Herzklopfen für Anfänger
passte zum Beginn der Sommerferien. Es sei denn – siehe oben.
Als ich am Oxford Circus aus der U-Bahn kam und mir langsam einen Weg durch die Touristenscharen zum Restaurant bahnte, war ich fast eine Dreiviertelstunde zu spät dran.
Ich hatte Morgan angerufen, um ihr Bescheid zu sagen. Als ich ankam, saß sie bereits am Tisch, die Speisekarte aufgeschlagen vor sich. Auf einem Beistelltisch stand eine Flasche Wein in einem Kühler. Als sie mich sah, holte sie sie heraus.
»Bist du mit dem Auto gekommen?«, fragte sie mich.
»Nein«, antwortete ich und zog mein Jackett aus. »Briony musste nach Oxted, und sie hat mich am Bahnhof abgesetzt. Ich nehme mir nachher ein Taxi.«
»Gut«, sagte sie und füllte mein Glas bis fast zum Rand. »Ich habe heute Nachmittag frei, und ich glaube, ich möchte mich betrinken.«
Morgan sah wieder aus wie immer. Schick und gepflegt in ihrem engen Kostüm. Ihre Stimme klang noch ein wenig angeschlagen, aber das war normal. Ich setzte mich und schlug ebenfalls die Speisekarte auf. Ein nettes Restaurant. Es würde uns guttun. Vielleicht würde ich mir auch einen kleinen Schwips antrinken. Warum nicht? Der Kellner trat lächelnd an den Tisch, entfaltete meine Serviette und legte sie mir über die Knie.
»Ach«, sagte ich, ergriff mein Glas und trank einen Schluck. »Das ist also der Plan? Meiner Erfahrung nach ist es nicht besonders klug, sich mittags zu betrinken. Als ich das zum letzten Mal gemacht habe, bin ich mit einem elektrischen Entsafter nach Hause gekommen.«
Sie lächelte. »Einzukaufen brauche ich heute nicht, Mum. Das habe ich schon hinter mir. Ich dachte, wir unterhalten uns einfach. Vielleicht fahren wir später mit einem Taxi zur Tate Modern. Dort gibt es eine neue Ausstellung, die ich mir gern anschauen möchte. Wenn ich mich noch konzentrieren kann.«
Ihr Lachen klang ein wenig gezwungen.
»Und, wie läuft es mit Cody?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Cody ist – na ja, ich würde sagen, es geht ihm so, wie es zu erwarten war. Er hat natürlich seinen Job verloren, aber das wäre über kurz oder lang sowieso passiert. Und meiner Ansicht nach ist es besser so. Er will sich einschreiben.«
»Was, auf dem College?«
Sie nickte. »Sein Vater ist davon nicht besonders beeindruckt, aber er gibt ihm wenigstens einen Teilzeitjob.« Codys Vater war Teilhaber eines großen Architekturbüros.
»Und du?«
»Ich weiß noch nicht. Ein Schritt nach dem anderen.«
»Aber die Hochzeit ist definitiv abgesagt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nur verschoben.« Sie spielte mit ihrer Gabel. »Ich kann ihn nicht einfach sitzen lassen, Mum. Ich liebe ihn. Ich weiß, was Dad sagt, ist alles vernünftig. Aber ich kann das nicht. Ich liebe ihn.«
Seit Jonathans erregter Predigt am Sonntagabend hatte ich kaum mit ihm gesprochen. Es hatte sich nichts geändert. Dann war er nach London gefahren, spät am Dienstagabend wiedergekommen, und heute früh schon weg gewesen, bevor ich aufstand. Aber mir war das nur recht. Wenn ich ihn nicht zu häufig sehen musste, konnte ich wenigstens mit dem Gedanken spielen, den Rest meines Lebens mit ihm und ohne Nick zu verbringen. Gäbe es nur einen einzigen Streit, ein einziges böses Wort, dann würde ich das nicht schaffen. »Was hat Dad denn gesagt?«
»Ach, das Übliche. Dass Cody nichts taugt, dass er es wieder tun wird, dass ich etwas Besseres verdient habe, dass ich mir alles offenhalten sollte, dass auch andere Mütter schöne Söhne haben und so weiter. Das stimmt wahrscheinlich auch alles, aber es ist bedeutungslos. Ich will keinen anderen. Ich habe mir den ausgesucht, den ich haben will. Er muss bloß noch ein bisschen überholt und poliert werden.«
Mir gefiel ihre Metapher, aber mit ihrer Aussage war ich nicht so einverstanden. »Es ist ein Irrglaube, dass man jemanden ändern kann, Morgan.«
»Wer sagt denn, dass ich ihn ändern will? Ich will ihn nicht ändern. Ich rede von Unterstützung und Respekt, davon, ihm eine Chance zu geben, so zu sein, wie er ist. Alle erwarten von ihm, dass er sich auf eine bestimmte Weise verhält. Diese lächerlichen Erwartungen behindern ihn. Wäre ich mit jemandem verlobt, der auf einmal an MS oder so etwas erkrankt, dann würde doch auch niemand von mir erwarten, dass ich ihn verlasse. Ich sehe da keinen großen Unterschied. Er braucht nur ein bisschen Zeit, um herauszufinden, wie er wirklich sein will.«
Und er musste natürlich erst einmal die Gerichtsverhandlung überstehen. Aber daran
Weitere Kostenlose Bücher