Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Kirche? Ich versuche mir das bildlich vorzustellen. Was sind die Bewertungskriterien? Direkt gegenüber von Pizza Hut? Mit Aussicht auf einen coolen Schuhladen?
»Sie ist wunderschön«, berichtet Maddy begeistert. »Echt alt, mindestens aus dem dreizehnten Jahrhundert, sagt Richard, mit einem Wahnsinnsblick aufs Meer. Ich krieg kaum was geschafft, weil ich den ganzen Tag im Pfarrhaus aus dem Fenster schaue. Du kannst dir nicht vorstellen, wie faszinierend das Meer ist, Katy! Es verändert sich jeden Moment. Und weißt du, was? Wir haben hier einen alten weißen Gusseisenherd, auf dem könnte ich sogar kleine Lämmchen wärmen.«
»Lämmchen?«, wiederhole ich. »Bist du jetzt völlig durchgedreht? Wann hast du jemals einen Herd zu was anderem benutzt als zum Aufwärmen von Fertiggerichten?«
»Na, ich könnte es jedenfalls tun, wenn ich wollte. Hier kann ich alles Mögliche machen!« Ich spüre ihre Begeisterung sogar am Telefon. »Tregowan ist hinreißend!«
»Das ist ewig weit weg«, jammere ich. »Ich kann doch nicht nach Cornwall ziehen!«
»Zu deiner Schule zu pendeln wär nicht ganz einfach«, räumt Mads ein. »Aber du musst uns trotzdem besuchen kommen. Und wieso ziehst du nicht einfach hierher? Es würde dir gefallen, jede Wette. Du könntest über die Klippen spazieren und diesen Roman schreiben, von dem du immer redest. Der Wind und die Gischt, das ist alles sehr inspirierend.«
»James hat den Roman zerrissen«, sage ich traurig.
»So ein Arschloch! Na, scheiß auf den, Süße, ohne ihn bist du besser dran. Komm her und mach mal Pause.«
Ich seufze. »Wäre schön. Aber ich hab einen Beruf.«
»Kündige«, sagt Mads, für die sich das Leben wirklich so einfach gestaltet. »Du brauchst Abwechslung, und das ist deine große Chance, aus dem Schulbetrieb zu flüchten.«
Aus der Schule flüchten? Da ist es einfacher, aus Alcatraz zu entkommen.
»Außerdem«, fügt Mads durchtrieben hinzu, »solltest du mal die Männer hier sehen. Umwerfende Typen, sag ich dir. Echte Männer, wenn du verstehst, was ich meine. Solche Typen wie der Action-Man!«
Einen Moment lang habe ich eine absurde Vision von einem kleinen Fischerdorf, das von Plastikfiguren mit Greifhänden und Kulleraugen bewohnt wird. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte der Action Man zwischen den Beinen nichts …
»Surfer! Farmer! Breitschultrige Fischer!«, schwärmt Maddy weiter. »Muskulös und braungebrannt, nicht solche Stadtweichlinge. Ach, Katy, du hast ja so ein Schwein, dass du Single bist! Beweg deinen Arsch hierher. Seit Ewigkeiten faselst du davon, dass du deinen romantischen Helden finden willst.«
»Ich dachte, das wäre James«, sage ich mit erstickter Stimme.
Mads schnaubt. »Wohl kaum, Süße. Der hat dich so lange fertiggemacht, dass du jetzt glaubst, du hättest nix Besseres verdient. Aber glaub mir, so ist es nicht. Ich geh jede Wette ein, dass ich einen Haufen Typen für dich auftreiben kann, die tausendmal besser sind als er. Na los, ab nach Cornwall, du wirst es toll finden hier.«
»Klingt schon klasse«, sage ich und muss trotz Tränen lachen. »Aber ich glaube, im Moment geht das nicht.«
»Warum nicht? Weil du bei Ollie einziehst?«
»Ich ziehe nicht bei Ollie ein.« Dieses Gerücht muss gleich aus der Welt geschafft werden. »Jedenfalls nicht richtig.«
»Echt blöd«, bemerkt Mads. »Ollie ist doch geil.«
»Aber für mich nur ein guter Freund.«
»Jaja, schon recht«, höhnt Maddy. »Männer haben immer Hintergedanken. Du wirst schon sehen.«
»Ollie nicht«, erwidere ich fest.
Aus dem Hörer ist ein Gluckern zu vernehmen, als Maddy sich ihren Drink hinter die Binde kippt. »Wenn du dem nicht auf die Pelle rücken willst, hast du keine Augen im Kopf, Mädel! Aber das liegt natürlich ganz bei dir. Jedenfalls solltest du dir überlegen, uns zu besuchen. Man lebt nur einmal, weißt du.«
Ich trinke einen Schluck Wein und denke über ihre Worte nach. »Wo sind nur unsere Zwanziger hinverschwunden, Mads? Was ist mit der ganzen Zeit passiert? Wieso kenne ich niemanden mehr, wenn ich MTV schaue? Wie hab ich es geschafft, beinahe dreißig und mit mir selbst immer noch nicht im Reinen zu sein?«
»Wir haben unsere Zwanziger mit unnützen Gedanken verbracht«, ruft Maddy mir in Erinnerung. »Haben stundenlang jedes einzelne Wort und jede einzelne Geste von irgendwelchen Typen erörtert. Weißt du nicht mehr? Wird er mich anrufen? Mag er mich? Ist er aufrichtig? Ist mein Po zu dick? So ein Mist. Totale
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