Herzschlagzeilen
Außerdem weigere ich mich, mir Marc Behrendt als Vogelmännchen vorzustellen.
»Das ist doch nur ein Beispiel. Guck hier«, sie nimmt mir das Blatt aus der Hand, »… bei uns Menschen sind diese natürlichen Instinkte verloren gegangen. Sie müssen Ihre wahrhaft weibliche Seite wiederentdecken, wenn Sie einen Mann dauerhaft für sich gewinnen wollen.«
Ich schaue Nina an, als ob sie von einem anderen Stern käme.
»Wahrhaft weibliche Seite? Aha. Aber ich will diesen Superman doch gar nicht für mich gewinnen, sondern nur ein bisschen – wie sagtest du gleich? – scharfmachen.«
Was rede ich da? Ich will niemanden scharfmachen, ich will Journalistin werden. Komisch nur, dass ich bei dem Gedanken daran, Marc Behrendt könnte scharf auf mich sein, alles andere als ruhig bin.
»Nach dem Geburtstag, wenn du ihm das Leben gerettet hast, kannst du den Prinzen ja wieder fallen lassen und das Pferd nehmen«, erwidert Nina schnell.
»Na, wenn es weiter nichts ist.« Ich atme tief durch. »Dann sag mir doch mal, was ich machen soll, damit Mister Behrendt junior mich unwiderstehlich findet und anfängt, für mich Lieder zu schmettern.«
Zwei Stunden später komme ich völlig erledigt nach Hause. Nina und ich haben einen Schlachtplan entwickelt, der den Hochzeitsvorbereitungen der Royals Konkurrenz machen könnte. Jede Minute meiner nächsten vierzehn Tage wurde von Nina bis ins Detail durchgeplant und auf das Projekt »Marc beißt an« abgestimmt. Eine Zeit lang hat mir das Brainstormen sogar Spaß gemacht, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob das Ganze eine so gute Idee ist. Zum Beispiel Ninas Vorschlag, mit Ayla in Zukunft im Park am Lerchesberg spazieren zu gehen. Erstens dürfen Hunde den Park nur angeleint betreten, und das wird Ayla gar nicht gefallen. Zweitens müsste ich zum Lerchesberg erst einmal hinkommen. Das geht nur mit dem Stadtbus, aber dann dauert so ein Hundespaziergang nicht mehr eine, sondern locker zwei Stunden. Und wer sagt überhaupt, dass Marc mich sehen würde, wenn ich mit einem Hund durch den Park schlendere? Er wird wohl kaum seine Freizeit dort auf einer Parkbank verbringen.
Ich kann aber auch schlecht mit Ayla eine Stunde lang vor Marcs Haus auf und ab laufen, in der Hoffnung, dass er zufällig mal aus dem Fenster guckt und sich dann Hals über Kopf in eine Hundesitterin verliebt. Das Projekt Marc scheint in immer weitere Ferne zu rücken, je länger ich darüber nachdenke.
Ich gehe ins Bad, schließe hinter mir ab und fange an, mich auszuziehen. Eine Dusche ist jetzt das Einzige, das mir dabei helfen kann, wieder abzukühlen. Nachdenklich betrachte ich mich im Spiegel. Meine dunklen Haare fallen inzwischen fast bis auf die Schultern. Bis vor einem Jahr habe ich sie immer ganz kurz getragen. Aber irgendwann meinte Nina, ich könnte die Haare doch auch mal wachsen lassen. Nina hat schöne lange blonde Haare, um die ich sie immer ein bisschen beneide. So lang werden meine Haare wohl nie werden, denke ich, während ich eine Strähne um meinen Finger wickele.
Mein Blick fällt auf meine nackten Brüste und vorsichtig streiche ich mit dem Finger darüber. Noch nie hat mich ein Junge hier angefasst. Jedenfalls nicht so richtig.
Jannick hat im Schwimmbad mal versucht, seine Hand unter meinen Bikini zu schieben, als wir gerade ein bisschen geknutscht haben. Das war letztes Jahr kurz vor den Sommerferien. Wir standen im Wasser, Jannick drückte mich gegen den Beckenrand und wir küssten uns. Wie es dazu kommen konnte, weiß ich auch nicht mehr. Erst flüsterte Jannick mir was ins Ohr, sodass ich lachen musste, und plötzlich spürte ich seine Lippen auf meinen, und wir küssten uns. Ich hatte die Augen geschlossen. Nicht, weil der Kuss so schön war, sondern weil ich es beim besten Willen nicht ertragen konnte, in Jannicks Gesicht zu blicken, während seine Zunge in meinem Mund war. Das ging gar nicht. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mit meiner eigenen Zunge seiner auszuweichen. Dabei auch noch auf Jannicks Mitesser zu starren, hätte mich hoffnungslos überfordert. Lieber schloss ich die Augen und stellte mir vor, Legolas würde mich küssen. Was ich natürlich gegenüber Nina nie, nie, nie zugeben durfte. Schließlich ist Legolas schlappe zweitausend Jahre alt und schlägt damit jeden Vampir um Längen.
Ich ließ also Jannick mit seiner Zunge in meinem Mund rumsuchen und dachte dabei an Legolas, als ich plötzlich spürte, wie seine Finger versuchten, sich unter mein
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