Herzklopfen für Anfänger
Kates Laune hob sich merklich, als sie feststellte, dass wir an den Schalter für die Businessklasse gingen.
»Cool«, sagte sie.
Ich winkte ihnen nach. Sie würden sicher eine schöne Zeit auf Malta haben.
Und dann war ich allein.
Kurz nach sechs kam ich vom Flughafen nach Hause. Die Sonne stand hoch am Himmel, und mein Herz klopfte. Ich würde mit Merlin einen schönen langen Spaziergang machen, um mich zu beruhigen.
Ich fuhr zum Ashdown Forest. Am Horizont stand eine kleine, niedrige Wolke, und die Luft wurde langsam kühl. Ich ließ Merlin von der Leine und begann den langen Aufstieg auf den Hügel. Hoffentlich fing es nicht an zu regnen.
Gerade hatte ich den Gipfel erreicht, als mein Handy piepste.
Hallo. Bin gerade nach Hause gekommen. Wo bist du?
Ich blieb stehen. Merlin schnüffelte ein Stück vor mir an einem Ginsterbusch. Plötzlich empfand ich meine Freiheit als große Last. Der Geruch der Blätter und der Walderde erinnerte mich an unser Abenteuer in Wales. Wie verführerisch, es ihm gleich zu sagen. Wie schön es doch wäre, wenn er herkommen und sich mit mir treffen würde. Aber das ging nicht. Die Gefahr war zu groß, dass Nick sofort herbeieilen würde, wenn ich ihm sagte, wo ich war. Das durfte ich nicht riskieren.
Bin mit dem Hund unterwegs, erwiderte ich. Beine tun weh. Müde. Wie war es in Brighton?
Er antwortete sofort.
Sehr langweilig. Wünschte, ich hätte auch einen Merlin. Wo gehst du spazieren?
Erneut blieb ich stehen. Eine Welle von Verlangen überlief mich.
Hier und da, schrieb ich zurück. Über Berg und Tal.
Wäre schön, wenn ich mitkommen könnte. Wo?, kam die Antwort.
Es war eine rhetorische Frage. Das konnte gar nicht anders sein, denn Nick Brown konnte nicht wissen, dass ich ohne meine Familie unterwegs war. Aber sie führte mir meine Situation glasklar vor Augen. Ich war eine Frau mit einer gefährlichen Leidenschaft.
Und dann wurde mir auf einmal klar, dass die Frage keineswegs rhetorisch war. Nick war ja nicht blöd. Wenn ich wirklich mit Jonathan oder Kate spazieren gegangen wäre, hätte ich ihm ja wohl kaum eine SMS geschickt, oder? Ich musste wohl ein bisschen entschlossener werden. Und vor allem musste ich gut aufpassen, ihm nicht zu verraten, dass ich allein war.
Ich schaltete das Handy aus und steckte es in die Tasche. Das war kein Spiel.
Aber da meine Entschlossenheit nur vorgetäuscht war, fühlte ich mich der Aufgabe nicht gewachsen, ihn mir vom Leib zu halten. Als ich ihn am Montagmorgen wiedersah, brachen alle Dämme. Wem wollte ich etwas vormachen? Ich war rettungslos in ihn verliebt. Es war ein Glück, dass wir uns im Unternehmen sehen konnten. Er hielt am Montagmorgen eine kurze Besprechung ab, um uns darüber zu informieren, dass die Festlichkeiten, die den »Großangriff« begleiteten, am zehnten August stattfinden würden. Komisch, dass Unternehmen ihre kommerziellen Vorstöße so häufig mit Kriegstaktiken vergleichen. Aber natürlich war Drug-U-Like eine amerikanische Firma. Vielleicht dachten sie ja, dass sie dadurch ein paar Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg anlocken und mehr Brillen verkaufen konnten.
Nick Brown hätte mir alles verkaufen können. Atemlos beobachtete ich ihn, wie er arbeitete, redete, sich bewegte und atmete.
»Wie geht es dir?«, fragte er lautlos, als wir nach der Sitzung an der Kaffeemaschine standen.
»Schrecklich«, flüsterte ich und lächelte ihn kokett an. Ich konnte nicht anders. Er bewirkte das einfach bei mir.
»Später?«, fragte er und reichte mir einen Plastikbecher.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich.
Und dann stand Russell da und wedelte mit den Armen in der Luft herum.
»Na, komm schon, beweg dich, Matthews. Hör auf, die Maschine zu belagern. Und du hast bestimmt schon wieder alle gefüllten Plätzchen stibitzt, was?« Er wandte sich an Nick. »Sie müssen wie ein Habicht auf sie aufpassen, wenn Plätzchen in der Nähe sind.«
Nick lächelte und ging weg. Und er blieb den ganzen Tag über verschwunden. Ich sah und hörte nichts mehr von ihm. Aber das war in Ordnung. Das war der Raum, den ich brauchte. Raum und Zeit zum Nachdenken.
Als ich jedoch um halb sieben mit Ruth und Russell im Pub saß, durchzuckte mich eine leise Angst, weil er nach unserem kurzen Gespräch heute früh keine SMS mehr geschickt hatte. Ob er wohl auf Distanz gegangen war, weil er das Gefühl hatte, ich würde ihn meiden? Oder wartete er darauf, dass ich den nächsten Schritt machte? Ich kam mir vor wie ein
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