Herzstoss
ihre Augen zufallen.
Sofort sah sie Devon auf sich zukommen, die langen, schlanken Arme ausgebreitet. Und dann spürte sie die erstaunlich kräftige Umarmung ihrer Tochter, Devons glatte Haut an ihrer geschwollenen Wange. »Mommy«, flüsterte ihre Tochter liebevoll in ihr Ohr, ein Wort wie eine sanfte Liebkosung.
Mein Baby.
»Marcy.«
»Hmm?«
»Marcy«, sagte Liam noch einmal, während Devon sich in ihren Armen in Luft auflöste. »Marcy, wachen Sie auf.«
Marcy öffnete die Augen und sah Liams lächelndes Gesicht über sich. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass der Wagen stillstand und sie nicht mehr fuhren.
»Wir sind da«, sagte Liam.
KAPITEL SIEBZEHN
»Sind wir in Youghal?«
»Ja. Alles in Ordnung?«
»Mir geht es gut. Ich kann nicht glauben, dass ich eingeschlafen bin.«
»Sie waren erschöpft.«
»Wie spät ist es?«
»Viertel vor neun. Der Verkehr war absolut mörderisch. Mehr als eine Stunde für fünfunddreißig Kilometer. Verdammt lächerlich.«
Marcy blickte auf den breiten majestätischen Strand, der sich vor ihren Augen erstreckte, und versuchte, sich zu orientieren. »Wo genau sind wir?«
»Unmittelbar vor der Stadt, die übrigens im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Direkt vor uns liegt der Blackwater River.« Liam zeigte auf eine atemberaubende Wasserfläche. Ein breiter Grasstreifen und ein Fußgängerweg, auf dem erstaunlich viel Leute unterwegs waren, trennte sie von dem Fluss. »Er mündet in die Keltische See. Wir sind am Green Park Beach, nur wenige Minuten vom Zentrum von Youghal entfernt.« Er lächelte einfältig. »In jedem Iren steckt ein Fremdenführer, der nur darauf wartet, zum Vorschein zu kommen.«
Marcy lächelte und dachte, dass es eigentlich gar nicht so überraschend war, dass Devon vielleicht hier Zuflucht gefunden hatte. Es war ein unbestreitbar malerischer Flecken Landschaft, unverdorben und erhaben. Selbst mit einem flüchtigen Blick erkannte sie zahlreiche maritime Aktivitäten – die ersten Motorboote wühlten die glatte Wasseroberfläche auf, in ihrem Kielwasser schaukelten kleine Jollen. In der Ferne segelte gemächlich eine Jacht vorbei. Entlang des Fußgängerwegs warben Plakate für Whale-Watching und die Freuden des Wracktauchens. Hier gab es für Devon jede Menge zu tun. Oder sie konnte stundenlang in stiller Einsamkeit an der Küste entlangpaddeln.
Nur dass Devon eigentlich eher ein Stadtmensch war. War es denkbar, dass sie das Glück, das sie ersehnt hatte, in einem winzigen Fischerhafen am Rande der Welt gefunden hatte? »Wo wohnt meine Tochter?«, fragte sie Liam.
»Marcy …«
»Sagen Sie es nicht.«
»Sie müssen darauf vorbereitet sein«, fuhr er trotzdem fort. »Es ist möglich, dass sie es nicht ist.«
»Sie haben gesagt, sie wäre hier«, beharrte Marcy.
»Ich habe gesagt, ich hätte gehört, dass ein Mädchen, auf das die Beschreibung Ihrer Tochter passt, hier in Youghal gesehen wurde …«
»Ein Mädchen namens Audrey.«
»Ja, aber ich will nicht, dass Sie sich übersteigerte Hoffnungen machen. Sie müssen darauf vorbereitet sein, dass wir uns auch geirrt haben könnten.«
»Wir irren uns nicht.«
»Hoffentlich nicht.«
»Wo ist sie, Liam?«
»Einen kurzen Fußweg von hier.«
»Worauf warten wir dann noch? Los geht’s.« Marcy stieß die Beifahrertür des Wagens auf und trat auf den Bürgersteig. Sofort drückte ein kräftiger Wind sie an das Auto und wehte ihr Haare in Augen und Mund. Sie war immer noch damit beschäftigt, ein paar widerspenstige Strähnen zwischen ihren Zähnen zu lösen, als Liam um den Wagen kam, sie am Ellbogen fasste und stadteinwärts führte.
»Wenn wir vom Wasser weg sind, ist es nicht mehr so windig.«
»Erzählen Sie mir was über Youghal«, sagte Marcy, als sie auf den kleinen Stadtkern zugingen. Sie war eigentlich nicht besonders neugierig auf den Ort an sich, doch ein bisschen Ablenkung würde ihr zweifellos guttun. Sie war schon ganz zappelig vor Aufregung, ihr Herz schlug wie wild, und ihre Knie schlackerten vor unterdrückter Vorfreude. Es war wichtig, die Nerven zu behalten und so ruhig wie möglich zu bleiben. Schließlich wollte sie nicht in Ohnmacht fallen, wenn sie ihrer Tochter endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.
»Im Ernst?« Liams grüne Augen funkelten. »Sie wollen eine Stadtführung?«
»Übertreffen Sie sich selbst.«
»Okay. Aber das ist nicht umsonst.«
Marcy lächelte, während Liam sich räusperte und die Schultern straffte.
»Youghal ist
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