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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
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deren Stunden er übernehmen muss –, fege ich ins Bad, verpflanze Zwicki in einen Eimer und schrubbe, zupfe und peele mich, als ginge es ums Leben. Nicht ein Zentimeter meines Körpers entgeht der Pflegeattacke. Ich färbe mir sogar die Haare in einem leuchtenden Rotton. Das Badezimmer sieht zwar danach aus, als hätte Dracula hier Party gemacht, und meine Tönungscreme hat den Rand von Ollies Morgenmantel nikotingelb verfärbt – aber das Endergebnis ist jedes Opfer wert. Ich drehe mich vor dem Spiegel im Flur und bewundere meine strahlende Erscheinung. Mein Rock sitzt in der Taille lockerer, und sogar mein Gesicht wirkt schlanker. Die Heul-und-Saufdiät hat Wunder gewirkt.
    Ich könnte mich geradezu in mich selbst verlieben.
    Mein Masterplan kann nicht scheitern.
    Es ist ein strahlender Morgen. Der Himmel über den Dächern Londons ist zur Abwechslung mal nicht bleigrau, sondern azurblau und mit rosa Wölkchen getupft. Das deute ich als gutes Omen – ich habe schließlich lange genug Sprache unterrichtet, um über Anthropomorphismus Bescheid zu wissen. Zur Feier des Tages genehmige ich mir in dem kleinen italienischen Café an der U-Bahn-Station einen Milchkaffee und einen Blaubeermuffin und leiste mir noch ein Klatschmagazin. In der U-Bahn fege ich ein paar Zeitungsblätter vom Sitz und lasse mich nieder. Der Bezug kratzt ein bisschen an meinen nackten Beinen, und ich überlege kurz, ob Jeans vielleicht doch besser gewesen wären. Aber dann hätte James meine schlankeren, frisch getönten Beine nicht bewundern können. Als ich mich im Fenster gegenüber spiegle, hebe ich im Geiste anerkennend den Daumen. Wenn James sieht, wie attraktiv ich jetzt bin, wird er mich auf jeden Fall wiederhaben wollen. Inzwischen vermisst er mich doch ganz sicher.
    Die Zeit vergeht im Nu, und ich frage mich, weshalb sich die Leute immer über die U-Bahn beklagen. Bald liegt das grüne Ealing hinter uns, und draußen tauchen Reihenhäuser mit schmalen Gärten auf, in denen Plastikspielzeug herumliegt, Wäsche im Wand flattert und kahle Erde darauf wartet, bepflanzt zu werden. Als der Zug unterirdisch weiterfährt, informiere ich mich über die neuesten VIP-Trennungen, was mich enorm aufheitert. Ich meine, wenn es nicht mal Jennifer Aniston und Kylie Minogue gelingt, ihre Kerle zu halten, wie schwer fällt es dann notgedrungen uns sterblichen Frauen? Ich muss mir einfach mehr Mühe geben – und genau das tue ich jetzt. Als ich aussteige und kurz darauf im Sonnenlicht stehe, fühle ich mich schon viel besser. Alles wird gut werden, da bin ich mir ganz sicher.
    Nun muss ich nur noch James’ Büro finden, und alles ist paletti. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Wo war das Gebäude von Millward Saville gleich wieder?
    Ich krame in meinem Gedächtnis, das so löchrig ist wie ein Schweizer Käse, überquere dann den Platz und nähere mich dem imposanten Bau mit den vielen Glas- und Marmorflächen gegenüber. Er ist höher als die Kuppel der St. Paul’s Cathedral, die sich direkt dahinter befindet. Was irgendwie passend scheint, denn Millwards ist vermutlich eine der größten Kathedralen zur Anbetung des Mammons. Der spärlichen Besucherzahl nach zu schließen sind die Gläubigen im Inneren bereits eifrig mit Lobpreisungen beschäftigt.
    Ich richte mich auf und atme tief durch. Stress ausatmen. Ruhe einatmen. Na bitte! Wusste ich doch, dass das Yoga-Video keine Geldverschwendung war. Ist mir einerlei, ob Ollie behauptet, ich hätte es mir nie bis zu den Übungen angeschaut. Die Basics habe ich mir auf jeden Fall angeeignet.
    Meine Absätze machen tripp-trapp auf der Marmortreppe, als sei ich einer der drei Böcke Brausewind. Na, komm schon, Katy! Nicht fürchten! In meinem Kostümchen (das ich mal für die Schule angeschafft, dort aber nur einmal getragen habe, weil die Kids sich fast bepissten vor Lachen und mich fragten, ob ich ein Vorstellungsgespräch hätte) sehe ich genauso gut aus wie eine dieser Großstadtfrauen. Fast wie Ally McBeal.
    Etwas fülliger allerdings.
    »Katy!«
    Ich drehe mich um, sehe aber leider nicht James mit ausgebreiteten Armen in Zeitlupe auf mich zulaufen, sondern Ed Grenville mit Wabbelkinn und verrutschter Brille die Treppe hochtrampeln. Er scheint nicht allzu erfreut über das Wiedersehen, was ich in Anbetracht unserer letzten Begegnung gut nachvollziehen kann.
    »Meine Güte, Katy«, keucht er, schüttelt den Kopf und rückt mit seinem Wurstfinger seine Brille zurecht. »Mit dir hatte ich gar

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