Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
sich nicht mit Stricken und Karamellbonbons zufrieden wie andere ältere Damen?
Mein Handy hat zwar einen Riss, funktioniert aber noch. Ich meine jemanden zu kennen, der etwas Licht in diese Sache bringen könnte. Ohne zu zögern, wähle ich die Nummer von Millward Saville und lasse mich zu Ed durchstellen.
»Edward Grenville am Apparat.«
»Hallo, Ed«, sage ich, erstaunlich erfreut, als ich seine Quäkstimme vernehme. Ich hatte nie was gegen Ed. Nur James und Sophie haben dafür gesorgt, dass ich mich in seiner Nähe so unwohl fühlte wie Kate Moss in einer Schokoladenfabrik. »Hier ist Katy. Katy Carter.«
»Katy Carter! Liebe Güte!« Ed ist vollkommen verblüfft. »Mensch, wie geht’s dir? Mit deinem schnuckligen Schauspieler? Sophie hat überall die Fotostrecke aus der Hiya! herumgezeigt. Und sämtlichen Freundinnen erzählt, dass sie dich kennt.«
»Hör zu, Ed, ich rufe nicht einfach so an, sondern weil ich beunruhigt bin wegen James. Ich kriege sonderbare Briefe von ihm, in denen er Geld von mir verlangt.«
Am anderen Ende herrscht tödliche Stille, von einem leichten Knirschen abgesehen, das vermutlich von den Zahnrädern in Eds Gehirn herrührt. »Ah«, sagt er schließlich. »Das ist eine lange Geschichte, meine Liebe. Die Sache ist … herrjemine, Katy, das ist alles furchtbar unangenehm. James arbeitet nämlich nicht mehr bei uns.«
Ich kriege sofort ein schlechtes Gewissen. »Womöglich wegen der Essenseinladung?« Dann hätte James freilich allen Grund, von mir Geld einzuklagen.
»Essenseinladung?«
»Das kannst du doch nicht vergessen haben?« Ich kann nicht fassen, dass ich ihn daran erinnern muss; dieser Abend hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt. »Hummer? Kaktus? Hund im Büro?«
»Ach ja!« Ed gluckst. »War wahnsinnig witzig! Julius amüsiert sich noch heute darüber.«
Freut mich, dass das jemandem gelingt.
»Aber nein, es hat gar nichts mit diesem Abend zu tun.« Ed senkt die Stimme etwas; die Leute in Australien müssen sich jetzt anstrengen, um ihn noch zu verstehen. »Das Problem ist: James ist in eine dumme Sache verwickelt.«
»Dumme Sache? Drogen oder was?« Und dabei bin ich doch diejenige mit der Nurofen-Sucht.
»Nein!«, sagt Ed schnell – etwa mit demselben Tempo, in dem Mads gerade am Kai dem Minibus hinterherrennt. »Nicht so was. Es handelt sich um eine Finanzgeschichte. Er hat sich ziemlich idiotisch angestellt und sich auf ein Insidergeschäft eingelassen.« Ich sehe förmlich, wie Ed sich auf die Nase tippt. »Er hatte ein paar geheime Informationen über ein Takeover und hat heftige Verluste eingefahren. Du weißt ja, wie so was läuft.«
Öm – nee, eigentlich nicht. Meine Beschäftigung mit der Hochfinanz bestand bis jetzt daraus, dass ich mir in den Achtzigern Wall Street angeschaut habe. Rote Hosenträger, Gier ist gut, und nur Flaschen essen zu Mittag – darauf beschränken sich meine Kenntnisse in diesem Bereich.
»Ist das schlecht?«
»Schlechter geht’s gar nicht«, erklärt Ed. »Es ist illegal, Katy. Und es war keine kurzfristige Sache. James hat sich total reingeritten. Er hat Schulden in Höhe von mehreren Hunderttausend, und ich fürchte, das ist noch eine vorsichtige Schätzung. Er hing da schon seit Jahren drin.«
Mein Mund fühlt sich staubtrocken an. »Wie viele Jahre?«
»Schwer zu sagen, aber wohl mindestens vier. Es wurde allerdings schlimmer, nachdem ihr beide euch zusammengetan habt. Er behauptete, du hättest eine reiche Tante, die in den letzten Zügen läge und euch viel Geld zur Hochzeit schenken würde.«
Mir ist wohl bewusst, dass ich James nicht mehr liebe und vielleicht, wenn ich schmerzhaft ehrlich bin, auch nie geliebt habe, aber es ist nie schön, wenn sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten, nicht wahr? Niemand möchte gerne ausgenutzt werden.
Was für ein widerlicher Idiot. Der hatte leichtes Spiel mit mir. Ich war Wachs in seinen Händen, weil ich erbarmungswürdig dankbar dafür war, dass ein so erfolgreicher Typ – der überdies die wandelnde Antithese zu allen Werten meiner verrückten Eltern darstellte – sich für mich interessierte.
Es war zu schön gewesen, um wahr zu sein. Was mir nun bestätigt wurde.
Ollie hatte recht. James muss gedacht haben, unsere Hochzeit wäre wie Geburtstag und Weihnachten zusammen. Kein Wunder, dass er es so eilig hatte, mir den Ring an den Finger zu stecken.
»Danke, Ed«, sage ich. »Ich glaube, ich habe genug gehört.«
»Tut mir leid, altes
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