Herzklopfen in Virgin River (German Edition)
wo er mich erreichen kann, wenn er mich braucht, was immer mal wieder vorkommt.“
„Was soll das heißen?“
„Wir leben zwar schon länger nicht mehr zusammen, aber er hat nie den Kontakt zu mir abgebrochen.“
„Ach ja?“
Annalee verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Hat Aiden Sie in dem Glauben gelassen, dass wir uns seit acht Jahren weder gesehen noch gesprochen haben? Hat er das echt getan? Nun, das würde mich nicht überraschen – mein Mann verfügt nur über eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Ich bin bis vor ein paar Jahren in San Diego geblieben, bis ich endlich versuchte, einen klaren Schnitt zu machen. Bitte, seien Sie vorsichtig. Aiden kann Frauen alles weismachen. Das habe ich auf die harte Tour lernen müssen – es ist gefährlich, ihn damit zu konfrontieren oder sich mit ihm zu streiten. Er hat ein sehr hitziges Gemüt.“
„Aiden?“, stieß Erin entgeistert hervor.
„Sie kennen ihn noch nicht so lange, oder, Erin?“ Annalee wirkte traurig und gepeinigt. „Nehmen Sie sich vor ihm in acht. Meistens ist er ein Engel, der sexyste Engel der Welt, allerdings kann er seinen Ärger nicht gut im Zaum halten. Er ist leicht reizbar.“
Dann hob sie die Hand, winkte und stieg ins Auto. Sie fuhr ein Stück rückwärts, drehte und entfernte sich langsam, die Straße hinunter, von der Blockhütte weg.
Erin spürte, wie es sie eiskalt überlief, konnte den Grund dafür jedoch nicht genau benennen. Lag es an der perfekten kleinen Schönheit, die sich eine zweite Chance bei ihrem Bald-Exmann erhoffte? Oder an Aiden, von dem sie dachte, ihn so gut zu kennen, und den sie vielleicht nicht einmal ansatzweise kannte. Aiden, der sie vor ein paar Tagen vor lauter Wut grob angefasst hatte.
Sie bevorzugte den Gedanken, dass die junge Frau log. Das Problem daran war, dass es keine wirkliche Möglichkeit gab, eine ihrer Beschuldigungen zu überprüfen. Nicht eine einzige.Als Anwältin für Steuer- und Immobilienrecht hatte Erin schon oft erlebt, dass Mandanten unglaubliche Lügen mit der Unschuld eines Babys vortrugen. Es ging um Geld, manchmal um riesige Summen. Schuldzuweisungen und Eide auf einen Stapel Bibeln nutzten in rechtlichen Dingen überhaupt nichts alles musste beleg- und beweisbar sein.
Wie aber bewies man, dass der Freund seine Exfrau nicht anrief? Oder sie vielleicht ab und zu mal traf? Wem glaubte man, wenn die Geschichten so voneinander abwichen?
Erin wählte die Nummer von Ron Preston. „Hat dein neuer Klient, Aiden Riordan, zufällig erwähnt, wer ihn an dich verwiesen hat?“
„Ja, und vielen Dank, Erin.“
„Hat er zufällig auch erzählt, weshalb ich ihn an dich verwiesen habe?“
„Er hat dich an diesem Urlaubsort, wo deine Blockhütte steht, kennengelernt?“, antwortete er fragend. „Hmm. Ja, das ist richtig. Er hat mich kennengelernt, wurde zu einem Freund, traf sich regelmäßig mit mir, und nun ist seine Exfrau aufgetaucht, um ihm mitzuteilen, dass er gar nicht geschieden ist. Er sagt, dass sie sich nach drei Monaten Ehe getrennt und seit acht Jahren nicht mehr gesehen hätten. Sie behauptet, dass sie drei Jahre zusammen gewesen seien, die Scheidungspapiere mehr als einmal ausgefüllt hätten und seitdem in Kontakt geblieben wären.“ Im körperlichen Sinne? „Erin, ich darf das nicht mit dir besprechen …“ „Das verstehe ich, Ron. Das Problem ist, dass sich diese Story nicht überprüfen lässt, und ich will am Ende nicht …“ Sie brachte es nicht über sich, den Satz zu beenden. Benutzt? Belogen? Manipuliert werden?
„Ich verstehe dich vollkommen“, meinte Ron. „Du bist gefühlsmäßig in die Sache involviert. Deshalb erzähl ich dir jetzt was, das du selbst weißt. Wenn ich Mandanten habe, deren Geschichte überhaupt nicht mit der der gegnerischen Partei übereinstimmt,höre ich ihnen sehr aufmerksam zu, durchleuchte die Fakten, tue alles, um meine Klienten anständig zu vertreten, allerdings glaube ich ihnen nicht unbedingt. Das heißt nicht, dass er oder sie lügt, sondern nur, dass es mehrere Aussagen gibt, bei denen sich nicht sagen lässt, was wahr oder gelogen ist. So viel zum Arbeitsablauf, Erin. Möge der Bessere gewinnen.“
„Und falls eines der Nebenprodukte dieses Ablaufs bedeutet, dass ich emotional aufgerieben werde?“, fragte Erin sarkastisch.
„Es gibt kein Gesetz, dass du alles glauben musst, was du hörst. Entspann dich. Lass dich nicht zermürben.“
Erin stieß einen tiefen Seufzer aus. „Danke“, erwiderte sie.
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