Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Ganz im Gegenteil.
War meine Beziehung zu James immer so unausgewogen? Als ich ihm erzählte, dass ich Cordelia angerufen und mich entschuldigt hatte, nickte er, machte sich einen Espresso und fragte mich dann, was ich zum Abendessen kochen wolle. Keine Umarmung und keine entschuldigenden Worte, weil er mich zu einer Nacht auf der Couch verdammt hat – ich kam mir vor wie ein ungezogenes Schulmädchen, das vom Direktor abgestraft wird. Fehlte nur noch ein schriftlicher Verweis und Aufenthalt im Karzer.
Ich seufze und lege die Hände um meinen Kaffeebecher. Gestern Abend war ich mir absolut sicher, im Recht zu sein, aber nun kommen mir doch Zweifel. Und davon kriege ich echt eine Matschbirne, wie meine Schüler sagen würden.
»Ich gehe Golfspielen mit Julius Millward«, verkündet James und greift nach den Schlüsseln für seinen BMW. »Solltest du dich nicht so langsam an die Vorbereitungen für heute Abend machen?«
Ich zwinge mich zur Konzentration. In der Tat sollte ich wohl längst marinieren, flambieren und sautieren. Würde ich auch, wenn ich wüsste, was das alles zu bedeuten hat. Nigella Lawson, die TV-Köchin, ist schuld. Diese Haushaltsgottheit hat eine ganze Frauengeneration der Gehirnwäsche unterzogen.
»Das klappt schon alles«, sage ich leichthin. Jedenfalls hoffe ich es.
James fixiert mich mit stählernem Blick. »Dir ist die Bedeutung dieses Abends doch bewusst, Katy? Oder?«
Wie auch nicht, nachdem er sich schon seit Wochen darüber auslässt.
»Ich weiß, dass wir denen zeigen müssen, wie gut du als Partner für sie geeignet bist«, bete ich folgsam herunter.
James beäugt mich noch immer argwöhnisch. »Ich kann mich also darauf verlassen, dass du es nicht vermasselst?«
»Absolut!«, beteuere ich. »Du hast die Beförderung quasi in der Tasche.«
»Das kann ich nur hoffen«, erwidert James und nimmt seine Golfschläger aus dem Schrank. »Die Hochzeit kostet uns ein Vermögen, und der neue BMW war auch nicht billig. Und, Pummel«, ruft er mir noch über die Schulter zu, »zieh bitte was Anständiges an, ja? Versuch ein bisschen mehr wie Sophie auszusehen. Das ist die Stilrichtung.«
Ich knirsche förmlich mit den Zähnen vor Wut. Sophie sieht aus, als hätte sie einen Spazierstock verschluckt und als sei Humor steuerpflichtig. Die geht mir sagenhaft auf den Keks.
Apropos Keks: Ich werde gerade etwas genäschig. Ich wünschte, Kummer und Sorgen würden mich zu Appetitlosigkeit und zum Abmagern veranlassen, aber leider tritt in meinem Fall immer das Gegenteil ein. Und das übrigens auch bei Glück, Angst, Ärger und überhaupt jedem nennenswerten Gefühl. Pech gehabt. Ich wette, Millandra würde sich vornehm zu Tode hungern, während ich am Ende Jabba the Hutt in den Schatten stellen werde.
Als ich gerade den letzten Schokokeks verputzt und Cordelia im Geiste eine lange Nase gedreht habe, klingelt es an der Tür. Ich spähe aus dem Fenster und sehe Ollie mit einer riesigen Kiste unten stehen und wild winken. Ich drücke den Türöffner und warte gespannt.
»Lieber Himmel«, sagt Ollie zur Begrüßung, »du siehst vielleicht scheiße aus.«
»Dir auch einen schönen guten Morgen«, erwidere ich.
Ollie hievt die große Styroporkiste auf die Arbeitsfläche.
»Ganz im Ernst, ich mache mir Sorgen. Was ist passiert?«
»Schlechte Nacht«, sage ich und winke ab. Ich habe nicht die Absicht, mit Ollie meine Beziehung zu erörtern. Er hält James schon unter normalen Umständen für ein Arschloch, und ich kann es mir nicht leisten, dass er jetzt den Dienst quittiert, weil mein Verlobter sich mies benommen hat. Ollie und ich haben uns bislang nur einmal gestritten, und zwar wegen James. Der weigerte sich nämlich, mich bei seinem neuen BMW mitversichern zu lassen, mit dem Argument, dass ich mühelos mit dem Bus und der U-Bahn fahren könne und keinen Wagen brauche. »Außerdem fährst du auch nicht so toll Auto, oder, Pummel?«, hatte er hinzugefügt und auf die Kratzer und Dellen verwiesen, die ich seinem alten Audi TT zugefügt hatte. Damals hatte ich den Fehler begangen, Ollie von dieser Sache zu erzählen, und er hatte sich wahnsinnig aufgeregt.
»So ein elender Rüpel!«, hatte Ollie sich ereifert. »Stell dich endlich auf die Hinterbeine, Katy, und mach dem Kerl klar, dass er dich mitzuversichern hat. Du bist seine Verlobte, um Himmels willen!«
Ich versuchte zu argumentieren, dass James doch nur an den Wagen gedacht hatte, und Ollie machte einige echt herbe Bemerkungen, worauf
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