Herzkurven
rotem Gesicht und schwarzen Haaren auf einem Krankenhausbett und lächelten.
Pats geheimes Leben.
Wut brodelte in Ross wie schlechter Kaffee. Wie hatte Pat seine Familie nur von solch kostbaren Momenten ausschließen können?
Deryl marschierte mit einem Tablett mit zwei dampfenden Tassen darauf wieder in den Raum und stellte es auf dem verkratzten Couchtisch zwischen den Sofas ab. Ross dankte ihr, rümpfte die Nase und nippte. Der Tee verätzte ihm fast die Kehle und trieb ihn in einen Hustenanfall.
Deryl schlug ihm auf den Rücken. »Der hat Rückgrat, hm?«
»Wirst du aufhören zu atmen?«, fragte Matt hoffnungsfroh. »Mein Lehrer hat uns alles über den Heimlich-Griff beigebracht. Ich kann ihn dir zeigen, wenn du willst.«
»Ich werde nicht aufhören zu atmen«, keuchte Ross und schnüffelte unauffällig an dem Tee.
Er stank nach Alkohol.
»Iss ’n guter Schuss Whisky drin«, erklärte Deryl. »Ich peppe ihn immer ein wenig auf, wenn das Wetter so is’.«
Ross schaute aus dem Fenster auf die Bäume, die sich im Sturm vor einem stahlgrauen Himmel bogen. Der Frühling in Auckland entpuppte sich als Herausforderung, mit buchstäblich allen vier Jahreszeiten an einem Tag, aber er fand nicht, dass Deryl das Wetter als Ausrede dafür verwenden konnte, den Tee »aufzupeppen«, und war nicht besonders begeistert von Dannys Wahl des Babysitters. Deryl schien genau zu wissen, was er dachte. In ihren Augen lag ein bösartiges Funkeln, und ihr Lächeln wirkte hart. Sie kippte sich ihre Tasse Tee hinter die Binde und verließ den Raum, um nach dem Essen zu sehen.
Unter dem Vorwand, sich die Bilder auf dem Kaminsims genauer anschauen zu wollen, stand Ross auf und schüttete seine Tasse in eine der Pflanzen neben dem Kamin.
Mia kletterte vom Sofa und kam zu ihm. Sie zeigte auf eines der Bilder. »Das sind Mummy und Tante Danny, als sie jung waren. Sie waren Zwillinge.«
Ross musterte das Foto von zwei blonden kleinen Mädchen, ungefähr im selben Alter wie Mia, die identische pinkfarbene Kleider anhatten, weiße Kniestrümpfe mit Rüschen und glänzende schwarze Stiefel. Jede trug einen Pferdeschwanz mit einer großen rosafarbenen Schleife. Ross konnte erraten, welche der beiden Danny war. Daniella posierte für die Kamera, hielt ihr Kleid am Saum nach außen und hatte ein breites Lächeln auf den Lippen, ganz das Kindermodel. Danny dagegen war nur widerwillige Teilnehmerin: Ihr Lächeln war höflich, aber gelangweilt, ihre Schleife hing schief, und ihre Strümpfe waren bis zu den Knöcheln verrutscht. Ihre gesamte Haltung drückte aus, dass sie den Sinn der Aktion nicht erkannte. Die Mädchen hatten dieselben hellen Haare und bernsteinfarbenen Augen, und auch wenn Daniella hübscher war, wurden seine Augen doch von Dannys kantigerem Gesicht und kompromisslosen Blick angezogen. Sie war bereit, es mit der Welt aufzunehmen und alle in den Hintern zu treten.
Matt schien von dem Buch, das er las, völlig gefesselt zu sein, aber Ross konnte seine Neugier spüren. Er betrachtete Matts schulterlange schwarze Locken und fragte sich, ob er in der Schule wohl gehänselt wurde, weil er die Haare eines Mädchens hatte.
Ross und Pat hatten in der Schule jede Menge Kämpfe ausgetragen, weil genau das passiert war – bis Vito klargeworden war, was geschah. Und sobald einer der Jungs wieder aus einem Kampf wegen seiner Haare mit einem blauen Auge oder einer blutigen Nase hervorgegangen war, hatte ihr Vater ihn zum örtlichen Friseur mitgenommen und ihm seine glänzenden schwarzen Locken abrasieren lassen.
»Ich werde dir niemals vergeben, Vittorio Fabello!«, hatte Breda geschluchzt, als Ross mit einem Kopf nach Hause kam, der gerade noch von feinem Flaum bedeckt war. »Wie konntest du nur die krönende Pracht meines kleinen Jungen abschneiden lassen?«
»Breda,
mia cara!
«, versuchte Vito sie zu besänftigen. »Für die Mädchen ist es eine krönende Pracht. Für die Jungs ist es nur ein Grund, aus dem andere sie in den Arsch treten. Heute hat unser Ross den Kampf gewonnen, aber morgen«, er hob seine Handflächen, »morgen hat er vielleicht weniger Glück.«
Matt sprach plötzlich. »Tante Danny sagt, du bist Schriftsteller.«
»Das stimmt«, bestätigte Ross vorsichtig.
»Sie hat behauptet, dass du nicht deinen eigenen Namen benutzt.«
Ross nickte, überrascht, dass Danny überhaupt mit den Kindern über ihn geredet hatte.
»Bist du RL Stine?«, wollte Matt wissen.
»Nein.«
Er wirkte enttäuscht. »Bist du KA
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