Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
erst unsere armen Kinder, die dann die doppelte Gendröhnung Blasshäutigkeit und Sommersprossen abkriegen würden. Unvorstellbar.
Ich musste dringend mal ein ernstes Wörtchen mit Mads reden. Sie hat offenbar nicht den blassesten Schimmer, was einen romantischen Helden ausmacht. Ich sollte sie dazu verdonnern, sich meine gesamte Liebesroman-Sammlung reinzuziehen.
»Jason? Ich bin Katy Carter.« Ich streckte ihm die Hand hin. »Ich komme wegen der Kinderbetreuung.«
»Dem Himmel sei Dank!« Jason packte meine Hand und umklammerte sie. »Sie sind eingestellt!«
»Wollen Sie denn keine Referenzen sehen?«, fragte ich verdattert.
»Die sind bestimmt gut«, antwortete Jason. »Außerdem wohnen Sie beim Vikar. Ich habe vollstes Vertrauen zu Ihnen.«
Ich machte den Mund auf, um einzuwenden, dass ich doch sonst wer sein könnte, schwieg mich dann aber aus. Schließlich legte ich Wert auf den Job. Alles war besser, als Gabriels Freundin spielen zu müssen. Und obwohl meiner Erfahrung nach die meisten Eltern sich eher mit einem Rasenmäher die Haare schneiden würden, als ihre kostbaren Sprösslinge irgendeiner Unbekannten anzuvertrauen, schöpfte ich nicht auf Anhieb Verdacht. Meine Eltern waren schließlich auch immer froh gewesen, wenn sie Holly und mich irgendwo abgeben konnten. Und Jason mit seinen langen Haaren und seiner verträumten Miene erinnerte mich sowieso irgendwie an meine Erzeuger.
»Ich bin Lehrerin mit Berufserfahrung«, sagte ich. »Ich war die letzten sieben Jahre an einer Schule in der Londoner Innenstadt.«
»Sind die Kids da nicht extrem schwierig?«, fragte Jason.
Das werde ich immer gefragt – als wären diese Kinder fleischfressende Ungeheuer, die Lehrern eigenhändig die Glieder ausreißen würden. Dabei braucht es in Wirklichlichkeit nur eine klare Ansage, coole Schuhe und ein witziges Federmäppchen, um sie zur Ruhe zu bringen. Aber wieso sollte ich den Leuten ihre Illusionen nehmen?
Ich nickte. »Wie Raubtiere.«
»Großartig!«, rief Jason aus.
Wie bitte?
»Ich meine, ich finde es großartig, dass Sie Lehrerin sind«, fügte er rasch hinzu. »Sie haben die Stelle.«
Das war echt einfach, dachte ich mir, als ich die Galerie verließ. Jason hatte versprochen, die Direktorin der Grundschule anzurufen und Bescheid zu sagen, dass Luke und Leia später von mir abgeholt würden.
Luke und Leia! Ich lachte in mich hinein, als ich den Hügel hinaufstieg, auf dem irgendein hirnloser Idiot die Grundschule gebaut hatte. Die beiden müssten leicht zu erkennen sein: der Junge mit Lichtschwert und das Mädchen mit Schneckenfrisur.
Drei sehr lange Stunden später ist mir das Lachen gründlich vergangen. Luke und Leia? Satan und Luzifer wären trefflichere Namen.
»Katy Carter?« Eine abgehärmt wirkende Lehrerin drängte sich durch die Menge wartender Mütter, einen kleinen Jungen und ein Mädchen hinter sich her zerrend.
»Das bin ich!«, meldete ich mich mit munterer Mary-Poppins-Stime. »Und du«, sagte ich, ging in die Hocke und lächelte den kleinen Jungen mit den karottenroten Haaren an, »bist bestimmt Luke.«
Luke betrachtete mich mit leuchtenden Augen.
»Du bist echt ’n Klugscheißer«, sagte er.
Mir verschlug es die Sprache. Vielleicht hatte ich mich verhört? Ich holte tief Luft und lächelte das blonde Engelchen an, das vor sich hin kicherte.
»Und du bist Leia?«
»Nee, du Doofkuh, ich bin Luke!«, kreischte sie und schüttete sich förmlich aus vor Lachen. Unterdessen hatte ihr Bruder einem anderen Jungen ein Bein gestellt und war damit beschäftigt, dessen Schultasche über den Hof zu kicken.
»Komm und hol sie dir, du Wichser!«, schrie er.
Mir hing die Kinnlade bis zum Boden runter. In den gesamten sieben Jahren an meiner Schule waren mir solche Wörter nicht zu Ohren gekommen. Ich schaute die Lehrerin an, die hilflos die Achseln zuckte.
Mir schwante Übles, als ich dabei zusah, wie Luke und Leia andere Kinder terrorisierten. Und ich hatte schon dünne Nerven, nachdem ich die beiden den Hügel hinuntergeschleift hatte und im Dorf ankam. Zwischen dem Postamt und dem Arty Fawty war Luke abgehauen, und ich fand ihn dann schließlich im Süßwarenladen, wo er Weingummis in seinen Rucksack stopfte. Als ich ihn am Kragen rauszerrte – wobei er schrie »ich hetz dir das Jugendamt auf den Hals, du alte Hexe!« –, musste ich feststellen, dass Leia unterdessen Ruderboote losgebunden hatte und quietschvergnügt dabei zusah, wie sie aufs Meer hinaustrieben. Aber als ich
Weitere Kostenlose Bücher