Herzkurven
wahrscheinlich gerade in ihrem baufälligen Haus auf und plante neue Wege, um Ross auszubremsen. Er konnte sich nicht erlauben, sein Vorgehen von Gefühlen beeinflussen zu lassen.
»Wir könnten unseren Fall vor das Familiengericht bringen«, schlug Allan vor.
»Das kostet Zeit, die ich nicht habe«, meinte Ross. »Was ich brauche, ist ein Druckmittel.«
»Benutzen Sie das Haus«, riet Allan. »Ihnen gehören zwei Drittel davon.«
»Was meinen Sie damit?«
»Daniella Lawton ist vor Ihrem Bruder gestorben. In dem gemeinsamen Testament hat sie ihren Teil des Hauses und die Vormundschaft für die Kinder, Matt und Mia Fabello, deren Vater Patrick Fabello übertragen. Patrick wiederum hat seinen Besitz und die Vormundschaft für die Kinder auf Sie übertragen. Wenn Daneka Lawton kein neues Testament vorzeigen kann, in dem etwas anderes steht, gehört ihr ein Drittel des Hauses und der Rest Ihnen.«
*
Ross tauchte unangekündigt um vier Uhr am nächsten Nachmittag auf. Es war ein regnerischer, windiger Tag mit unfreundlichem grauen Himmel. Danny war nicht da. Eine große Frau mit wettergegerbter, brauner, faltiger Haut und graumeliertem Haar kämpfte darum, die Tür zu öffnen, nachdem er geklopft hatte. Dann musterte sie Ross scharf von oben bis unten mit ihren braunen Augen, die Ross an Rosinen erinnerten. Sie trug eine sackartige schwarze Trainingshose und ein beigefarbenes Kapuzenshirt mit Roadrunner auf der Brust. Es war offensichtlich, dass sie im selben Laden einkaufte wie Danny. Ihre Füße steckten in gestrickten Pantoffeln mit Bommeln, von denen Ross einfach wusste, dass sie sie selbst gemacht hatte. Er war in Versuchung, sie zu fragen, ob sie Karten legte oder jonglierte.
»Sind Sie der Bruder?«, fragte sie direkt.
Ross schenkte ihr sein bestes Publicity-Lächeln. »Ja. Ich bin Ross Fabello, Patricks Bruder. Sie müssen die Nachbarin sein, die sich um die Kinder kümmert. Danny hat mir von Ihnen erzählt.«
Vielleicht erweckte er ja den Eindruck, er und Danny hätten sich nett über die Nachbarin und die Kinder unterhalten. Vielleicht redete er ja Mist. Sollten sie ihn doch verklagen!
Die buschigen ergrauenden Augenbrauen der Nachbarin sanken nach unten. Danny hatte Ross offensichtlich tatsächlich erwähnt, und was sie erzählt hatte, war nicht erfreulich gewesen. Also war er überrascht, als sie eine trockene schwielige Hand ausstreckte und seine heftig schüttelte. »Deryl Snedden. Ich nehm an, Sie woll’n reinkommen und die Kinder seh’n?«
»Ja, wenn das in Ordnung ist?«
»Wahrscheinlich nicht.« Deryl drehte sich um und schlurfte den Flur entlang. »Aber wo Sie schon mal da sind, könn’ Sie auch reinkommen.«
Mia und Matt lungerten auf dem Sofa im Wohnzimmer herum. Das Mädchen schaute fern, und der Junge las ein Buch. Wie die Küche war auch das Wohnzimmer mit verschiedensten zusammengewürfelten Möbeln eingerichtet. Es wurde dominiert von zwei großen, weichen, abgewetzten Sofas mit grün-blauem Muster. Weiße Füllung quoll aus mehreren Löchern an den Armlehnen. Zwei von langen cremefarbenen Baumwollvorhängen umrahmte Fenstertüren gaben den Blick auf den Garten frei. Große Pflanzen standen auf beiden Seiten neben einem gemauerten Kamin, der mit goldfarben angemalten Kiefernzapfen gefüllt war. Der helle Teppich war an mehreren Stellen durchgelaufen.
Mia war begeistert, Ross zu sehen. Sie warf sich auf ihn und umarmte ihn. Matt war um einiges schwerer zu durchschauen. Er blieb auf dem Boden vor dem Fernseher sitzen und begrüßte ihn höflich, aber ohne zu lächeln.
Ross setzte sich auf das größere Sofa, in dem sich mehrere große Steine zu verstecken schienen. Damit beabsichtigte Danny wahrscheinlich, unerwünschte Besucher zu vergraulen. »Ist Tante Danny in der Arbeit?«
Mia nickte, schob ihren Po über eine der Beulen im Sofa und setzte sich näher zu Ross.
»Wird nicht vor zehn zu Hause sein.« Deryl verschränkte ihre Arme über dem Roadrunner. »Woll’n Sie ’ne Tasse Tee?«
»Haben Sie auch Kaffee?«
»Nein.«
»Tee wäre toll«, log Ross.
Während Deryl loszog, um den Tee zu machen, betrachtete er die gerahmten Bilder, die überall im Raum verteilt waren. Es beunruhigte ihn, aus manchen von Pats Gesicht angestarrt zu werden. Auf einem Foto lächelten er und ein Mädchen mit langen blonden Haaren in die Kamera, die Köpfe aneinandergelehnt. Auf einem anderen saßen Pat, das blonde Mädchen, ein sehr viel jüngerer, molligerer Matt und ein neugeborenes Baby mit
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