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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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Opfer, nicht du.«
    Er stupste mich mit dem Ellbogen an.
    »Ah, aber es hat wahrscheinlich was mit Anziehungskraft zu tun. Vielleicht hast du eine besondere Aura oder so. Wenn ich auch nur einen Funken Verstand hätte, würde ich einen weiten Bogen um dich machen. Aua! Siehst du? Wegen dir bin ich in ein Loch getreten. Wie gesagt, du bist schlecht für meine Gesundheit.«
    Trotzdem sah er bereits wesentlich besser aus. Die Schmerztabletten hatten gewirkt, und meine Panik, er würde ins Koma fallen, war vergessen. Gestützt von meiner Hand ließ er sich ins Gras sinken, dann drehte er sich auf seine gute Seite und grinste mich an. »Wir bräuchten eine Pfeife«, sagte er.
    Ich setzte mich neben ihn. Das Gras war stachelig und voller Dornen. »Eine Pfeife? Wofür?«
    »Erste Orientierungsregel. Du musst immer eine Pfeife dabeihaben.« Er grinste. »Falls du deine Karte verlierst.«
    »Und wie lautet die zweite Regel?«
    »Äh … weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich, dass man immer ein Fahrrad dabeihaben sollte. Oder sich nur in einer bewohnten Gegend orientieren sollte. Oder nein. Wahrscheinlich, dass du die erste Regel ignorieren sollst und unter keinen Umständen deine Karte verlieren darfst.«
    Ich saugte an dem Grashalm, den ich ausgerissen hatte und lauschte auf das ferne Rauschen der Brandung. Was mochte meine Familie wohl gerade machen? Sie schienen weit weg zu sein.
    »Gibt es eine Regel für Weingummis?«, fragte ich ihn.
    »Das bezweifle ich sehr. Warum?«
    »Weil ich gern einmal etwas richtig machen würde, und ich habe zufällig eine Rolle Weingummis in der Tasche. Möchtest du eins?«
    Er stützte sich vorsichtig auf einen Ellbogen. »Wahnsinn, ich glaube, ich habe seit zwanzig Jahren keine Weingummis mehr gegessen.«
    Ich kramte in den Taschen meiner Barbourjacke. »Ich dachte zumindest, ich hätte sie dabei. Oh nein – ich weiß. Ich habe sie in die Jagdtasche gesteckt.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Wohin?«
    »In die Jagdtasche.« Ich hob die Klappe an und schob meine Hand hinein. »In die tragbare Jagdtasche. Da hinein steckst du die toten Tiere, wenn du sie geschossen hast, damit du deine Kleidung nicht schmutzig machst.«
    »Igitt, das ist ja ekelhaft«, sagte er und blickte mich an. Er stützte sein Kinn in die Hand. Auf seinem Kinn zeigten sich bereits die ersten schwarzen Bartstoppeln. »Ich hoffe, es liegen keine toten Tiere bei den Weingummis.«
    Ich schüttelte den Kopf und zog die Tasche heraus. »Es sei denn – hey! Ich habe tatsächlich eine Pfeife. Natürlich!« Ich kramte in dem Beutel. »Mann, ich bin so blöd. Ich habe Merlins Pfeife. Hier!« Ich zog sie heraus und reichte sie ihm. »Einen Versuch ist es wert, oder?«
    Er drehte sie zwischen den Fingern, dann setzte er sie an die Lippen und blies.
    »Aber sie funktioniert nicht.«
    »Doch, doch. Du kannst sie nur nicht hören, weil es die falsche Frequenz für menschliche Ohren ist. Aber ich dachte, wenn vielleicht jemand mit einem Hund nach uns sucht.«
    »Oder vielleicht auch nur ein Hund. Ein wilder Hund. Ein Rudel wilde Hunde vielleicht. Oder Wölfe. Gibt es in Wales nicht Wölfe? Vielleicht sollten wir lieber irgendwo Schutz suchen?« Seine Augen schimmerten im Mondlicht. Er begann zu lachen.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich. »Ich glaube es zumindest nicht. Nein, natürlich nicht.«
    »Man weiß es ja nie. Vielleicht hört Merlin sie und kommt uns zu Hilfe.« Er lachte. »Mann, du hast mir damals in der Nacht einen solchen Schrecken eingejagt. Du und dein riesiger Hund. Deine Haare standen wild vom Kopf ab, und du hattest so einen manischen Ausdruck in den Augen. Ich dachte, du wolltest mich ermorden.«
    »Ich? Ich habe dir Angst eingejagt? Na, das ist ein Ding. Stell dir vor, wie ich mich gefühlt habe! Ich fahre fröhlich vor mich hin, und dann kommt dieser Verrückte mitten auf der Straße direkt auf mich zugerast. Ich dachte schon, ich müsste sterben.«
    »Aber du hast es überlebt. Also standst du anscheinend an diesem Tag nicht auf der Liste.« Er wandte sich zu mir. »Glaubst du an Schicksal?«
    »Ich glaube an die Straßenverkehrsordnung. Bisher hat sie mir immer genützt.«
    »Nein, ich meine wirklich.«
    »Nein. Überhaupt nicht. Jeder ist seines Glückes Schmied. Glaubst du denn daran?«
    »Ich meinte nicht Glück, sondern Schicksal im Sinn von Zufällen. Aber du hast wahrscheinlich recht. Trotzdem komisch, dass wir zwei fast zusammengestoßen sind, oder? Und dann tauchst du drei Tage später auf der

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