicht kauft sie gerade Lebensmittel ein. Watet im Chattahoochee. Sieht sich Das Imperium schlägt zurück mit Sean an. Ich habe keine Ahnung und das stört mich.
Schließlich bricht St. Clair das Schweigen. »Komm, gehen wir weiter. Es gibt noch so viel zu sehen.«
Je weiter wir kommen, desto voller werden die Straßen. St. Clair erzählt von seiner Mom. Dass sie Pfannkuchen mit Schokostückchen zum Abendessen und Thunfisch-Nudel-Auflauf zum Frühstück macht. Dass sie jedes Zimmer in ihrer Wohnung in einer anderen Farbe des Regenbogens gestrichen hat. Dass sie falsche Schreibweisen ihres Namens auf Werbebriefen sammelt. Von seinem Vater erzählt er nichts.
Wir kommen an einem weiteren gewaltigen Bauwerk vorbei. Dieses sieht aus wie die Ruine einer mittelalterlichen Burg. »Wow, überall Geschichte«, stelle ich fest. »Was ist das hier? Kann man da reingehen?«
»Ein Museum. Klar kann man da reingehen. Aber nicht heute Abend.
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