Herzkurven
haben musste. Deryl war Dannys Rettungsanker – ohne ihre Nachbarin konnte sie nicht arbeiten gehen.
*
Danny erzählte Vanessa die ganze grauenhafte Geschichte, als sie sich ein paar Tage später auf einen Kaffee im Einkaufszentrum trafen. Inzwischen hatte Vanessa sich damit abgefunden, Dannys Klagen über Ross Fabello zu lauschen. Sie saß ihr gegenüber, aß einen Kokos-Zitronen-Muffin und nippte an einem Cappuccino, während sie ihre Freundin dabei beobachtete, wie sie ihren Schokoladenmuffin mit einer Gabel attackierte und den Tee kalt werden ließ. Keiner von beiden bemerkte den Mann in Jeans und einem khakifarbenen Sweatshirt, der am nächsten Tisch saß und vorgab, in eine Zeitung vertieft zu sein. Und genau das war auch seine Absicht.
»Ich weiß nicht, warum Leute ihn mit George Clooney verwechseln.« Danny köpfte den Muffin mit einem grausamen Gabelschwung. »Er sieht mehr aus wie Darth Vader.«
»Ich hatte immer eine Schwäche für Darth Vader«, gestand Vanessa. »All meine Freundinnen standen auf Han Solo oder Luke Skywalker, aber ich mochte Darth.«
Danny schnappte sich das Messer von Vanessas Teller. »Ich wette, er hat die Art von Brustbehaarung, die über die Schultern auf den Rücken wandert.«
»Wer – Darth Vader?«
»Wie kann er es wagen, in mein Haus einzudringen?!«
»Wer – Darth Vader?«
»Van, das hier ist ernst!«
Vanessa war es langsam leid, Geschichten über Ross Fabello zu hören. »Ich gebe zu, dass es ziemlich dumm von Deryl war, so eine Aktion abzuziehen, aber Danny – wir reden hier von
Deryl!
«
»Sie ist Abstinenzlerin! Sie wollte nur herausfinden, ob Ross genauso gern trinkt, wie Patrick es getan hat.«
»Und, tut er es?«
»Nein. Er hat seinen Tee in eine der Topfpflanzen gegossen.« Danny kaute auf ihrer Unterlippe. »Weißt du, was mir am meisten Sorgen macht?«
»Was?«
»Die Auswirkungen, die das alles auf Matt und Mia hat. Deryl hat gehört, wie sie sich über Ross unterhalten haben, nachdem er weg war.« Sie wiederholte, was ihre Nachbarin erzählt hatte.
»Oh!« Vanessa seufzte. »Das ist so traurig!« Ihr Ausdruck wurde wild. »Weißt du, was du meiner Meinung nach tun solltest?«
Danny schaute sie hoffungsvoll an. »Ihn ausradieren und an Deryls Schweine verfüttern? Das wäre wie Recycling.«
»Ausradieren? Was liest du gerade?
Der Pate?
«, fragte Vanessa. »Nein. Versteck die Pässe der Kinder! Wenn Ross ihre Pässe nicht hat, kann er sie auch nicht außer Landes bringen.«
In Dannys Bauch bildete sich ein Knoten von Sorge. »Glaubst du wirklich …«
»Warum es riskieren?«
»Ich weiß nicht einmal, wo die Pässe der Kinder sind – oder auch meiner. Nella hat sie irgendwo sicher weggeräumt.«
Vanessa seufzte. »Super! Mit ein bisschen Glück sind sie am selben Platz wie ihr Testament.« Daniellas Versuche, etwas sicher wegzuräumen, waren von wechselhaftem Erfolg gekrönt gewesen. »Finde sie und gib sie mir!« Sie schaute auf die Uhr. »Wir gehen jetzt besser, sonst kommst du zu spät zu deiner Schicht, und ich verpasse meine Enthaarung – obwohl Gott allein weiß, warum ich mir die Mühe mache. Ich bin die einzige Person, die die Haare jemals sieht.« Sie griff unter dem Tisch nach ihrer Tasche.
Danny hielt sie auf. »Das ist meine.«
Sie besaßen beide die gleiche Tasche, die sie in ihrem letzten Auslandsurlaub in Hongkong gekauft hatten – damals, als Danny noch frei und ungebunden gewesen war und Geld besessen hatte. Vanessas Tasche war um den Reißverschluss herum zerrissen, weil sie immer mit einem Notfallvorrat von so gut wie allem herumrannte – Insektenspray, Sicherheitsnadeln, Nähset. Egal, was einem einfiel: Vanessa hatte es dabei. Sie tauschten die Taschen und schlenderten auf die Aufzüge in der Mitte des Einkaufszentrums zu.
Hinter ihnen faltete der Mann die Zeitung zusammen, stand auf und folgte ihnen in diskretem Abstand, während er sich im Geist Notizen machte:
Darth Vader, Pässe, Testament, Mord, Schweine.
Er war der Meinung, dass er die Brusthaargeschichte besser nicht erwähnte.
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Kapitel 7
E s war Lloyd Snedden, der unwissentlich Ross in ihr Leben ließ. Es ging um halb acht Uhr morgens los, als ein Fremder Ross aus einem tiefen traumlosen Schlaf weckte und ins Telefon schrie, dass er kommen und auf die Kinderchen aufpassen müsste, weil seine Alte platt wäre – was auch immer das heißen sollte.
Ross lag auf dem Rücken in einem Knäuel aus Bettzeug, öffnete ein Auge und versuchte,
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