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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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war es einfach bezaubernd.
    Das größte Zimmer verfügte über einen gemauerten Kamin, breite Deckenbalken und gemütliches Mobiliar. Durch die zweiflügeligen Fenster blickte man hinaus in den Garten. Albert lief die oberen Zimmer inspizieren, während zwei Diener Truhen und Koffer hereinbrachten.
    »Gefällt es dir?«, fragte Christopher, den Beatrix’ Begeisterung zum Schmunzeln brachte.
    »Wie sollte es nicht?«, fragte sie und drehte sich langsam im Kreis, um alles in sich aufzunehmen.
    »Es ist ein recht schlichter Ort für Flitterwochen«, sagte Christopher und lachte, als sie auf ihn zusprang und ihn umarmte. »Ich könnte mit dir überallhin reisen – Paris, Florenz …«
    »Wie ich dir bereits sagte, mag ich ruhige, lauschige Orte.« Beatrix bedeckte sein Gesicht mit Küssen. »Bücher … Wein … lange Spaziergänge … und du . Es ist der schönste Ort auf der Welt. Schon jetzt bedaure ich, dass wir wieder abreisen.«
    Vergeblich bemühte er sich, ihren Mund mit seinem einzufangen. »Wir müssen erst in zwei Wochen abreisen.« Nachdem es ihm doch gelungen war, ihre Lippen zu erhaschen und sie lang und leidenschaftlich zu küssen, sank Beatrix seufzend an seine Brust.
    »Wie kann das alltägliche Leben jemals hiermit Schritt halten?«
    »Unser alltägliches Leben wird herrlich«, flüsterte er, »solange du da bist.«
    Auf Christophers Insistieren hin schliefen sie in getrennten Zimmern oben, wobei zwischen ihnen nur eine dünne Wand aus Holz und Putz war. Er wusste, dass es sie störte, das Zimmer nicht mit ihm zu teilen, doch sein Schlaf war zu unruhig, und seine Albträume kamen zu unberechenbar, als dass er ein Risiko eingehen konnte.
    Selbst hier, inmitten von Frieden und Glück, gab es schwierige Nächte. Dann schrak er schweißgebadet aus Träumen von Blut und Kugeln, von Gesichtern, die der Todeskampf entstellte, und ertappte sich dabei, wie er nach einem Gewehr, einem Schwert, irgendetwas griff, mit dem er sich verteidigen konnte. Waren die Albträume besonders schlimm, kroch Albert auf das Fußende des Bettes und leistete ihm Gesellschaft. Wie schon während des Krieges bewachte Albert ihn auch jetzt, wenn er schlief, allzeit bereit, Christopher zu warnen, falls ein Feind nahte.
    Aber so qualvoll manche Nächte auch sein mochten, die Tage waren himmlisch. Christopher empfand eine Freude und ein Wohlbefinden, wie er es seit Jahren nicht gekannt hatte. Allein das Licht in den Cotswolds war anders, ein weiches Schillern, das die Übergänge von Hügeln zu Farmland besonders fließend machte. Gewöhnlich waren die Vormittage sonnig, wohingegen sich im Laufe der Nachmittage Wolken verdichteten. Später regnete es auf das bunte Laub, sodass es wie karamellisiert aussah, und alles duftete frisch nach Ton und Lehm.
    Christopher und Beatrix fanden bald in einen angenehmen Rhythmus. Auf ein einfaches Frühstück morgens folgte ein ausgedehnter Spaziergang mit Albert, und danach besuchten sie die Marktstadt in der Nähe, wo es Läden und Bäckereien gab, oder sie erkundeten alte Ruinen und Sehenswürdigkeiten. Mit Beatrix konnte man unmöglich forsch voranschreiten, denn sie blieb immer wieder stehen, um Spinnweben, Insekten, Moos oder Nester anzusehen. Den Naturgeräuschen lauschte sie mit derselben Aufmerksamkeit und Ehrerbietung wie andere Menschen den Kompositionen von Mozart. Für sie war alles eine Symphonie – der Himmel, das Wasser, das Land. Sie begegnete der Welt jeden Tag mit neuem Blick, lebte vollkommen in der Gegenwart und hielt mit allem Schritt, was um sie herum war.
    Einen Abend nahmen sie eine Einladung von Lord und Lady Brackley zum Dinner im Herrenhaus an. Zumeist jedoch blieben sie für sich, und ihre Privatsphäre wurde höchstens gestört, wenn Bedienstete aus dem Herrenhaus kamen, um Essen oder frische Wäsche zu bringen. Viele Nachmittage liebten sie sich vor dem Kamin oder im Bett, und je mehr Christopher Beatrix genießen durfte, umso mehr begehrte er sie.
    Trotzdem war er nach wie vor entschlossen, sie vor seiner dunklen Seite, vor den Erinnerungen, denen er nicht entkam, zu schützen. Beatrix war geduldig, wenn ihre Gespräche ins Stocken gerieten, weil eine ihrer Fragen unabsichtlich heikles Terrain berührte. Und sie nahm es ruhig hin, wenn sich ein Schatten über seine Stimmung legte. Christopher schämte sich, dass sie sich mit seinem vertrackten Naturell arrangieren musste.
    Es gab Momente, in denen ihn ihre behutsamen Fragen unangemessen gereizt machte und er sich,

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