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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
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seine Karte.
     

9
    Im Café ›Randel‹ nippten die Trauergäste an ihren Vorab-Sherrys, während Torsten Tügel in einem Nebenraum Marco Steinmann in die Zange nahm. Der gab die auf ihn ausgestellte Lebensversicherung, einen Haufen Schulden und sogar ein Verhältnis mit der kurvigen Polin zu, beharrte aber weiter auf seinem Alibi. Nun, Fingerabdrücke und weitere Spuren würden ihn schon überführen, versicherte ihm Tügel.
    In dem Moment kam Danzik an und winkte seinen Kollegen zu sich.
    „Ich sag dir, die Spenderszene, da liegt der Schlüssel.“ Und er berichtete Tügel von dem Gespräch mit der Schwester.
    „Ah, da sind Sie ja!“ Professor Korte, ein Glas in der Hand, eilte mit raumgreifenden Schritten auf Danzik zu. „Ich habe Sie der Dame schon avisiert. Da drüben!“
    Der Kommissar drehte sich um. Laura Flemming lächelte ihm mit geschlossenem Mund entgegen, ihre weit auseinander stehenden tiefblauen Augen blickten aufmerksam und dennoch distanziert. Sie saß allein an einem Vierer-Tisch und hatte vor sich einen Notizblock liegen.
    „Danzik, Mordkommission.“ Er deutete eine Verbeugung an. Am liebsten hätte er ihre Hand genommen, eine schlanke schöne Hand, wie er feststellte, und schon mal mit einem Luftkuss angefangen.
    „Bitte.“ Sie wies auf einen Stuhl gegenüber, und er setzte sich, pendelte sich auf eine Entfernung ein, die sie akzeptieren konnte.
    „Sie sitzen allein? Hoffentlich nicht meinetwegen …“
    „Doch, natürlich Ihretwegen.“ Jetzt lächelten auch ihre Augen. „Professor Korte bat mich, Ihnen behilflich zu sein.“
    „Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen.“ Er senkte seinen Blick in ihre Augen, unter den tief hängenden Lidern hervor. Ein körperliches Kapital, das bei Frauen gewöhnlich gut ankam. Zeit – ein gutes Stichwort. Er würde am liebsten unendlich viel Zeit mit dieser kühlen Schönen verbringen …
    „Gern. Hoffentlich kann ich Ihnen auch wirklich helfen.“
    „Bestimmt. Wie mir Professor Korte sagte, arbeiten Sie an einem Buch über die Transplantationsmedizin.“ Am besten erstmal Interesse an dem Buch zeigen, dachte er, sie als Journalistin und Autorin packen …
    „Das ist richtig.“ Laura Flemming hob das Kinn. „Aber bitte sprechen wir doch über Ihren Fall.“
    „Sie sind über den Mord an Celia Osswald informiert –“
    „Ja. Der Mörder hat ihr das Herz rausgeschnitten.“ Laura Flemming sagte es sachlich wie eine Medizinerin.
    Danzik stutzte einen Moment. „Und eben das“, fuhr er fort, „deutet daraufhin, dass wir den Täter oder die Täter in der Transplantationsszene suchen müssen.“
    „Und der Lebensgefährte oder einer ihrer anderen Männer? Vielleicht eine Beziehungstat?“ In ihren Augen blitzte Spott auf, als sei ein Mord aus Liebesnöten nur lächerlich und so überflüssig wie ein Kropf.
    „Können wir nicht ausschließen. Aber es hat sich da noch nichts Eindeutiges herauskristallisiert. Diese Organszene jedoch, sowohl auf der Empfänger- als auch auf der Spenderseite –“
    „Ich habe auf beiden Seiten recherchiert“, unterbrach ihn Laura Flemming, „und stelle Ihnen die Ergebnisse gern zur Verfügung.“
    „Wir brauchen Adressen …“
    „Selbstverständlich. Ich freue mich, wenn ich die Aufklärungsarbeit der Polizei unterstützen kann. Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte …“
    Der Ober servierte ihr einen Krabbencocktail, und Danzik merkte, dass er Hunger hatte.
    „Dies hier ist nicht ganz der richtige Ort“, fügte sie hinzu. „Aber wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben …“
    Danzik reichte ihr seine Karte und sah sie an. Er wünschte, dass sie noch etwas sagen würde.
    „Dann ruf ich Sie an, und wir machen ein Treffen aus, wo wir das Ganze in aller Ruhe durchsprechen.“ Sie zog ihre Vorspeise heran.
    Er fühlte plötzlich seinen Herzschlag. „Aber lassen Sie mich nicht zu lange warten“, lächelte er, „es geht schließlich um ein Kapitalverbrechen.“
     

10
    Vor den Fenstern des Sankt-Ansgar-Krankenhauses hockte die Nacht. Schwarz, dicht, undurchdringlich. Nur hoch oben am Himmel, planetarisch weit, glommen ein paar Sterne, was die Schwärze noch tiefer machte. Seit Stunden schlief das Haus, die Patienten waren per Tablette weggedriftet, die Bereitschaftsärzte auf ihren Liegen eingenickt.
    Vom nahen Kirchturm schlug es Mitternacht in die Stille. Doch auf einer einzigen Station, im ›OP 3‹ der Neurochirurgie, herrschte gespenstisches Leben. Die Fenster waren verrammelt, ob es draußen Tag

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