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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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bräuchte sie mindestens zwei Tage, bis sie hier ist … und ich fürchte …«
    »Was?«
    »Heute Morgen verlangte er Rasierzeug und ein heißes Bad. Wir hatten Angst, es ihm zu geben, wagten aber auch nicht, es zu verweigern. Ich frage mich, ob er sich etwas antut.«
    Zwei Dinge standen für Beatrix fest: Dass die Haushälterin verzweifelt sein musste, so offen über ihre Herrschaft zu reden, und dass Christopher entsetzlich litt.
    Es schmerzte sie, von seinem Elend zu erfahren, und was immer sie sich eingeredet hatte – von ihrer überstandenen Schwärmerei und ihrer neu gewonnenen Freiheit –, erwies sich als absurd. Sie war verrückt nach ihm und würde alles für ihn tun. Doch was brauchte er jetzt, welche Worte könnten ihn besänftigen? Was auch immer es sein mochte, sie war dem nicht gewachsen. Ihr fiel nichts Weises oder Kluges ein. Alles, was sie wusste, war, dass sie bei ihm sein wollte.
    »Mrs. Clocker«, sagte sie vorsichtig, »ich überlege, ob … ob es möglich wäre, dass Sie nicht bemerken, wie ich zu ihm nach oben gehe.«
    Die Haushälterin riss die Augen weit auf. »Ich … Miss Hathaway, ich glaube nicht, dass es sicher wäre. Und vernünftig erst recht nicht.«
    »Mrs. Clocker, in meiner Familie herrscht die Ansicht, dass die besten Lösungen angesichts großer und scheinbar unlösbarer Probleme zumeist den verrückten Geistern entspringen, nicht den vernünftigen.«
    Die verwirrte Mrs. Clocker öffnete den Mund, um zu widersprechen, und schloss ihn wieder. »Rufen Sie nach Hilfe, falls nötig«, sagte sie schließlich. »Dann kommen wir.«
    »Danke, aber das wird sicherlich nicht nötig sein.«
    Beatrix lief auf die Treppe zu. Albert wollte ihr folgen, aber sie befahl ihm: »Nein, Junge. Bleib hier unten.«
    »Komm, Albert, wir haben sicher etwas Leckeres für dich in der Küche.«
    Der Hund machte, ohne zu zögern, kehrt und tapste zufrieden hinter Mrs. Clocker her.
    Auf dem Weg nach oben dachte Beatrix angestrengt nach. Wie oft hatte sie sich schon bemüht, eine verwundete wilde Kreatur zu verstehen. Und das war ungleich leichter, als das Mysterium eines menschlichen Geistes durchdringen zu wollen.
    Sie klopfte an Christophers Tür. Als nicht geantwortet wurde, öffnete sie sie selbst.
    Zu ihrer Verwunderung war der Raum von Tageslicht durchflutet. Kleine Staubkörnchen tanzten in der Augustsonne, die durch Fenster hereinfiel. Es roch nach Brandy, Rauch und Badeseife. In einer Ecke stand eine kleine Wanne, von der aus nasse Fußspuren über den Teppich führten.
    Christopher lehnte auf einem Berg Kissen auf dem ungemachten Bett, eine Brandyflasche in der Hand. Sein gleichgültiger Blick wanderte zu Beatrix, hielt ihren und wurde merklich wacher.
    Er trug eine hellbraune Hose, die nur teils geschlossen war, und sonst … nichts. Sein Körper war ein langer, goldener Bogen auf dem Bett, schlank und muskulös. Einige Narben zeichneten sich hell auf seiner sonnengebräunten Haut ab, eine von ihnen dreieckig. Sie rührte von dem Bajonett, das ihm die Schulter durchbohrt hatte. Außerdem waren mehrere kleine Narben von Schrapnellsplittern zu sehen sowie eine kreisförmige Vertiefung an seiner Seite, die von einer Kugel stammen musste.
    Langsam richtete Christopher sich auf und stellte die Flasche auf den Tisch neben seinem Bett. Halb auf der Matratze lehnend, die nackten Füße auf dem Boden, betrachtete er Beatrix ausdruckslos. Sein lockiges Haar war noch feucht, sodass es wie antikes Gold schimmerte. Wie breit seine Schultern waren und wie klar definiert die Bögen, an denen sie in seine starken Arme übergingen.
    »Warum sind Sie hier?«, fragte er. Seine Stimme war kratzig, weil er schon länger nicht gesprochen hatte.
    Irgendwie gelang es Beatrix, ihren faszinierten Blick von seiner Brust zu lösen.
    »Ich bin gekommen, um Albert zurückzubringen«, sagte sie. »Er war heute plötzlich in Ramsay House, und er erzählt, dass Sie ihn sträflich vernachlässigt haben und seit Tagen nicht mehr mit ihm spazieren gegangen sind.«
    »Erzählt er das? Ich wusste gar nicht, dass er solch ein Plappermaul ist.«
    »Vielleicht möchten Sie sich … mehr anziehen und mit mir einen Spaziergang machen, um einen klaren Kopf zu bekommen?«
    »Dieser Brandy macht meinen Kopf klar. Oder würde es, wenn meine verdammten Bediensteten aufhörten, ihn zu verwässern.«
    »Kommen Sie mit mir nach draußen«, wiederholte sie. »Sonst könnte ich gezwungen sein, mit Ihnen genauso zu reden wie mit einem unerzogenen

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