Hesse-ABC
immerzu auf Maskenbälle, liebt die leichten
Mädchen und wird zum Sammler von Strumpfbändern und Haar-
nadeln. Aber er bleibt auch immer der Zweifler, der sich nicht lan-
ge einem flüchtigen Glück hingeben kann und daran leidet. In
dieser Stimmung entsteht der »Steppenwolf«, der 1927 erscheint.
Rückblickend schreibt er 1932 in einem Brief an Alice und Fritz
Leuthold, die das Winterquartier zur Verfügung stellten: »Ich habe
in den sieben Jahren in Zürich wohl ebenso Wichtiges erlebt wie
in Montagnola und auch viel gearbeitet: Mehr als die Hälfte von
allem, was ich seit 1925 geschrieben habe, ist in den Züricher
Wintern entstanden. Und wenn ich diese Werkstätte und Zuflucht
in den Wintern nicht gehabt hätte und nicht Euch und einige
Freunde, so hätte ich diese Jahre nicht so überstehen können, daß
ich ihrer mit Dankbarkeit denken kann.«
Zeittafel
1877
am 2. Juli in Calw geboren
1881 übersiedelt
nach
Basel
1886
Rückkehr nach Calw
1890
Landschule in Göppingen
1891
Landexamen, Seminarist in Maulbronn
1892 Flucht (nach sieben Monaten) aus Maulbronn, bei Pfarrer
Blumhardt in Bad Boll (April bis Mai), Selbstmordversuch,
Nervenheilanstalt Stetten (Juni bis August), Gymnasium in
Cannstatt (ab November)
1893
Buchhändlerlehre in Esslingen (drei Tage!)
1894 Praklikant in der Calwer Turmuhrenfabrik Perrot (14 Mona-
le), will nach Brasilien auswandern
1895 Buchhändlerlehre in Tübingen (Buchhandlung Heckenhau-
er)
1896
erste Gedichtpublikation in »Das deutsche Dichterheim«
1898 erster Gedichtband: »Romantische Lieder« bei Piersson in
Dresden
1899 erster Prosaband: »Ein Stunde hinter Mitternacht« bei Die-
derichs in Jena, übersiedelt nach Basel, Sortimentsgehilfe
in der Reich'schen Buchhandlung (bis Januar 1901)
1900 beginnt regelmäßig Artikel für die »Allgemeine Schweizer
Zeitung« zu schreiben
1901 erste Italienreise (März bis Mai), Buchhändler im Basler
Antiquariat Wattenwyl (bis Frühjahr 1903), »Hermann Lau-
scher« erscheint bei R. Reich
1902
Tod der Mutter Marie Hesse
1903 zweite Italienreise zusammen mit Maria Bernoulli, auf Ein-
ladung Samuel Fischers erscheint in dessen Verlag »Peter
Camenzind« (Vorabdruck in »Neuer Rundschau«), als Buch
1904
1904 freier Schriftsteller, heiratet Maria Bernoulli, Umzug nach
Gaienhofen am Bodensee
1905
Bruno Hesse geboren
1906 »Unterm Rad« (geschrieben 1903/04), Gründung der anti-
wilhelminischen Zeitschrift »März« (Mitherausgeber bis
1912)
1909 Heiner
Hesse
geboren
1910 »Gertrud«
1911
Martin Hesse geboren, Reise nach Hinterindien (September
bis Dezember)
1912
Übersiedlung nach Bern
1913 »Aus
Indien«
1914 »Roßhalde« erscheint, bei Ausbruch des Ersten Weltkrie-
ges Kriegsfreiwilliger (aber dienstuntauglich), 1915 der
Deutschen Gesandtschaft Bern zugeteilt, wo er bis Anfang
1919 für die Kriegsgefangenenfürsorge arbeitet, gibt den
»Sonntagsboten für deutsche Kriegsgefangene« heraus
(1916), initiiert einen Buchversand in Gefangenenlager und
1917 den »Verlag für Kriegsgefangene«, in dem bis 1919
von Hesse ediert 22 Bände erscheinen, schreibt für Zeitun-
gen politische Aufrufe (»O Freunde nicht diese Töne«), in
denen er Vernunft anmahnt, wird deshalb von deutschen
Nationalisten als Volksverräter denunziert
1915 »Knulp«
1916
Tod des Vaters Johannes Hesse, Ausbruch der Schizophre-
nie Maria Bernoullis und schwere Erkrankung des Sohnes
Martin, psychischer Zusammenbruch Hesses und Aufent-
halt im Sanatorium Sonnmatt bei Luzern, Beginn einer
Psychoanalyse bei dem C.-G.-Jung-Schüler Dr. Lang
1917 Artikel gegen den Krieg unter dem Pseudonym Emil Sin-
clair
1919 »Zarathustras Wiederkehr«, Mitherausgeber von »Vivos
voco«, verläßt die Familie und siedelt auf die Südseite der
Alpen ins Tessiner Land nach Montagnola über, wo er bis
1931 in der Casa Camuzzi wohnt, »Demian« (unter dem
Pseudonym Emil Sinclair)
1920
»Klingsors letzter Sommer«, »Wanderung«
1921 Schwere Krise mit Schreibblockade während der Nieder-
schrift an »Siddhartha« (fast anderthalbjährige Unproduk-
tivität), Psychoanalyse bei C. G. Jung in Küsnacht bei
Zürich
1922 »Siddhartha«
1923 »Sinclairs Notizbuch«, Scheidung von Maria Bernoulli, er-
ster Kuraufenthalt in Baden bei Zürich (bis 1952 regelmä-
ßig im Spätherbst)
1924 Wiederannahme der Schweizer Staatsbürgerschaft, heira-
tet Ruth Wenger
1925 »Kurgast«
1926 Mitglied der
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