Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Energievergeudung.«
Ich seufze. »Ich hoffe, ich hab mit vierzig nicht dasselbe scheußliche Déjà-vu-Gefühl.«
»Na, du weißt doch, was du dagegen tun musst«, sagt Mads streng. »Gib diesen blöden Job auf, beweg deinen Arsch hierher und schreib das verdammte Buch. Das wird super werden.«
»Und ich werd meinen eigenen Mr. Rochester finden, oder wie?«
»Na klar«, antwortet sie. »Mit links.«
Wenn das Leben bloß so einfach wäre. Ich lasse nachdenklich meinen Wein im Glas kreisen. Kann ich wirklich allem den Rücken kehren, meine Taschen packen und in einen Zug springen? Wohl eher nicht. Ich habe Verpflichtungen, meine Kreditkartenrechnungen müssen bezahlt werden. Und was ist mit den Kindern in der Schule? Ich kann doch nicht einfach das Weite suchen und sie hängen lassen. Wenn ich meine Elftklässler im Stich lasse, haben die mit Sicherheit demnächst keinen Schulabschluss, sondern einstweilige Verfügungen wegen antisozialen Verhaltens am Hals. Ich kann mich nicht so mir nichts, dir nichts aus dem Staub machen.
Das versuche ich Mads begreiflich zu machen, stoße aber auf taube Ohren.
»Es ist so schwierig oder so einfach, wie du es dir machst«, erwidert sie unerbittlich. »Vergiss das nicht. Oh! Hallo, Schatz. Ist die Abendandacht schon zu Ende?«
Ich gehe davon aus, dass sie diese Frage nicht mir stellt. In der Küche, die ich mir als höhlenartiges Gewölbe mit gewaltigem Gusseisenherd und fröhlich herumspringenden Lämmern vorstelle, vernehme ich jetzt Gemurmel.
»Ach, nur eins«, höre ich Mads sagen. »Ich hab die Flasche gerade erst aufgemacht. Ja! Katy ist dran! Sie sagt alles Liebe!«
Tue ich das?
Oh, ja, natürlich!
»Muss Schluss machen«, sagt Mads jetzt. »Rich hat eine ganze Horde Straßenkinder mitgebracht.« Sie senkt die Stimme. »Und vergiss nicht, was ich dir über die tollen Männer hier gesagt habe, ja?«
»Ich werd an nichts anderes mehr denken«, versichere ich ihr. »Und ich komm auf jeden Fall und schau sie mir an.«
»Aber mach das auch wirklich«, flüstert Mads. »Ich hab dir noch ganz viel zu erzählen, aber ich kann jetzt nicht reden. Ruf mich bald an, ja?«
»Mach ich«, verspreche ich. »Hab dich lieb.«
»Ich dich auch«, trällert sie und legt auf. Ich bin wieder allein im Zimmer, das mir jetzt fast brutal still vorkommt. Einen Moment lang bin ich regelrecht verwirrt. In meiner Vorstellung sitze ich in einer Küche in Cornwall und lausche Maddys munteren Erzählungen und dem Rauschen des Meeres. Aber was ich tatsächlich höre, ist das Rauschen des Verkehrs von der Oxbridge Road, keine Wellen, die auf zerklüftete Felsen gischten. Und die einzigen Stimmen, die ich vernehme, gehören den Sandhus nebenan, die sich mal wieder streiten.
»Kann ich das wirklich machen?«, frage ich Sasha. »Alles aufgeben und noch mal von vorn anfangen? Könnte ich mir wirklich diesen Traum gönnen, eine Weile nur zu schreiben? Und gibt es wirklich irgendwo den richtigen Mann für mich?«
Sasha weiß es auch nicht, wedelt aber bejahend mit dem Schwanz.
Ich seufze. »Schöne Vorstellung, aber so ist das Leben nicht, oder?«
Dennoch hat es mich enorm aufgebaut, mit Mads zu reden, und obwohl mein Leben immer noch leer und einsam und ziemlich scheiße ist, regt sich doch in diesem Moment ein Fünkchen Hoffnung in mir.
Ich lasse mein Handy eingeschaltet, für den Fall, dass James in den nächsten fünf Minuten beschließen sollte, doch nicht ohne mich leben zu können, wuchte mich aus dem Bett und tappe nach unten.
Wo hat Ollie den verdammten Laptop?
Wenn ich schon nicht nach Cornwall reisen und mir einen von Maddys romantischen Helden schnappen kann, so kann ich mir doch wenigstens einen eigenen erschaffen …
7
D ie nächsten zwei Wochen bringe ich größtenteils im Bett zu, in trauter Zweisamkeit mit der Daunendecke. Meine Ernährung besteht aus Schokotafeln und Wein, was weder meiner Gesichtsfarbe noch meinem Masterplan, drastisch abzunehmen, um James zurückzugewinnen, förderlich ist. Ollie meldet mich in der Schule krank und versorgt mich regelmäßig mit Tee und Mitgefühl, während ich mir die Augen ausheule, ein besorgniserregendes Interesse an Talkshows entwickle, in denen die Leute hemmungslos ihre Gefühle ausagieren, und wie besessen auf den Laptop einhacke. Da es mir aber schwerfällt, mich in die zauberhafte Millandra hineinzuversetzen, wenn ich mich selbst so grottenschlecht fühle, lösche ich fast alles wieder und fühle mich danach noch
Weitere Kostenlose Bücher