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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Handtasche. »Kennen Sie sie zufällig?« Was sollte das? Nie im Leben würde er Devon von dem Foto kennen.
    Kieran nahm das Bild, betrachtete es einen Moment und zog die Brauen über seiner kräftigen Nase zusammen. Mit dunkler werdenden Augen wandte er den Blick wieder Marcy zu und starrte sie an, als wollte er in ihren Kopf sehen. »Vielleicht«, sagte er und legte das Foto wieder auf den Tisch. Marcys Herz schlug schneller. »Darf ich fragen, warum Sie sie suchen?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Bitte … kennen Sie sie?«
    »Ich liebe lange Geschichten«, erwiderte er störrisch.
    Die Kellnerin kam mit frischem Bier. »Die Sandwiches sind in ein paar Minuten fertig.«
    »Trinken Sie«, sagte Kieran und stieß mit seinem Bierglas gegen Marcys »Sie sagten …«
    Marcy gehorchte, trank einen großen Schluck Bier und spürte, wie ihre Augen brannten, als die Flüssigkeit durch ihre Kehle rann. Sie schluckte. »Meine Tochter und ich haben seit mehreren Jahren nicht miteinander gesprochen«, beschloss sie, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Ich habe gehört, sie ist in Cork. Deswegen bin ich hier. Bitte, wenn Sie irgendwas wissen … ich muss sie sehen.«
    »Was haben Sie gesagt, wie sie heißt?«
    »Noch gar nicht. Devon«, fügte sie rasch hinzu, um ihn nicht zu verärgern. »Aber vielleicht nennt sie sich auch Audrey.«
    »Audrey, ja.« Mit dem Zeigefinger der rechten Hand tippte er auf das Foto. »Das ist sie. Reizendes Mädchen. Still, höflich und stets mit einem Lächeln und einem freundlichen Wort zur Hand.«
    »Sie haben mit ihr gesprochen?«
    »Nur ›Hallo‹, ›Auf Wiedersehen‹, ›Schönen Tag noch‹ und so.«
    Marcy schossen Tränen in die Augen. »Und Sie sind sicher, dass sie es war?«
    »Nun ja, kommt drauf an. Was haben Sie vor, wenn Sie sie finden?« Er trank noch einen Schluck Bier.
    »Nichts. Ich will bloß mit ihr reden.«
    »Sie hat doch nicht irgendwelchen Ärger, oder?«
    »Nein.«
    »Ich möchte nicht, dass sie Probleme bekommt.«
    »Ganz bestimmt nicht. Bitte. Woher kennen Sie sie?«
    »Sie arbeitet für die alte Frau, die gegenüber von meiner Mum wohnt. Ich hab sie ein paarmal gesehen, wenn ich meine Mutter besucht habe.«
    Konnte die Zufallsbegegnung mit einem Fremden sie nach all ihren hektischen Bemühungen endlich zu ihrer Tochter führen? »Was arbeitet sie denn?«
    »Sie ist eine Art Gesellschafterin, würde man wohl sagen. Sie erledigt die Einkäufe für Mrs. Crocker, macht ihre Wäsche, pflegt den Garten, geht mit ihr spazieren und so. Dafür darf sie umsonst dort wohnen.«
    »Und wo wohnt diese Mrs. Crocker?«
    »In Montenotte, in den Cork Hills«, sagte Kieran.
    »Ist das weit von hier?«
    »Ein gutes Stück mit dem Wagen.«
    Marcy zog ihr Handy aus der Tasche.
    »Was machen Sie?«, fragte Kieran.
    »Wenn Sie mir Mrs. Crockers genaue Adresse sagen, kann ich ein Taxi bestellen …«
    »Sie wollen jetzt dorthin fahren?«
    »Bitte. Ich habe schon so viel Zeit vergeudet.«
    Kieran leerte eilig sein Bier. »Das ist nicht nötig«, sagte er und stand auf. »Kommen Sie. Ich fahr Sie hin.«
    »Den Teil der Stadt kenne ich gar nicht«, sagte Marcy und starrte aus dem Fenster in den leichten Regen, der weiter auf die von Industriegebieten gesäumte Ausfallstraße fiel. Es kam ihr vor, als führen sie schon seit Stunden, dabei war es noch keine zwanzig Minuten her, seit sie den Pub verlassen hatten.
    »Was ist mit Ihren Sandwiches?«, hatte die Kellnerin ihnen nachgerufen.
    »Geben Sie sie Stanley«, hatte Kieran geantwortet und auf einen Mann an der Bar gewiesen.
    »Wer ist Stanley?«, hatte Marcy gefragt.
    »Ein Freund von mir. Sie haben seinen Stuhl übernommen.«
    »Was?«
    »Das kommt ständig vor«, hatte Kieran lachend gesagt. »Wir sind fast da«, meinte er jetzt, bog in die Summerhill Road und folgte ihr weiter in die Cork Hills.
    Marcy versuchte ihre wachsende Aufregung zu zügeln. Es war wirklich erstaunlich, wie die Dinge sich manchmal entwickelten, dachte sie wieder. Wenn sie Liams Rat befolgt hätte und im Hotel geblieben wäre, wenn das Mulcahy’s nicht geschlossen gewesen wäre und es nicht geregnet hätte, wenn sie um diese Uhrzeit nicht just in dieser Straße in ein Pub spaziert wäre, wenn Stanley auf seinem Platz gesessen hätte und Kieran sie nicht angesprochen hätte, wäre all das nicht geschehen. Sie wäre nicht auf dem Weg, Devon zu treffen. Nach all ihrer sorgfältigen Planung hatte ein schlichter Zufall herhalten müssen, durch den sie zur

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