Herzschlagzeilen
Bikinioberteil zu quetschen. Also die von Jannick natürlich, nicht die von Orlando Bloom. Ich war irritiert. Würde Legolas so etwas tun? Mein Kopfkino wurde jäh unterbrochen, und als ich für einen Moment die Augen öffnete, starrte ich entsetzt in das Gesicht von Herrn Weiser, unserem Sportlehrer, der am Beckenrand stand und uns freundlich bat, die Knutscherei auf den Nachmittag zu verlegen und jetzt wieder am Schwimmunterricht teilzunehmen.
Seit diesem Erlebnis hat mich kein Junge mehr geküsst oder angefasst. Es hat sich einfach nicht ergeben (na ja, bis auf Luke, aber den Gedanken verdränge ich erfolgreich). Und so traf es sich ganz gut, dass Nina und ich vor einiger Zeit übereingekommen sind, dass uns unsere zukünftige Karriere ohnehin viel wichtiger ist als das männliche Geschlecht.
Ich lasse meine Finger über meine Brüste nach unten und über meinen Bauch gleiten. Und wenn Kiki recht hatte? Wenn mich tatsächlich einfach keiner haben will? Schließlich hat seitdem nie mehr ein Junge (ein Junge, der nicht mein Kumpel ist) auch nur den Versuch gemacht, in meine Nähe zu kommen. War meine Enthaltsamkeit nur ein Vorwand, um nicht zugeben zu müssen, dass sich seit dem pickligen Jannick kein Typ mehr für mich interessiert hat?
So ein Quatsch. Ärgerlich schiebe ich diesen Gedanken beiseite. Ich könnte jeden um den kleinen Finger wickeln, wenn ich nur wollte. Tatsache ist, ich will nicht. Das wissen die Jungs eben, und das ist auch gut so. Mit diesem beruhigenden Gedanken stelle ich mich unter die Dusche. Trotzdem. Das Projekt Marc lässt mir keine Ruhe. Wie soll ich es schaffen, dass jemand wie er auf mich aufmerksam wird?
Als ich mich endlich abtrockne und in ein Badehandtuch wickele, fühle ich mich kein bisschen besser.
Ziemlich frustriert schlüpfe ich in unser Zimmer. Kiki sitzt im Schneidersitz auf ihrem Bett, die Nase mal wieder tief in ein Buch vergraben. Irgendwie beneide ich meine kleine Schwester um ihre schöne heile Welt. Ihr Leben besteht aus ein paar Stunden Schule und jeder Menge romantischer Geschichten, die am Ende immer gut ausgehen und in denen es für die Mädels ein absolutes Kinderspiel ist, den Jungen ihrer Wahl zu erobern.
Moment mal. Da waren doch diese Flirtregeln, die Kiki angekündigt hat. Nachdenklich bleibe ich stehen und betrachte meine Schwester. Dann gehe ich die paar Schritte in ihre Zimmerhälfte zurück und setze mich zu ihr aufs Bett.
»Du, Kiki.«
»Hm?«
»Kann ich dich mal was fragen?«
»Hm.«
Ich räuspere mich. Sehr gesprächig wirkt meine kleine Schwester gerade nicht.
»Die Mädchen da in deinen Büchern …«, fange ich an. Kiki sieht nicht mal von ihrem Buch auf. »Also du weißt schon, die Protagonistinnen in diesen Romanen …« Ich gebe es auf. Kiki hört mir sowieso nicht zu, und eigentlich erwarte ich auch nicht wirklich, dass sie eine Idee hat. Ich will gerade aufstehen, als Kiki ihr Buch zuklappt und mich ansieht.
»Du willst mit mir über Bücher reden?«, fragt sie und klingt dabei so erstaunt, als hätte sie gefragt: »Du kannst sprechen?«
»Ähm, ja, ich wollte dich was fragen«, stottere ich.
»Du willst mit mir über MEINE Bücher reden?«
Warum klingt sie so argwöhnisch? Habe ich ihre Bücher bisher wirklich immer sooo schlechtgemacht?
Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen.
»Kiki, ich habe ein Problem. Und du kannst mir vielleicht dabei helfen.«
Ich sehe förmlich, wie meine kleine Schwester um ein paar Zentimeter wächst. Erwartungsvoll sieht sie mich an.
»Ich … ich meine, die Mädchen da in deinen Büchern, wie … also wenn die verliebt sind in einen Jungen, dann …« Ich breche ab. Das hat doch alles sowieso keinen Sinn.
Kiki schaut mich weiter schweigend an und wartet. Also gut. Ich hole tief Luft.
»Die Protagonistinnen in deinen Romanen, was machen die, damit die Jungen sich in sie verlieben? Was unternehmen sie? Was sagen sie? Gibt es da irgendein Muster? Ich meine, diese Bücher gehen immer gut aus. Das heißt, die Mädchen kriegen doch am Ende immer den, den sie kriegen wollen. Wie machen die das?« Hält Kiki mich jetzt für total bescheuert? Vorsichtig werfe ich ihr einen Blick zu. Zumindest lacht sie nicht. Sie sieht mich vielmehr todernst an. Langsam, fast wie in Zeitlupe, schiebt sie ihren Roman beiseite. Dann legt sie eine Hand auf mein Bein.
»Wie heißt er?«
Irritiert blinzele ich. Wie er heißt? Es ist doch völlig egal, wie er heißt. Ich hatte nicht vor, meiner kleinen Schwester von Marc zu
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