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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Tag, an dem Sie mich mit dem Fahrrad angefahren haben«, sagte sie und beobachtete, wie er den Kiefer anspannte und das Lenkrad fester packte, »müssen Sie gewusst haben, wo ich war, Sie müssen mir gefolgt sein.«
    »Sie hätten sich mal sehen sollen. Ihr Auftritt war einfach nur peinlich. ›Verzeihung‹«, sagte er spöttisch und hob die Stimme um mindestens eine Oktave, während er den Blick weiter fest auf die Straße richtete, »›aber erkennt jemand das Mädchen auf diesem Foto? Es ist meine Tochter. Erkennen Sie sie? Können Sie mir helfen?‹« Er kicherte.
    »Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie mir folgen sollen?«
    Er sagte nichts.
    »Wessen Idee war es, mein Hotelzimmer zu verwüsten?«
    Nach wie vor nichts.
    »Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie meine Sachen zerstören sollen?«
    Er schüttelte den Kopf, als wollte er eine lästige Fliege abschütteln.
    »Warum haben Sie das getan?«
    Er sah sie an, senkte das Kinn und zog die Brauen hoch. »Wir hatten irgendwie gehofft, dass das reichen würde, um Sie zum Heimflug zu überreden.«
    »Und der Diebstahl meiner Ohrringe?«
    »Oh, das war meine Idee«, sagte Jax stolz. »Ich hab sie da liegen sehen und konnte nicht widerstehen.«
    »Sie haben sie Shannon geschenkt«, stellte Marcy fest.
    »Und hat sie nicht wunderbar damit ausgesehen?« Er blieb plötzlich mitten auf der engen Straße stehen.
    Zuerst dachte Marcy, er wollte sie umbringen und ihre Leiche über eine der Klippen in der Nähe werfen. Niemand würde erfahren, was mit ihr passiert war. Sie würde einfach verschwinden.
    Wie Devon, dachte sie.
    Sie spähte panisch aus dem Seitenfenster und sah nur Nebel. »Warum haben Sie angehalten? Wo sind wir? Ist Devon hier?«
    Zu ihrer Überraschung brach Jax in lautes Gelächter aus. »Ich kann mir Ihre Tochter nur schlecht bei einem Spaziergang mit ein paar Schafen vorstellen.« Er wies aus dem Fenster auf eine Schafherde, die langsam aus dem Nebel tauchte, um an einer unmarkierten Kreuzung die Straße zu überqueren. »›Demographisch nicht ganz Ihre Abteilung‹«, fügte er spitz hinzu, als Marcy die Schafe in einen praktisch unsichtbaren Feldweg biegen sah.
    Zehn Minuten später war das letzte Schaf verschwunden, er legte einen Gang ein und schaltete binnen Sekunden unsanft in den vierten hoch, als der Wagen mit ruckelndem Missvergnügen Tempo aufnahm.
    »Ist es noch sehr weit?«, fragte Marcy, deren Blase drückte. »Ich müsste mal auf die Toilette.«
    Sie erwartete, dass er sie ignorieren oder zurückweisen würde. Stattdessen sagte er: »In ein paar Minuten kommt ein Laden, wo wir anhalten können.«
    »Das wäre sehr nett, vielen Dank.«
    »Nichts zu danken. Ich bin halt ein netter Junge.« Er lachte.
    Er gluckste immer noch, als sie vor einer türkisfarbenen Bierkneipe hielten, die aus dem Nichts am Straßenrand auftauchte, Blumenkästen auf den Fensterbänken, die Blumen unter dem Regen förmlich eingeknickt. Aus dem Schornstein stieg Rauch auf und vermischte sich mit dem Nebel. »Sie haben zwei Minuten«, sagte Jax und packte Marcys Arm, als sie aussteigen wollte. »Ich warte direkt vor der Tür. Machen Sie keine Dummheiten.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Marcy ihn ungläubig. Was glaubte er, was sie tun würde? Die Flucht ergreifen?
    »Zum Beispiel irgendwen anrufen.«
    »Sie haben mein Telefon weggeworfen, schon vergessen?«
    »Irgendwelche Mätzchen und Sie sehen Ihre Tochter nie wieder.«
    »Sie gucken zu viel Fernsehen«, erklärte sie ihm und stieg aus dem Wagen.
    »Ja, Mommy«, rief er ihr höhnisch nach. »Ich war ein sehr unartiger Junge, Mommy. Gibt es jetzt eine Tracht Prügel?«
    Ohne zu antworten lief Marcy zum Eingang des Lokals. Obwohl der keine zwei Meter entfernt war, war sie pitschnass, bis sie eingetreten war. Als Erstes sah sie einen flackernden Kamin und musste den Impuls unterdrücken, es sich in einem der beiden Schaukelstühle davor bequem zu machen. Ihre Beine waren von der langen Fahrt in Jax’ engem Wagen ganz taub geworden, ihre Knie bedenklich weich. Wie weit mussten sie noch fahren? Brachte er sie wirklich zu ihrer Tochter?
    »Nun, schauen Sie sich an«, rief eine hübsche rothaarige Kellnerin. »Sie sehen ja völlig erfroren aus. Stellen Sie sich ans Feuer, Liebchen. Wärmen Sie sich auf.«
    »Keine Zeit«, sagte Jax, der hinter Marcy hereingekommen war und eine schwere Hand auf ihre Schulter legte. »Meine Mum muss mal auf die Toilette«, erklärte er den sechs Männern am Tresen. Marcy verzog das Gesicht und folgte

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