Herzkurven
verkaufen. Ross hatte selbst den Tod von Marilyn Monroe untergebracht – im Buch wurde sie umgebracht, weil sie zu den wenigen Leuten zählte, die die Wahrheit kannten, und bereit war, sie auch öffentlich zu machen.
Danny konnte das Buch nicht weglegen. Der Plot war temporeich, clever und unvorhersehbar. Sie verstand plötzlich, warum Ross in der Welt der Schriftstellerei eine so große Nummer darstellte. Das war deprimierend, und es machte ihr Angst.
Sie erfand jede Menge Wege, um Ross loszuwerden, aber unglücklicherweise stand am Ende jeder Lösung eine Haftstrafe. Er hinterließ Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter, in denen er darauf drängte, die Kinder endlich kennenzulernen. Danny ignorierte sie, obwohl sie wusste, dass sie damit nur ein wenig Zeit gewann. Ross war kein geduldiger Mann, und es half auch nicht gerade, dass die Kinder sich ständig erkundigten, wann sie ihn wiedersehen würden. Sie musste einfach sicher sein, dass er kein emotionaler Dünnbrettbohrer war wie Patrick; und ebenso sicher musste sie sein, dass Ross nicht zu einem Teil des Lebens der Kinder wurde, nur um dann plötzlich zu verschwinden.
»Will er uns nicht sehen?«, fragte Mia. »Ist er wegen des Autositzes wütend?«
»Nein, natürlich nicht, Liebes«, beteuerte Danny. »Er ist den ganzen Weg von Amerika gekommen, um dich und Matt zu sehen. Um so etwas Dummes macht er sich gar keine Gedanken.«
»Er sieht Dad nicht besonders ähnlich«, warf Matt ein. Er hatte die Feindseligkeit zwischen Danny und Ross gespürt, und aus Loyalität gegenüber seiner Tante war er bereit, seinen neuen Onkel abzulehnen.
Danny schämte sich. »Er hat Haare wie du, nur kürzer.«
Matt antwortete nicht. Seine Haare waren ein heikles Thema. Als Danny einmal vorsichtig vorgeschlagen hatte, sie schneiden zu lassen, hatte Matt sich so aufgeregt, dass sie zurückgerudert war. Sie vermutete, dass er das Gefühl hatte, die Erinnerung an seinen Vater zu verraten, falls er sie schneiden ließ, und war erstaunt, dass er in der Schule nicht gehänselt wurde.
Während die Prellungen in ihrem Gesicht verblassten und ihre geschwollenen Augen und die Nase ihre normale Form zurückgewannen, tat Danny etwas, wovon sie nie geglaubt hätte, dass sie es je tun würde. Sie stellte sich tot.
*
Ross hatte es auf Ms. Lawton abgesehen. Seine Versuche, die Kinder zu sehen, liefen ins Leere. Er hinterließ Nachrichten auf Dannys Anrufbeantworter, auf die sich niemals jemand meldete, und das eine Mal, als es ihm gelungen war, sie zu erreichen, hatte sie ihn mit einer lahmen Ausrede abgespeist. Für jeden Anruf bei Danny erhielt er zwei von seiner Mutter, die sich nach den Fortschritten erkundigte, die er dabei machte, Pats Kinder kennenzulernen – die sich auf eine runde Null beliefen.
»Was stimmt nicht, Ross? Du hast dich nicht mit der Tante zerstritten, oder?«, fragte Breda besorgt.
»Nein«, log Ross, »sie ist nur mit ihrem Beruf im Krankenhaus sehr beschäftigt.«
»Eine Krankenschwester!« Krankenschwestern standen ganz oben auf Bredas Liste der Guten und Anständigen. Eine Nonne wäre besser gewesen, aber direkt dahinter rangierte schon die Krankenschwester. »Pats Kinder sind in guten Händen, wenn die Tante eine Krankenschwester ist. Wie ist sie so?«
Ross zermarterte sich das Hirn, um etwas Positives über Danny zu finden. Ein knackiger Hintern, der genau in seine Hand passte, stellte nicht die Art von Information dar, die Breda haben wollte. Noch schlimmer: Sie würde es als Zeichen deuten, dass Ross an Danny interessiert war, und nichts lag ihm ferner. Breda war darauf erpicht, Ross verheiratet zu sehen, damit er weitere kleine Fabellos produzieren konnte, während seine Schwestern herausragende Aufwiegler waren und sich an jeder Situation ergötzten, die ihn vielleicht in Verlegenheit bringen konnte. Schließlich sagte er: »Sie liebt die Kinder wirklich.«
»Oh, Gott behüte sie!«, murmelte Breda. »Und wie alt, hast du gesagt, ist sie, Ross?«
»Habe ich nicht.«
»Entschuldige?«
»Ich glaube so um die dreißig.«
»Oh! Ein vernünftiges Alter also.«
Ein »vernünftiges Alter« hieß in Bredas Sprache: »Sollte längst verheiratet sein und ein paar Kinder haben.«
Ross stöhnte leise.
»Was war das? Geht es dir gut, Ross?«
»Ja, Ma, ganz prima.« Er erzählte ihr, dass Matt genau aussah wie Pat, was sie zum Weinen brachte.
An diesem Punkt kam sein Vater ans Telefon. »Hast du die Dinge mit der Tante in Ordnung gebracht, Ross? Hast
Weitere Kostenlose Bücher