Herzschlag der Nacht
braucht er so lange, eine Entscheidung zu treffen?«
»Er ist ein Mann, meine Liebe«, erklärte Amelia freundlich. »Ausdauerndes Denken fällt ihnen sehr schwer.«
»Im Gegensatz zu den Damen«, warf Leo ein, »die über die beachtliche Fähigkeit verfügen, Entscheidungen ohne jedwedes Denken zu fällen.«
Christopher kam am nächsten Vormittag nach Ramsay House und sah sehr … nun ja, soldatenhaft aus, obgleich er schlichte Ausgehkleidung trug. Ruhig und tadellos höflich bat er, Beatrix auf einen Spaziergang begleiten zu dürfen. So sehr Beatrix sich auch freute, ihn zu sehen, war ihr nicht wohl, denn er wirkte so zurückhaltend und ernst, als hätte er eine unangenehme Pflicht zu erfüllen.
Es war nichts Glückverheißendes an seinem Besuch oder seiner Einladung zum Spaziergang.
Trotzdem gab Beatrix sich munter, führte ihn zu einem ihrer Lieblingswege im Wald und einem Feldweg, an dessen rechter Seite sich Farmland erstreckte, während links alles bewaldet war. Über diesen Weg gelangte man in eine Schleife, die geradewegs zurück in den Wald führte und sehr alte Wege kreuzte, um an einem Bach zu enden. Albert lief vor und zurück und schnüffelte sehr geschäftig.
»Wenn man eine Lichtung wie diese findet«, sagte Beatrix, die Christopher auf eine kleine, sonnengesprenkelte Wiese führte, »handelt es sich wahrscheinlich um ein Feld aus der Bronzezeit. Damals wussten sie nichts übers Düngen, also legten sie ein neues Stück Feld frei, wenn das Land nicht mehr fruchtbar genug war. Und auf dem alten Ackerland breiteten sich Ginster, Farnkraut und Heide aus. Und hier …«, sie zeigte ihm die Aushöhlung einer Eiche nahe der Lichtung, »habe ich im Frühsommer beobachtet, wie ein Baumfalkenweibchen flügge wurde. Baumfalken bauen sich keine Nester. Sie nutzen die, die andere Vögel schon gebaut haben. Und wenn sie fliegen, sind sie so schnell, dass sie aussehen wie Sicheln, die durch die Luft wirbeln.«
Christopher lauschte ihr aufmerksam. Der Wind spielte mit seinem Haar, und ein verhaltenes Lächeln lag auf seinen Lippen. Er sah so schön aus, dass es schwierig war, ihn nicht mit offenem Mund zu bestaunen. »Du kennst alle Geheimnisse dieses Waldes, nicht wahr?«, fragte er freundlich.
»Es gibt noch so vieles zu lernen. Ich habe gerade mal an der Oberfläche gekratzt. Ich habe Bücher voller Zeichnungen von Tieren und Pflanzen, und immer wieder entdecke ich neue, die ich studieren möchte.« Sie seufzte wehmütig. »Man sagt, dass eine Gesellschaft für Naturgeschichte in London gegründet werden soll. Wie gern wäre ich dort Mitglied!«
»Und warum wirst du es nicht?«
»Gewiss werden Sie keine Damen zulassen«, antwortete Beatrix. »Diese Gesellschaften erlauben nie weibliche Mitglieder. Es wird ein Raum voller Herren mit buschigen Koteletten sein, die Pfeife rauchen und entomologische Anmerkungen austauschen. Was ein Jammer ist, denn ich wage zu behaupten, dass ich ebenso gut über Insekten sprechen könnte wie jeder von ihnen.«
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ich bin zugegebenermaßen froh, dass du weder eine Pfeife noch buschige Koteletten hast. Dennoch scheint es mir bedauerlich, dass jemandem, der Tiere und Insekten so sehr mag und so gut kennt wie du, verwehrt wird, über selbige mitzudiskutieren. Vielleicht können wir sie bewegen, bei dir eine Ausnahme zu machen.«
Beatrix sah ihn überrascht an. »Das würdest du tun? Es würde dir nichts ausmachen, dass eine Frau solch unüblichen Interessen nachgeht?«
»Selbstverständlich nicht. Es wäre sinnlos, eine Frau mit unüblichen Interessen zu heiraten und dann zu versuchen, ihr die üblichen aufzuzwingen, nicht wahr?«
Sie machte große Augen. »Willst du mir jetzt einen Antrag machen?«
Christopher drehte sie zu sich und streichelte sie unter dem Kinn, sodass sie zu ihm aufsehen musste. »Es gibt einige Dinge, die ich zuerst besprechen möchte.«
Beatrix schaute ihn erwartungsvoll an.
Er wurde ernster, nahm ihre Hand und schritt weiter mit ihr über den grasbewachsenen Weg. »Das Erste wäre, dass wir nicht das Bett teilen können.«
Sie blinzelte und fragte zögerlich: »Werden wir eine platonische Ehe führen?«
Er stolperte beinahe. » Nein ! O Gott, nein. Ich meinte, wir werden uns nahekommen, aber nicht nebeneinander schlafen.«
»Aber … ich glaube, ich würde gern bei dir schlafen.«
Seine Hand umfasste ihre fester. »Meine Albträume würden dich wachhalten.«
»Das macht mir nichts.«
»Ich könnte
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