Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
lass es!«
»Oh Gott.« Ollie lässt den Hummer resigniert sinken. »Rick Stein würde sich jetzt im Grab umdrehen, wenn er schon tot wäre.«
»Vergiss Rick Stein.« Mein Herzschlag beruhigt sich langsam, was vermutlich für den Hummer auch gilt. »Ich würde jahrelang Alpträume haben und wahrscheinlich Vegetarierin werden.«
»Also gut, dann eben Melonenbällchen«, seufzt Ollie. »Aber dann haben wir ein kleines Problem.«
»Was denn?« Ich bin nur unendlich erleichtert.
»Was sollen wir mit einem neun Pfund schweren Hummer anfangen? Irgendwelche Vorschläge?«
»Kann er nicht ins Meer zurück?«
Ollie fängt an zu lachen. »Ich hab ihn doch nicht aus dem Meer geholt, sondern vom Markt. Und da es jetzt«, er wirft einen Blick auf seine Uhr, »halb zwei ist, kann ich ihn nicht mehr zurückgeben.«
»Na ja«, sage ich in einem Anfall von Free Willy- Stimmung, »du musst auch nicht mehr zum Markt, mein lieber Zwicki. Ich werde dich ins Meer zurückbringen.«
»Zwicki?«, schnaubt Ollie. »Bist du jetzt völlig durchgedreht?«
Ich werfe ihm einen erhabenen Blick zu. » Ich koche jedenfalls keine Tiere bei lebendigem Leib.«
Ol zuckt die Achseln. »Punkt geht an dich. Aber was sollen wir jetzt mit ihm machen? Gibt wenig Ozean in Ealing.«
Ich denke fieberhaft nach. »Wir müssen ihn eben hierbehalten, bis wir ihn zum Meer bringen können«, sage ich dann. »Aber James darf es nicht mitkriegen.«
»Was soll das ›wir‹ bedeuten?«
»Du hast ihn hierhergebracht. Du sitzt mit im Boot.«
»Ich wollte ihn kochen«, protestiert Ollie, während er den dankbaren Zwicki im Spülbecken absetzt, »keinen Streichelzoo einrichten. Und wo willst du so ein Riesenvieh überhaupt verstecken?«
Da kommt mir eine geniale Idee. Kurz darauf nimmt Zwicki ein schönes Bad in der Wanne, in die ich eine halbe Tonne Meersalz geschüttet habe, und scheint sich ausgesprochen wohl zu fühlen. Ich ziehe den Duschvorhang zu und voilà ! Unser Geheimhummer, den ich vor einem grauenhaften Tod bewahrt habe, ist gut versteckt.
Was sagst du dazu, Brigitte Bardot?
Und James wird es nie erfahren, klarer Fall.
Während mein neues Haustier es sich bei uns gemütlich macht, werde ich in den Supermarkt geschickt, um Melone und Parmaschinken zu kaufen. Ich flitze durch die Gänge wie Speedy Gonzales an einem superschnellen Tag, aber dennoch muss ich laufend bremsen, um gestressten Familien auszuweichen, und als ich nach Hause komme, ist Ollie schon umgeben von blubbernden Töpfen und fantastischen Düften.
»Du hast echt Talent«, verkünde ich, nachdem ich den Finger in eine Sahnesoße mit Brandy gesteckt und abgeleckt habe. »Das schmeckt ja unglaublich.«
»Finger weg!« Ollie versetzt mir mit dem Kochlöffel einen Klaps auf die Hand. »Ich schätze, in einer Stunde bin ich fertig. Dann hau ich ab, und du kannst so tun, als hättest du den ganzen Nachmittag geschuftet.«
»Ich stehe tief in deiner Schuld«, erkläre ich leidenschaftlich. Der gute Mann hat sogar den Tisch gedeckt, und das Ergebnis sieht aus wie in einer edlen Wohnzeitschrift.
»Keine Sorge.« Ollie wirft fein geschnittene Filets in eine Pfanne, wo sie sofort zu brutzeln beginnen. »Ich werd dich schon beizeiten dran erinnern. Zum Beispiel hab ich zu Hause einen Stapel Prüfungsarbeiten für den MSA rumliegen, die korrigiert werden müssen …«
»Was immer du willst!«, verspreche ich. »Du hast mir echt das Leben gerettet.«
»Stimmt«, bestätigt Ollie und fügt den Filets eine Handvoll Pfefferkörner bei. »Aber das passt schon … Lass das!« Er haut mir auf die Hand, die sich Richtung Pfanne bewegt hat. »Du lenkst mich ab. Zieh lieber los und kauf dir was zum Anziehen. Wenn du wiederkommst, verschwinde ich, und du kannst so tun, als hättest du das alles im Alleingang erledigt und dich obendrein noch hübsch gemacht.«
Wenn der heutige Abend ein Erfolg wird, korrigiere ich gerne haufenweise Arbeiten. Ich puste Ollie ein Küsschen zu und mache mich aus dem Staub, froh, die ganze Kocherei hinter mir lassen zu können. Zuerst verbringe ich ein paar frohe Stunden im Bahnhof Ealing Broadway, wo ich mir einen Big Mac hinter die Kiemen schiebe und ewig im Buchladen rumhänge, um die Romance-Regale zu durchforsten und mich davon zu überzeugen, dass es auf jeden Fall einen Markt für Jake und Millandra gibt. Dann mache ich mich an die schwerwiegende Aufgabe, ein passendes Outfit für den Abend aufzutreiben. Im Grunde müsste ich mir etwas von Laura Ashley zulegen,
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