Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
dass jeder, der hier steht, irgendwann einmal nach Paris zurückkehrt. Und so wie ich es verstanden habe, ist ein Jahr für dich schon ein Jahr zu viel. Richtig?«
Ich schließe die Augen. Ich sehe Mom und Seany vor mir. Bridge. Toph. Ich nicke.
»Na siehst du. Also halte die Augen geschlossen. Und wünsch dir was.«
Ich atme tief ein. Die kühle Feuchtigkeit der in der Nähe stehenden Bäume füllt meine Lungen. Was will ich eigentlich? Das ist eine schwierige Frage.
Ich will nach Hause, aber ich muss zugeben, dass ich den heutigen Abend genossen habe. Und was ist, wenn das hier das einzige Mal in meinem ganzen Leben ist, dass ich Paris besuche? Ich weiß, ich habe St. Clair gerade gesagt, dass ich nicht hier sein will. Aber ein Teil von mir – ein winziger, klit zekleiner Teil – ist auch neugierig. Wenn mich mein Vater morgen anrufen und nach Hause beordern würde, wäre ich vielleicht enttäuscht. Ich habe noch nicht die Mona Lisa gesehen. War noch nicht auf dem Eiffelturm. Bin noch nicht unter dem Triumphbogen entlangspaziert.
Was will ich also?
Ich will Tophs Lippen noch mal spüren. Ich will, dass er auf mich wartet. Aber ein anderer Teil von mir – ein Teil, den ich zutiefst verabscheue –, weiß auch, dass ich nächstes Jahr zum Studieren wegziehen werde, selbst wenn wir es bis dahin schaffen. Also würde ich ihn dieses Jahr zu Weihnachten und nächsten Sommer sehen und dann … würde es das dann gewesen sein?
Und dann ist da noch etwas.
Das, was ich zu ignorieren versucht habe. Was ich nicht wollen darf und was ich nicht haben kann.
Und er steht in diesem Moment genau vor mir.
Was soll ich mir also wünschen? Etwas, von dem ich nicht sicher bin, ob ich es will? Jemanden, von dem ich nicht sicher bin, dass ich ihn brauche? Oder jemanden, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht haben kann?
Scheiß drauf. Soll das Schicksal entscheiden.
Ich wünsche mir das, was für mich am besten ist .
Das ist doch mal eine schöne Verallgemeinerung. Ich öffne die Augen und der Wind weht jetzt kräftiger. St. Clair streicht sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Muss ja ein guter Wunsch gewesen sein«, sagt er.
Auf dem Rückweg machen wir Halt an einem Sandwichstand an der Straße, um noch eine Kleinigkeit zu essen, auch wenn es schon spät ist. Von dem Hefegeruch läuft mir das Wasser im Mund zusammen und mein Magen knurrt voller Vorfreude. Wir bestellen Panini – Sandwiches, die auf dem Grill flach gepresst werden. St. Clair lässt seines mit Räucherlachs, Ricotta-Käse und Schnittlauch füllen. Ich nehme Parmaschinken, Fontina-Käse und Salbei. Er nennt es Fastfood, aber was wir bekommen, hat nichts mit den labbrigen Subway-Sandwiches zu tun.
St. Clair hilft mir, mit Euro zu bezahlen. Zum Glück ist das nicht allzu schwer. Scheine und Münzen gibt es in einfachen, einheitlichen Werten. Wir zahlen, schlendern die Straße entlang und genießen die Nacht. Kauen unser knuspriges Brot. Lassen den warmen, klebrigen Käse am Kinn hinunterlaufen.
Ich stöhne vor Vergnügen.
»Hast du gerade einen Essgasmus?«, fragt er und wischt sich Ricotta von den Lippen.
»Wo warst du bloß bisher in meinem Leben?«, frage ich das herrliche Panino. »Wie ist es möglich, dass ich noch nie so ein Sandwich gegessen habe?«
St. Clair nimmt einen großen Bissen. »Mmmph grmpha mrpha«, antwortet er grinsend. Was wahrscheinlich so viel heißen soll wie: »Weil amerikanisches Essen Mist ist.«
»Mmmph mrga grmpha mmrg«, erwidere ich. Was heißen soll: »Ja, aber unsere Burger sind ziemlich gut.«
Wir lecken sogar das Papier ab, in das die Sandwiches eingewickelt waren, bevor wir es wegwerfen. Was für eine Wonne. Wir sind schon fast wieder bei unserem Wohnheim und St. Clair erzählt gerade, wie er und Josh nachsitzen mussten, weil sie Kaugummis an das Deckengemälde geworfen haben – sie wollten einer von den Nymphen eine dritte Brustwarze verpassen –, als mein Gehirn etwas zu verarbeiten beginnt. Etwas Merkwürdiges.
Wir sind gerade am dritten Kino in einem Häuserblock vorbeigekommen.
Zugegeben, es sind kleine Kinos. Sehr wahrscheinlich nur mit jeweils einer Leinwand. Aber drei Stück. In einem Block! Warum sind sie mir vorher nicht aufgefallen?
Ach so. Na klar. Der süße Typ.
»Zeigen die auch Filme auf Englisch?«, unterbreche ich ihn.
St. Clair macht ein verwirrtes Gesicht. »Wie bitte?«
»Die Kinos. Gibt es hier welche, die Filme auf Englisch zeigen?«
Er zieht eine Augenbraue hoch. »Sag nicht, du
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