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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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wieder.
    »Sie müssen mich nicht anlügen. Und Sie müssen auch Ihren Kaffee nicht trinken, wenn Sie ihn nicht mögen. Sie müssen überhaupt nichts machen, was Sie nicht wollen.«
    Er war so jung, dachte Marcy. »So schlimm ist es nicht«, sagte sie.
    »Sie sind wirklich eine ganz schlechte Lügnerin.«
    »Okay. Das ist vermutlich der schlechteste Kaffee, den ich in meinem ganzen Leben getrunken habe. Wie können Sie nur so viel Zucker reintun? Das Zeug ist klebrig wie Sirup.«
    »Sehen Sie? Das war doch schon viel besser, oder?«
    »Sie haben recht. Man sollte nie lügen. Es verbraucht zu viel Energie.« Sie atmete tief ein und langsam wieder aus. »Warum tun die Leute es dann trotzdem?«
    Liam sah sie fragend an. »Sind Sie sicher, dass Sie diese Diskussion so früh am Morgen führen wollen?«
    »Warum nicht? Es sieht eh nicht so aus, als würden wir in nächster Zeit irgendwo ankommen.« Sie blickte auf den Stau vor ihnen. Entspann dich, ermahnte sie sich stumm wie Liam zuvor. Sie würden früh genug nach Youghal kommen. Und dann würden sie mit Devon zusammen sein. »Ich schätze, manchmal ist es einfach leichter zu lügen, als die Wahrheit zu sagen«, beantwortete sie ihre eigene Frage.
    »Die Wahrheit zu sagen oder sich ihr zu stellen?«, fragte er.
    Lächelnd erkannte sie die feine Unterscheidung an. »Beides.«
    »Ist es wirklich so schwer, sich der Wahrheit zu stellen?«
    »Manchmal schon.«
    »Schutz oder Selbsttäuschung?«
    »Beides«, sagte sie noch einmal. »Manchmal ist es netter, angelogen zu werden.«
    »Glauben Sie, dass wir mehr andere oder mehr uns selber belügen?«, fragte er.
    »Ich habe keine Ahnung.« Marcy schüttelte den Kopf. »Sie haben recht – es ist zu früh für diese Unterhaltung.«
    »Ich glaube, Sie haben über den Kaffee gelogen, weil Sie meine Gefühle nicht verletzen wollten«, sagte Liam.
    Marcy nickte. Es stimmte. Ihr ganzes Leben lang hatte Sie Angst vor den Gefühlen anderer Menschen gehabt.
    »Deswegen müssen Sie sich keine Sorgen machen«, erklärte er ihr.
    »Nicht?«
    »Nein. Ich hab keine Gefühle.«
    Marcy lachte und wurde endlich etwas lockerer. Sie versuchte, nicht auf seine langen Wimpern zu starren, während sie feststellte, dass sein schwarzes strubbeliges Haar perfekt zu seinem schwarzen Pulli passte. Sie fragte sich, ob das Absicht oder Zufall war. »Ich wusste gar nicht, dass Sie das Wesen der Menschen studieren.«
    »Ich bin Barkeeper«, sagte er. »Das tut man in dem Job.«
    Marcy lächelte, bis ihre geschwollene Backe spannte. Sie verzog das Gesicht und strich vorsichtig über die Schwellung.
    »Die Backe tut doch noch weh?«
    »Nur wenn ich lächle.«
    »Es tut weh, wenn Sie glücklich sind?«, formulierte er ihre Antwort um.
    Ja, dachte Marcy, sagte jedoch nichts. Das war es auf den Punkt.
    »Tut mir leid, dass ich gestern nicht zur Wache kommen konnte«, entschuldigte Liam sich. »Ich wollte, aber Mr. Grogan war wütend wegen des kleinen Zwischenfalls mit der Polizei, also dachte ich mir, ich bleibe besser und helfe beim Aufräumen. Die Geschichte hat sich rumgesprochen, sodass es später echt voll wurde und ich unmöglich wegkonnte …«
    »Sie schulden mir keine Erklärung.«
    »Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich gekommen.«
    »Glauben Sie mir, Sie haben schon mehr als genug getan.«
    »Konnten Sie letzte Nacht schlafen?«, fragte er.
    »Ein bisschen.« Marcy spürte unwillkürlich ein Kribbeln zwischen den Beinen.
    »Wie ich sehe, hat er Sie gefunden«, sagte Liam, als hätte er es auch gespürt.
    »Was? Wer?«
    »Der Typ, der nach Ihnen gefragt hat. Vic Soundso. Er war gestern noch mal im Grogan’s und hat weitere Fragen gestellt. Kelly hat ihm von dem Streit erzählt, bevor ich es verhindern konnte.«
    »Ja, er hat mich gefunden.« Marcy drehte sich um, und sah sich durchs Rückfenster nach den Taxis hinter ihnen um. Saß Vic in einem davon? Folgte er ihnen?
    »Ist über Nacht geblieben, wie?«
    Marcy zögerte.
    »Nicht dass es mich etwas angehen würde«, fügte er hinzu.
    »Es ist nicht so, wie Sie denken«, sagte sie.
    Ein spitzbübisches Grinsen umspielte Liams Lippen. »Ich dachte, wir wollten uns nicht mehr belügen.«
    Marcy seufzte. »Okay, es ist genau so, wie Sie denken.«
    Er lachte. »Schön für Sie.«
    »Ich weiß nicht so genau.«
    »Warum nicht? Er sieht nett aus, ist reich und offensichtlich total in Sie verschossen«
    »Was? Nein. Das ist albern. Wir kennen uns kaum. Wir haben uns erst letzte Woche kennengelernt. In einem Bus,

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